Wirecard-Prozess: Aufsichtsratschef als Zeuge
MÜNCHEN: Im Münchner Wirecard-Prozess soll am Mittwoch (9 Uhr) ein wichtiger Zeuge aussagen: der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Eichelmann. Der Manager leitete das Kontrollgremium in den letzten zwölf Monaten vor der Wirecard-Milliardenpleite im Sommer 2020. Bei der Zeugenvernehmung Eichelmanns wird es maßgeblich um die Rolle des wegen Milliardenbetrugs angeklagten früheren Vorstandschefs Markus Braun gehen. Dabei geht es um die Frage, ob Braun die Arbeit der Aufsichtsräte behinderte und gegen deren Aufforderungen verstieß.
Laut Anklage sollen Braun und zwei mitangeklagte ehemalige Wirecard-Manager Milliardenumsätze mit sogenannten Drittpartnerfirmen (TPA) erfunden haben, die im Auftrag von Wirecard Kreditkartenzahlungen in asiatischen Ländern abwickelten.
Zweifelsfreie Beweise gegen den früheren Vorstandschef sind bislang nach fast zehn Monaten Prozessdauer nicht aufgetaucht. Der seit über drei Jahren in Untersuchungshaft sitzende österreichische Manager bestreitet sämtliche Vorwürfe.
Nach Brauns Darstellung gab es keine Scheingeschäfte. Stattdessen soll eine kriminelle Bande um den seit 2020 untergetauchten früheren Vertriebschef Jan Marsalek und den mitangeklagten Kronzeugen der Staatsanwaltschaft dem Unternehmen Milliardenbeträge gestohlen haben.
Europaparlament will langfristigen EU-Haushalt noch weiter aufstocken
STRAßBURG: Angesichts jüngster Krisen wollen die Europaparlamentarier den langfristigen EU-Haushalt deutlich aufstocken. Die Abgeordneten stimmten am Dienstag im Parlament in Straßburg dafür, den sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) um zusätzliche rund 76 Milliarden Euro aufzustocken. Damit fordert das Parlament rund zehn Milliarden Euro mehr als die EU-Kommission. Das Geld sei etwa für Herausforderungen wie den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die wachsende Migrationsproblematik vorgesehen. Außerdem solle damit die strategische Autonomie sowie die Krisenreaktionsfähigkeit der Staatengemeinschaft gestärkt werden.
2020 hatte die EU sich nach zähen Verhandlungen auf den rund 1,1 Billionen Euro umfassenden Gemeinschaftsetat für die kommenden sieben Jahre verständigt. Ende Juni bat die EU-Kommission nach einer turnusmäßigen Halbzeitüberprüfung mit Blick auf fehlendes Geld im Gemeinschaftsetat die Mitgliedsländer um 66 Milliarden Euro zusätzlich für die kommenden Jahre. Das Geld soll etwa in die Bereiche Migration, Ukraine und Wettbewerb fließen, aber auch für höhere Zinsen und Mehrkosten aufgrund der Inflation aufgewendet werden.
Deutschland und andere Länder hatten die Forderungen der Kommission mit Verweis auf knappe nationale Haushalte kritisiert. Die EU-Kommission solle stattdessen existierende Spielräume und Restrukturierungen im Haushalt in den Blick nehmen, hatte etwa Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gesagt. Aus anderen Ländern kamen ähnliche Äußerungen. Einigkeit besteht dabei, die Ukraine weiter zu unterstützen.
Noch gibt es keinen gemeinsame Verhandlungsposition der Länder. Wenn diese vorliegt, müssen die Staaten und das Parlament sich auf einen Kompromiss einigen. Die nationalen Beiträge der Mitgliedstaaten stellen die größte Einnahmequelle des EU-Haushalts dar.
Mindestens 18 Tote nach Brand in illegaler Öl-Raffinerie in Nigeria
LAGOS: Bei einem Brand in einer illegalen Raffinerie in Nigerias ölreichem Niger-Delta sind mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen. Das teilte der Sprecher des paramilitärischen Nigeria Security and Civil Defence Corps (NSCDC) in der Nacht zu Dienstag mit. Die Opfer - darunter eine schwangere Frau - seien bei dem Unfall, der sich bereits am Sonntag in der Ortschaft Ibaa im südlichen Bundesstaat Rivers ereignete, «bis zur Unkenntlichkeit» verbrannt, sagte der Sprecher. Mindestens 25 weitere Menschen seien verletzt worden. Nach Angaben des Sprechers sei ein zunächst kleines Feuer außer Kontrolle geraten und habe sich auf ein naheliegendes Ölreservoir ausgebreitet. Dabei sei es zu einer Explosion gekommen.
Nigeria ist einer der führenden Ölproduzenten Afrikas. Die Erlöse verschwinden allerdings zu großen Teilen aufgrund korrupter öffentlicher Verwaltungen, während die Bevölkerung des Niger-Delta, wo das meiste Öl gefördert wird, größtenteils verarmt ist.
Umso häufiger kommt es zu Diebstahl von Öl aus den Pipelines, das anschließend in illegalen Raffinerien teils mit gefährlichen Methoden verarbeitet wird. Immer wieder kommt es dabei zu Explosionen. Beim bislang tödlichsten Unfall im Jahr 1998 starben mehr als 1000 Menschen, die Öl aus einer aufgebrochenen Pipeline abschöpften.
Euro fällt zum US-Dollar auf den tiefsten Stand seit Dezember
FRANKFURT/MAIN: Der Euro hat am Dienstag seine Talfahrt der vergangenen Tage und Wochen fortgesetzt. Die Gemeinschaftswährung fiel in der Nacht auf Dienstag bis auf 1,0460 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit Dezember.
Am Vortag war der Euro wegen trüben Konjunkturnachrichten aus der Eurozone und robusten Konjunkturdaten aus den USA bereits unter Druck geraten und unter die Marke von 1,05 Dollar gefallen. Seit dem Jahreshoch von knapp 1,13 Dollar im Sommer summiert sich das Minus inzwischen auf mehr als acht Cent.
Nach Einschätzung von Ralf Umlauf, Analyst bei der Landesbank Hessen-Thüringen, nehmen die Gefahren für die US-Konjunktur ab. Im Gegenzug sollten mit Blick auf die Geldpolitik der US-Notenbank die Zinserwartungen zunehmen.
Die Fed hatte auