Nachrichten aus der Wirtschaft am Donnerstag

Die Deutsche Bank-Filiale in Heidelberg. Archivfoto: epa/RONALD WITTEK
Die Deutsche Bank-Filiale in Heidelberg. Archivfoto: epa/RONALD WITTEK

Deutsche Bank und andere Geldhäuser bei US-Stresstest ohne Probleme

WASHINGTON: Die größten Geldhäuser in den USA verfügen nach Einschätzung der Notenbank Federal Reserve (Fed) über eine krisenfeste Kapitalausstattung. Alle 34 Großbanken haben den jährlichen Stresstest der Finanzaufseher bestanden, wie die Fed am Donnerstag in Washington mitteilte. Auch die Deutsche Bank hatte mit ihrem US-Ableger bei der Belastungsprobe anhand simulierter Krisenszenarien keine Probleme. Die Aufseher wollen sicherstellen, dass die Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte bei einem Finanzmarkt-Kollaps nicht abrupt ins Stocken gerät.

Die Stresstests sind eine Folge der Finanzkrise 2008. Sie sollen verhindern, dass Banken wieder mit Steuergeld gerettet werden müssen. Dafür untersucht die Fed, ob die Kapitalreserven reichen, um extreme Belastungen wie einen rasanten Anstieg der Arbeitslosigkeit oder einen Einbruch der Immobilienpreise auszuhalten. Für viele der großen Banken ist die jährliche Prüfung entscheidend, um in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen Geld an Investoren ausschütten zu können. Ab Montag dürfen sie ihre Kapitalpläne veröffentlichen.

Aufgrund der Corona-Krise hatte die Fed Bilanzen besonders penibel überprüft und zeitweise strenge Auflagen zum Erhalt der Geldreserven verhängt. So waren Aktienrückkäufe und Dividendenerhöhungen vorübergehend tabu oder an strikte Auflagen gekoppelt.

Die Deutsche Bank hatte mit ihrem US-Geschäft zwischenzeitlich einen schweren Stand bei den Aufsehern und fiel von 2015 bis 2018 gleich mehrfach beim Stresstest durch. Anders als bei den US-Rivalen hängen bei Töchtern ausländischer Geldhäuser nicht die Dividenden und Aktienrückkäufe vom Testergebnis ab, dafür aber die Gewinnausschüttungen an ihre Konzernmütter.


Netzagentur-Chef: Verdreifachung der bisherigen Gasrechnung möglich

BERLIN: Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hält eine Verdreifachung der Verbraucherpreise für Gas für möglich. «Wenn man es hochrechnet, kommt es sehr darauf an, wie Sie heizen, wie Ihr Gebäude gebaut ist. Aber es kann zu einer Verdreifachung der bisherigen Gasrechnung kommen», sagte Müller am Donnerstag den Sendern RTL/ntv.

Seit der Drosselung der Lieferungen von russischem Gas in der vergangenen Woche sei das Preisniveau nochmals um 50 Prozent gestiegen. «Viele Gasimporteure sagen, sie würden das gerne weitergeben», sagte Müller. Doch dazu müsste die Preisanpassungsklausel aktiviert werden. Ob das passiere, hänge sehr davon ab, wie sich die Gasflüsse weiterentwickelten. «Wir wissen, dass am 11. Juli ein Wartungsfenster droht. Da wird Nord Stream 1 komplett runtergefahren, und wir wissen nicht, was danach passiert.»


Verkaufsverbot für E-Zigarettenfirma Juul in den USA

SAN FRANCISCO: Die kriselnde E-Zigarettenfirma Juul darf ihre Produkte auf dem US-Heimatmarkt nicht mehr anbieten. Die Gesundheitsbehörde FDA erließ am Donnerstag ein Verkaufsverbot. Juul hatte mit seinen neuartigen aromatisierten E-Zigaretten, die wie USB-Sticks aussehen, zeitweise reißenden Absatz gefunden. Doch dann geriet das Start-up wegen der offensiven Vermarktung der Produkte an jüngere Zielgruppen stark in die Kritik und ins Visier der Aufsicht.

Eine E-Zigaretten-Epidemie unter US-Jugendlichen brachte die FDA unter Handlungsdruck. Nun kam die Behörde zu dem Schluss, dass Juuls Produkte ein zu großes Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen und vom Markt entfernt werden müssen. Juul kann dagegen aber noch Berufung einlegen. Den Verkauf von E-Zigaretten mit Fruchtgeschmack, die bei Teenagern besonders beliebt waren, hatte Juul bereits 2019 gestoppt und war damit einem Verbot zuvorgekommen.

Nicht nur für Juul ist die Entscheidung der FDA ein herber Schlag, auch für den US-Tabakriesen Altria. Der Marlboro-Hersteller war im Dezember 2018 für 12,8 Milliarden Dollar (12,2 Mrd Euro) mit 35 Prozent bei dem Start-up aus San Francisco eingestiegen, es war die größte Investition in der Geschichte des Konzerns. Inzwischen hat Altria die Beteiligung fast komplett abgeschrieben. Zuletzt stand sie noch mit einem Wert von 1,6 Milliarden Dollar in der Bilanz.


Ampel-Fraktionen wollen Kanada-Abkommen durch Bundestag bringen

BERLIN: Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen das Ceta-Handelsabkommen der EU mit Kanada durch den Bundestag bringen. Das teilten Vertreter der drei Koalitionsfraktionen am Donnerstag in Berlin mit. Dazu wollen sie allerdings Nachbesserungen an dem bereits ausgehandelten Abkommen erzielen. Dabei geht es laut Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge zum Beispiel um die Regelungen zu Investor-Schiedsgerichten, die «entschärft» werden sollten. Diese Gremien sollen Beschwerden von Investoren behandeln. Nun sollten Konzerne diese Instrumente aber nicht so nutzen könnnen, dass sie Druck gegen Umweltauflagen machen könnten, sagte Dröge.

Ceta ist seit dem 21. September 2017 vorläufig in Kraft - allerdings nur in den Bereichen, für die unzweifelhaft allein die EU zuständig ist und nicht deren Mitgliedstaaten. Die anderen Teile liegen auf Eis, bis die Ratifizierung abgeschlossen ist. In der EU fehlt bislang noch die Zustimmung aus zwölf Staaten, darunter Deutschland. Auch Kanada und die EU selbst müssen Ceta noch ratifizieren. Deshalb ändert sich mit der Einigung zwischen den Ampel-Fraktionen zunächst nichts. Insbesondere bei den Grünen hatte es bislang Bedenken gegeben, etwa zu einem im Abkommen vorgesehenen Sonderklagerecht von Konzernen.

Die vorgesehenen Änderungen würden nach den Worten von Grünen-Fraktionschefin Dröge nicht dazu führen, dass der gesamte Ratifizierungsprozess aufgerollt werden müsste. «Das Ratifizierungsverfahren muss nicht unterbrochen werden», sagte sie. Nötig sei lediglich eine Mehrheit unter den EU-Staaten sowie die Zustimmung der EU als Ganzes und von Kanada.

«Der Durchbruch bei Ceta ist geschafft», sagte SPD-Fraktionsvizechefin Verena Hubertz. Handel sei wichtig insbesondere mit einer liberalen Demokratie wie Kanada, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. «Freihandel mit den Demokratien der Welt ist wichtiger denn je.»


Dax pendelt um 13.000 Punkte

FRANKFURT/MAIN: Der Dax hat am Donnerstag seine Vortagesverluste ausgeweitet und mehrfach die Marke von 13.000 Punkten getestet. Am Nachmittag büßte der Leitindex 0,67 Prozent 13.056,62 Zähler ein, nachdem er bei etwas unter 12.940 Punkten zeitweise auf den tiefsten Stand seit März gesackt war. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 erholte sich sogar fast vollständig von seinen frühen Verlusten. Der MDax, der Index der mittelgroßen Werte hierzulande, gab zuletzt um 2,08 Prozent auf 26680,12 Zähler nach. Der Euro kostete am frühen Nachmittag 1,0507 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Euro-Referenzkurs am Mittwoch auf 1,0521 Dollar festgelegt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 1,60 Prozent am Vortag auf 1,36 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 1,16 Prozent auf 133,05 Punkte. Der Bund-Future legte um kräftige 1,63 Prozent auf 147,53 Punkte zu.


UN-Organisation erwartet Weltgetreideernte nahezu auf Vorjahreshöhe

ROM: Ungeachtet von Ukraine-Krieg und teurem Dünger wird die Weltgetreideernte in diesem Jahr nach Schätzung der Vereinten Nationen nur unwesentlich geringer ausfallen als 2021. Bislang erwartet werden 2,785 Milliarden Tonnen, das wären rund 23 Millionen Tonnen weniger als im vorangegangenen Wirtschaftsjahr, sagte Josef Schmidhuber, Ökonom bei der UN-Agrarorganisation FAO in Rom. «Das ist ein sehr geringer Unterschied, und im Augenblick wirklich nur eine grobe Schätzung.»


Verletztes Urheberrecht: BGH prüft Voraussetzung für Netzsperren

KARLSRUHE: Netzsperren sind ein scharfes Schwert bei Urheberrechtsverletzungen - bevor sie verhängt werden können, müssen alle anderen Mittel ausgeschöpft werden. Das machte der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag bei der Verhandlung über eine Klage von Wissenschaftsverlagen gegen die Deutsche Telekom deutlich. (Az. I ZR 111/21). «Eine Sperrung ist das letzte Mittel», betonte der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Es bestehe die Gefahr, dass auch der Zugang zu legalen Inhalten gesperrt würde. Ein Urteil verkündet der BGH am 13. Oktober.


Bahn-Aufsichtsratschef Odenwald verkündet Rücktritt

BERLIN: Der Aufsichtsratschef bei der Deutschen Bahn, Michael Odenwald, hört zum 22. Juli auf. «Nach zehnjähriger Arbeit im Aufsichtsrat ist es Zeit für einen Wechsel», teilte Odenwald am Donnerstagabend mit. Zuvor hatte er das Kontrollgremium auf der Sitzung am Donnerstag informiert. Sein Vertrag läuft Aufsichtsratskreisen zufolge eigentlich bis März 2025. «Die Deutsche Bahn ist - ungeachtet aller aktuellen Herausforderungen - ein tolles Unternehmen, für das ich mich immer sehr gerne engagiert habe. Ich wünsche dem Vorstand, allen Führungskräften und insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern alles erdenklich Gute», sagte Odenwald weiter.


Großer Warnstreik legt Häfen an der Nordseeküste lahm

HAMBURG/BREMERHAVEN: Mit einem Warnstreik rund um die Uhr haben Tausende Hafenarbeiter die Abfertigung von Container- und Frachtschiffen in Deutschlands großen Seehäfen weitgehend lahmgelegt. «Emden, Bremen, Bremerhaven, Brake, Wilhelmshaven und Hamburg, überall stehen die Kräne und die Anlagen heute still», sagte Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth am Donnerstag auf einer Kundgebung von mehreren Tausend Hafenarbeitern in Hamburg.


Testfall NRW: Ferienbeginn droht Airports an ihre Grenzen zu bringen

DÜSSELDORF: Der Start in den Urlaub ist meist mit Stress verbunden. Doch in diesem Jahr dürfte es für Millionen Reisende besonders schlimm werden. Wer mit dem Flugzeug in den Urlaub jetten will, muss wegen des Personalmangels an den Airports mit stundenlangen Wartezeiten beim Check-in und an den Sicherheitskontrollen rechnen. Auch die Gefahr, dass der gebuchte Flug abgesagt wird, ist größer als sonst. Einen ersten Vorgeschmack darauf, was bundesweit droht, dürfte am kommenden Wochenende der Ferienbeginn im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen geben.


Koalitionsstreit über Verbrenner-Aus ab 2035 geht weiter

BERLIN: Im Koalitionsstreit um das in der EU geplante Verbrenner-Aus ab 2035 sind die Fronten weiter verhärtet. FDP-Finanzminister Christian Lindner bekräftigte am Donnerstag seine Ablehnung der Verbotspläne, während Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erneut dafür warb, dem Vorhaben in Brüssel zuzustimmen.


Gaskrise in Deutschland: Habeck schlägt Alarm

BERLIN: Nach der drastischen Verringerung der Gaslieferungen durch Russland hat die Bundesregierung die Alarmstufe im Notfallplan Gas ausgerufen. «Gas ist von nun an ein knappes Gut in Deutschland», sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag. Zurzeit sei die Versorgungssicherheit aber gewährleistet. Gasverbraucher müssen zumindest im Moment nicht fürchten, dass ihre Versorger die Lieferverträge kündigen und höhere Preise verlangen. Dazu wäre ein weiterer Schritt der Bundesnetzagentur nötig.


Frankreich verlängert Deckelung der Gaspreise bis Jahresende

PARIS: Frankreich verlängert die seit Oktober geltende Deckelung der Gaspreise für Haushalte bis zum Jahresende. Die Verbraucher könnten weiter mit einem stabilen Gaspreis kalkulieren, da der Staat bis Ende 2022 die Differenz zum tatsächlichen Marktpreis übernehme, kündigte Premierministerin Élisabeth Borne am Donnerstag an. Mitten in der französischen Regierungskrise reagiert Borne damit auf die Erwartung vieler Franzosen, dass der Staat mehr zur Stützung der Kaufkraft unternimmt. Mit Milliardenaufwand deckelt Frankreich außerdem bereits die Strompreise für Verbraucher, deren Anstieg dadurch in diesem Jahr auf vier Prozent begrenzt ist.

Frankreich sei weniger abhängig von russischem Erdgas als andere europäische Länder, sagte Borne. Bis zum Herbst sollten die französischen Erdgasspeicher zu annähernd 100 Prozent gefüllt werden. Bereits im nächsten Jahr werde Frankreich ein neues schwimmendes Terminal für Flüssiggas (LNG) errichten.

Seit gut einer Woche erreicht Frankreich kein Erdgas mehr über eine entsprechende Pipeline aus Deutschland. Seit Jahresbeginn war die Einfuhr aber bereits zuvor um 60 Prozent rückläufig gewesen.


Norwegen und EU wollen Energiezusammenarbeit weiter verstärken

BRÜSSEL: In ihrem Streben nach weniger Abhängigkeit von russischem Gas will die Europäische Union ihre bereits enge Energiezusammenarbeit mit Norwegen weiter ausbauen. Unter anderem wollen die EU und das skandinavische Land Möglichkeiten prüfen, wie die norwegischen Gaslieferungen sowohl kurz- als auch langfristig erhöht werden können. Das vereinbarten der EU-Kommissionsvize Frans Timmermans, EU-Energiekommissarin Kadri Simson und der norwegische Öl- und Energieminister Terje Aasland am Donnerstag auf einem Treffen in Brüssel.

Man sei sich einig, dass die Bedeutung der norwegischen Öl- und Gasproduktion für die europäische Energiesicherheit durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter zugenommen habe, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die die norwegische Regierung im Anschluss an das Treffen veröffentlichte. Norwegen sei in den vergangenen 50 Jahren ein sicherer und umsichtiger Lieferant von Öl und Gas nach Europa gewesen und verfüge über beträchtliche verbleibende Öl- und Gasressourcen. Damit könne das Land durch weitere Exploration, neue Funde und Felderschließungen auch langfristig über 2030 hinaus ein Großlieferant bleiben.

Norwegen als größter Öl- und Gasproduzent Westeuropas trägt der Erklärung zufolge erheblich zur europäischen Energiesicherheit bei, indem es mit seinen Lieferungen schätzungsweise ein Viertel des gesamten Gasverbrauchs der 27 EU-Mitgliedstaaten abdeckt. Das Land ist anders als seine nordischen Partner Dänemark, Schweden und Finnland kein Mitglied der EU, dafür aber als Teil des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) eng mit der Union verbunden.


Bundesbank-Chef: Höhere Inflation darf sich nicht festsetzen

ELTVILLE: Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat davor gewarnt, dass sich die derzeit hohe Inflation festsetzt. «Als Mitglieder des EZB-Rates müssen wir dafür sorgen, dass sich die erhöhte Inflation mittelfristig nicht festsetzt», sagte Nagel am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Eltville am Rhein laut Redetext. «Derzeit dürfen Zentralbanken aus meiner Sicht nicht zu spät und zu wenig reagieren.» Andernfalls könnten noch stärkere Zinserhöhungen notwendig werden, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Dies würde viel höhere volkswirtschaftliche Kosten verursachen.

«Wir müssen Haushalten und Unternehmen klare und rechtzeitige Signale geben, dass wir entschlossen sind, Preisstabilität zu gewährleisten», sagte Nagel, der Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) ist. «Solche Signale tragen zu niedrigeren Inflationserwartungen bei und helfen, die Inflation wieder auf den Zielwert zu bringen.» Die Inflationserwartungen der Privathaushalte und Firmen in Deutschland waren der Bundesbank zufolge zuletzt gestiegen. Lösen sich die Teuerungserwartungen aus ihrer Verankerung, drohen hohe Lohnforderungen, die wiederum Unternehmen zu Preiserhöhungen veranlassen können.

Die EZB strebt für den Währungsraum der 19 Länder mittelfristig stabile Preise bei einer jährlichen Teuerungsrate von 2 Prozent an. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, das heißt sie können sich für einen Euro weniger leisten.

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat angesichts der rekordhohen Teuerung jüngst den Ausstieg aus der seit Jahren ultralockeren Geldpolitik beschlossen: Die milliardenschweren Anleihenzukäufe werden zum 1. Juli beendet. Bei der nächsten regulären Sitzung des EZB-Rates am 21. Juli will die Notenbank die Leitzinsen erstmals seit elf Jahren wieder erhöhen, zunächst um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Ein weiterer Schritt ist im September beabsichtigt. Das Ausmaß dieser Zinserhöhung wird von den aktualisierten mittelfristigen Inflationsaussichten abhängen.


Eurokurs gefallen - EZB-Referenzkurs: 1,0493

FRANKFURT/MAIN: Der Euro-Kurs ist am Donnerstag gefallen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0493 (Mittwoch: 1,0521) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9530 (0,9505) Euro.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,85818 (0,85885) britische Pfund, 142,11 (143,11) japanische Yen und 1,0130 (1,0153) Schweizer Franken fest.


EU-Kommissarin fordert Kompromissbereitschaft bei Einlagensicherung

FRANKFURT/BRÜSSEL: EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness fordert Kompromissbereitschaft im Dauerstreit um die grenzübergreifende Sicherung der Gelder von Bankkunden in Europa. «Was es braucht, ist ein kollektives Verständnis dafür, dass jeder ein wenig geben muss und dass wir dadurch viel gewinnen werden», sagte McGuinness am Donnerstag bei einer gemeinsamen Konferenz der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) und des europäischen Bankenabwicklungsfonds SRB in Brüssel, die auch im Internet übertragen wurde.

Seit Jahren wird über eine gemeinsame europäische Einlagensicherung (European deposit insurance scheme, kurz: Edis) als dritte Säule der europäischen Bankenunion neben gemeinsamer Bankenaufsicht und gemeinsamer Abwicklung von Kriseninstituten gestritten. Widerstände gibt es vor allem in Deutschland, wo es schon lange gut gefüllte Töpfe für den Notfall gibt. Sparkassen und Genossenschaftsbanken hierzulande befürchten, dass mit ihren Geldern Schieflagen von Instituten in anderen Staaten finanziert werden.

In der vergangenen Woche hatten die Finanz- und Wirtschaftsminister der Euroländer eine Entscheidung zur Einlagensicherung erneut vertagt. Zunächst lud die Eurogruppe die EU-Kommission ein, bis 2024 neue Gesetzesentwürfe zur Abwicklung von Krisenbanken vorzulegen. Über die Einlagensicherung soll erst danach wieder diskutiert werden.

Eine gemeinsame Einlagensicherung sei ein wichtiger Teil der europäischen Bankenunion, bekräftigte McGuinness: «Edis würde die Widerstandsfähigkeit des Gesamtsystems erhöhen.» Mit der Schaffung der Bankenunion reagierten die Europäer auf die Finanzkrise 2008. Einheitliche Regeln sollen den Bankensektor grenzübergreifend stabiler machen.


Rumänien: Staat übernimmt Teil der Treibstoffkosten

BUKAREST: Rumänien führt für die nächsten drei Monate einen Tankrabatt ein. Wie Ministerpräsident Nicolae Ciuca am Donnerstag mitteilte, übernimmt der Staat 0,50 Lei (10 Cent) vom Preis eines Liters Benzin oder Diesel. Dafür habe man insgesamt zwei Milliarden Lei (408 Mio Euro) veranschlagt. Derzeit kostet ein Liter Benzin in Rumänien 8,6 Lei (1,74 Euro) und ein Liter Diesel 9,2 Lei (1,86 Euro).

Mit dieser Maßnahme setzte sich die bürgerliche Partei (PNL) von Premier Nikolae Ciuca gegen die mächtige, mitregierende Sozialdemokratische Partei (PSD) durch. PSD hatte verlangt, dass für die Treibstoffpreise eine Höchstgrenze festgesetzt werde, ähnlich wie im Nachbarland Ungarn. Nun sei zu befürchten, dass die Produzenten die Preise erst recht erhöhen, so dass die jetzt beschlossene Bezuschussung für den Verbraucher nicht ins Gewicht falle - so wie dies anderswo in Europa bereits geschehen sei, teilte PSD mit.


Spatenstich für erste Biontech-Produktionsstätte in Afrika

KIGALI: Mit dem Spatenstich in der ruandischen Hauptstadt Kigali hat das Biopharma-Unternehmen Biontech am Donnerstag mit dem Bau der ersten Produktionsstätte für mRNA-basierte Impfstoffe in Afrika begonnen. Die ersten Container für die Produktion, sogenannte «BioNTainer», sollen Ende 2022 an den Standort geliefert werden, berichtete eine Unternehmenssprecherin. Die Produktion von Impfstoffen soll etwa 12 bis 18 Monate nach der Installation beginnen, hieß es.

«Das Ziel, das wir gemeinsam mit Regierungen und Zulassungsbehörden verfolgen, ist es, hier mit hochqualifizierten Fachkräften aus Afrika Impfstoffe für Afrika herzustellen», sagte Biontech-CEO und Mitbegründer Ugur Sahin. Biontech plant weitere Produktionsstätten im Senegal und in Südafrika. Alle Impfstoffe, die in diesem Netzwerk hergestellt werden, sind den Angaben zufolge für die Menschen in den Ländern der Afrikanischen Union bestimmt.

Die Auswahl der zu produzierenden Impfstoffe werde auf die Bedürfnisse der Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union zugeschnitten sein, hieß es. Außer dem Covid-19-Impfstoff könnten dies im Fall erfolgreicher Entwicklung Malaria- und Tuberkuloseimpfstoffe sein. Das Unternehmen schätzt, dass anfänglich bis zu 50 Millionen Dosen des Pfizer-Biontech Impfstoffs gegen Covid-19 produziert werden können.


Kreml: Gekürzte Gaslieferungen nicht politisch motiviert

MOSKAU: Angesichts drastisch verringerter Gaslieferungen hat Moskau jede Schuld von sich gewiesen. «Die Russische Föderation erfüllt alle ihre Verpflichtungen», bekräftigte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge. Einmal mehr bestritt Peskow zudem, dass die Gasdrosselung über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 politisch motiviert sei. Vielmehr seien sanktionsbedingte Verzögerungen bei Reparaturarbeiten Ursache des Problems. Nach russischen Angaben steckt eine Siemens-Turbine für die Pipeline im Ausland fest.

Kurz zuvor hatte die Bundesregierung die Alarmstufe im Notfallplan Gas ausgerufen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht die russischen Erklärungen für die Lieferengpässe als Vorwand und warf Kremlchef Wladimir Putin zuletzt einen «ökonomischen Angriff» vor.

Russlands staatlicher Energieriese Gazprom hat die Gaslieferungen nach Deutschland seit rund einer Woche von maximal 167 Millionen Kubikmeter pro Tag auf 67 Millionen Kubikmeter reduziert - das entspricht einer Drosselung von rund 60 Prozent. Moskaus Darstellung zufolge sind daran Sanktionen schuld, die westliche Staaten als Reaktion auf Russlands Überfall auf die Ukraine verhängt haben.


Chemie: Lasten der Energiekrise auf alle Gasverbraucher verteilen

FRANKFURT/MAIN: Die deutsche Chemieindustrie hat angesichts der ausgerufenen Alarmstufe des Notfallplans Gas eine faire Lastenverteilung angemahnt. Die politisch getriebene Verringerung der russischen Gaslieferungen stelle Gesellschaft und Industrie vor immer gewaltigere Herausforderungen, erklärte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Donnerstag. «Es gilt, ein transparentes Verfahren zu entwickeln, das die unvermeidlichen Lasten so gerecht und erträglich wie möglich auf alle Gasverbraucher verteilt», sagte Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.

Die Chemie- und Pharmabranche ist laut VCI mit einem Anteil von 15 Prozent größter Gasverbraucher in Deutschland. Knapp ein Drittel des Industrieverbrauchs entfällt auf sie. Die drittgrößte deutsche Industriebranche nach dem Auto- und Maschinenbau hat vehement vor den Folgen von Gasmangel für die Branche und die ganze Industrie gewarnt.


Habeck: Hoffentlich nie Gas-Rationierung für Industrie

BERLIN: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will in der aktuellen Gaskrise Rationierungen für die Industrie nach Möglichkeit vermeiden. «Das soll nicht passieren, in keinem Monat im besten Fall», sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in Berlin, fügte aber hinzu: «Ich kann es natürlich nicht ausschließen, weil es so voraussetzungsreich ist, was wir tun. Aber es ist kein Szenario, auf das wir hinarbeiten - im Gegenteil.»

Alle Maßnahmen seien darauf ausgerichtet, die Marktkräfte so weit wie möglich wirksam zu halten und andere Alternativen zu schaffen, sagte Habeck. Es gehe darum, Einsparungen vorzunehmen, auf andere Energieträger auszuweichen und die Infrastruktur auszubauen, «um dieses Szenario abzuwenden». Das Bundeswirtschaftsministerium hatte zuvor die Alarmstufe im Notfallplan Gas ausgerufen.


Frau in Dänemark wegen Geldwäsche im Milliardenwert verurteilt

KOPENHAGEN: Eine 49-Jährige ist in Dänemark in einem umfassenden Geldwäscheskandal zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das Stadtgericht von Kopenhagen verurteilte die litauische Staatsbürgerin am Donnerstag nach Angaben der Staatsanwaltschaft wegen versuchter Geldwäsche einer Gesamtsumme von 29,5 Milliarden dänischen Kronen (fast 4 Milliarden Euro) zu vier Jahren und einem Monat Gefängnis. «Das ist der größte Betrag, den wir in einem Fall von Geldwäsche vor Gericht in Dänemark gesehen haben», erklärte die zuständige Staatsanwältin Lisette Jørgensen.

Es handelt sich um eine sogenannte Zusatzstrafe, da die Frau in einem anderen Fall von Geldwäsche in Höhe von mindestens 140 Millionen Kronen (19 Mio. Euro) bereits eine Haftstrafe von drei Jahren und elf Monaten erhalten hat. Insgesamt beträgt ihre Strafe damit acht Jahre. Zudem wird sie nach dem Absitzen dauerhaft aus Dänemark ausgewiesen.

Die Frau hat nach Angaben der Nachrichtenagentur Ritzau eingeräumt, die enorme Summe im Laufe der Jahre 2008 bis 2016 über eine Reihe von Kommanditgesellschaften gewaschen zu haben, die Konten bei der Filiale der dänischen Danske Bank in Estland hatten. Sie soll damit insbesondere russischen und baltischen Geschäftsleuten geholfen haben, die Herkunft ihres Vermögens zu verschleiern. Die Litauerin lebt den Angaben nach seit 2001 in Dänemark und akzeptierte das Urteil.


Litauen will Kaliningrad-Streit beim EU-Gipfel ansprechen

VILNIUS: Litauens Staatschef Gitanas Nauseda will beim EU-Gipfel den Streit mit Russland wegen der Transitbeschränkungen zur Ostsee-Exklave Kaliningrad ansprechen. «Der Präsident wird dieses Thema zur Sprache bringen, weil es ein aktuelles Thema in unserem Leben ist und weil Russland Litauen, das EU-Sanktionen umsetzt, mit einer ganzen Reihe von Vergeltungsmaßnahmen gedroht hat», sagte seine außenpolitische Beraterin der Agentur BNS in Vilnius.

«Unserer Meinung nach wäre es richtig zu sagen, dass dies eine Angelegenheit der EU ist - nicht Litauens, sondern der EU als Ganzes. Und dass die EU solidarisch ist, wenn es um die Umsetzung der Sanktionen geht», sagte Nausedas Beraterin am Donnerstag vor einem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel.

Litauen hatte am Samstag den Transit von Waren, die auf der EU-Sanktionsliste stehen, über sein Territorium in das Gebiet um das frühere Königsberg untersagt. Nach Kaliningrader Darstellung betrifft das 40 bis 50 Prozent aller Transitgüter, darunter Baumaterialien und Metalle. Russland hatte die Beschränkungen als «illegal» kritisiert und drohte Gegenmaßnahmen gegen das baltische EU- und Nato-Land an.


Habeck: «Gas ist von nun an ein knappes Gut in Deutschland»

BERLIN: Gas ist nach Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck «von nun an ein knappes Gut in Deutschland». «Dies sage ich, obwohl die Versorgungssicherheit aktuell gewährleistet ist», sagte Habeck am Donnerstag in Berlin. Zuvor hatte er die Alarmstufe des Notfallplans ausgerufen. «Auch wenn aktuell noch Gasmengen am Markt beschafft werden können und noch eingespeichert wird: Die Lage ist ernst, und der Winter wird kommen.»

«Es sind die Versäumnisse der letzten Dekade, die uns jetzt in diese Bedrängnisse geführt haben», sagte der Minister. Man stünde anders da, wenn man in den vergangenen Jahren bei der Energieeffizienz und beim Ausbau der erneuerbaren Energien wirklich vorangekommen wäre.


Gasspeicher in Deutschland: Puffer für Mengen und Preise

BERLIN: Deutschland verfügt in Mittel- und Westeuropa über die größten Speicherkapazitäten für Erdgas. Laut Branchenverband Ines fassen sie Gas mit einem Energiegehalt von rund 255 Terawattstunden. Das entspricht etwa einem Viertel des jährlichen Gasverbrauchs in Deutschland. Laut dem neuen Speichergesetz sollen sie am 1. November zu 90 Prozent gefüllt sein.

Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit eine Art Puffersystem für den Gasmarkt. Für gewöhnlich sind sie mit Beginn der Heizperiode im Herbst gut gefüllt. Bis zum Frühjahr nehmen die Füllstände ab. An kalten Wintertagen werden bis zu 60 Prozent des Gasverbrauchs in Deutschland aus deutschen Speichern abgedeckt.

Im Moment liegt der Füllstand der deutschen Speicher bei knapp 59 Prozent. Es gibt Befürchtungen, dass die 90 Prozent bis zum Herbst wegen der verringerten Lieferungen aus Russland nicht erreicht werden könnten.

In Deutschland gibt es 47 Untertagespeicher an 33 Standorten, die von rund 25 Firmen betrieben werden. Größter Speicherbetreiber ist der Energiekonzern Uniper, auf den rund ein Viertel der deutschen Speicherkapazität entfällt. Der größte Einzelspeicher wird allerdings von einer Tochtergesellschaft von Gazprom Germania betrieben, die seit Anfang April von der Bundesnetzagentur treuhänderisch verwaltet wird. Er befindet sich im niedersächsischen Rehden. Auf ihn entfällt rund ein Fünftel der deutschen Kapazität.


Siemens Energy will mit Air Liquide Wasserstoff-Elektrolyseure bauen

MÜNCHEN/PARIS: Siemens Energy und der französische Gashersteller Air Liquide wollen Elektrolyseure für Wasserstoff aus erneuerbaren Energien bauen. Bis 2025 soll eine jährliche Produktionskapazität von 3 Gigawatt erreicht werden, wie die beiden Unternehmen am Donnerstag mitteilten. Das entspricht der Leistung von 200 bis 300 großen Windrädern auf See. Der Start der Produktion ist für die zweite Jahreshälfte 2023 geplant. Bereits im Februar hatten die beiden Unternehmen angekündigt, bei der Entwicklung von Elektrolyseuren im industriellen Maßstab zusammenarbeiten zu wollen.

Siemens Energy wird einen Anteil von 74,9 Prozent am Joint Venture haben, das in Berlin angesiedelt werden soll. Der Konzern bringt dabei seine in der Hauptstadt entstehende Elektrolyseur-Fertigung mit einem Investitionsvolumen von rund 30 Millionen Euro ein. Zudem wollen beide Unternehmen gemeinsam an der nächsten Generation von Elektrolyseur-Technologien forschen.

«Die Gründung dieses deutsch-französischen Joint Ventures ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem führenden europäischen Ökosystem für erneuerbaren und kohlenstoffarmen Wasserstoff», sagte Air-Liquide-Chef François Jackow. «Durch die Ausweitung der Produktion von Elektrolyseuren in großem Maßstab werden Air Liquide und Siemens Energy in der Lage sein, ihren Kunden Zugang zu großen Mengen an wettbewerbsfähigem erneuerbarem Wasserstoff zu verschaffen und deren Aktivitäten zu dekarbonisieren.»

Energy-Chef Christian Bruch betonte: «Um grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig zu machen, brauchen wir in Serie gefertigte, kostengünstige und skalierbare Elektrolyseure. Außerdem benötigen wir starke Partnerschaften.»


Bundesregierung ruft Alarmstufe des Notfallplans Gas aus

BERLIN: Angesichts der deutlich verringerten Gaslieferungen aus Russland hat die Bundesregierung die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausrufen. «Aktuell ist die Versorgungssicherheit gewährleistet, aber die Lage ist angespannt», teilte das Wirtschaftsministerium am Donnerstag mit. Der Notfallplan hat drei Stufen: Die jetzt ausgerufene Alarmstufe ist die zweite. Die dritte wäre die Notfallstufe.

Laut dem Plan liegt bei der Alarmstufe eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt. Der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen.

Versorgungsunternehmen sollen noch keine Möglichkeit erhalten, ihre Gaspreise nach dem Energiesicherungsgesetz zu erhöhen. Zwei Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein: Zum einen müssen Alarmstufe oder Notfallstufe ausgerufen worden sein. Zum anderen muss die Bundesnetzagentur auf dieser Grundlage eine «erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland» festgestellt haben. Diese Feststellung muss im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Erst dann dürfen die Unternehmen die Preise auf ein «angemesses Niveau» erhöhen.

Habeck erklärte am Donnerstag: «Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen.» Das werde sich auf die Industrieproduktion auswirken und für viele Verbraucher eine große Last werden. «Es ist ein externer Schock.» Er warf Russlands Präsident Wladimir Putin einen «ökonomischen Angriff» vor.


Erdgas: Zentrale Säule für Deutschlands Energieversorgung

BERLIN: Nach Mineralöl ist Erdgas in Deutschland der zweitwichtigste Energieträger. Das brennbare, natürliche Gasgemisch lagert unterirdisch und kommt häufig zusammen mit Erdöl vor, da beide auf ähnliche Weise entstehen. Gas dient zur Stromerzeugung, als Treibstoff für Schiffe und Kraftfahrzeuge oder als Wärmelieferant. Rund die Hälfte der deutschen Haushalte nutzt Erdgas, um den Wärmebedarf zu decken.

Das Stoffgemisch ist ungiftig, farb- und geruchlos und besteht vor allem aus dem Treibhausgas Methan (CH4), das neben Kohlenstoffdioxid (CO2) erheblich zur Erderwärmung beiträgt - auch wenn Erdgas im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern wie Kohle oder Erdöl nach Angaben der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina eine bessere Klimabilanz aufweist.

Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge lag der Verbrauch 2020 bei rund 86,8 Milliarden Kubikmetern. Wichtigste Abnehmer waren Haushalte und Industrie mit jeweils 29 Prozent sowie der Energiesektor (28 Prozent). Da die heimische Förderung nur einen kleinen Teil des Gesamtverbrauchs ausmacht, importierte Deutschland 2021 rund 95 Prozent - vor allem aus Russland, Norwegen und den Niederlanden.

Wichtigste Verbindung für russisches Erdgas ist die 1224 Kilometer lange, Ende 2011 in Betrieb genommene Pipeline Nord Stream, die durch die Ostsee nach Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) führt. Inzwischen ist die Liefermenge durch diese Pipeline deutlich gesunken. Das Genehmigungsverfahren für die parallel verlaufende Leitung Nord Stream 2 hatte Berlin kurz vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine auf Eis gelegt. Norwegen liefert sein Erdgas per Pipeline durch die Nordsee.


Ölpreise geben erneut nach

SINGAPUR: Die Ölpreise sind am Donnerstag im frühen Handel erneut gefallen. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 110,14 US-Dollar. Das waren 1,60 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 1,79 Dollar auf 104,40 Dollar. Die Preise rangieren in der Nähe ihrer tiefsten Stände seit gut einem Monat.

Belastet werden die Erdölpreise zunehmend durch die Furcht vor einer wirtschaftlichen Talfahrt. Hintergrund sind die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Kampf vieler Zentralbanken gegen die hohe Inflation. Die teils deutlichen Zinsanhebungen können zwar die Teuerung dämpfen, sie lasten aber auch auf der Konjunktur. Immer häufiger sind an den Finanzmärkten Warnungen vor einer aufziehenden Rezession zu hören.

Die Preisabschläge am Ölmarkt finden jedoch auf hohem Niveau statt. Seit Jahresbeginn sind die Ölpreise um rund 40 Prozent gestiegen. Hauptgründe sind der Krieg Russlands gegen die Ukraine und scharfe Sanktionen vieler überwiegend westlicher Länder. Russland ist einer der größten Ölproduzenten der Welt.


Euro stabil über 1,05 US-Dollar

FRANKFURT/MAIN: Der Euro hat am Donnerstagmorgen stabil über der Marke von 1,05 US-Dollar notiert. Im frühen Handel kostete die europäische Gemeinschaftswährung 1,0565 Dollar und damit in etwa so viel wie am späten Vorabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Euro-Referenzkurs am Mittwochnachmittag auf 1,0521 Dollar festgelegt.

Am Donnerstag stehen sowohl in Europa als auch in den USA die Einkaufsmanagerindizes von S&P Global auf dem Programm. Die Unternehmensumfragen geben einen Hinweis auf den Zustand der Wirtschaft. Weil viele Zentralbanken im Kampf gegen die hohe Inflation ihre Leitzinsen deutlich anheben, kommt zunehmend Furcht vor einer konjunkturellen Talfahrt auf. Dazu tragen auch weitere Belastungsfaktoren bei wie anhaltende Probleme im globalen Warenhandel.

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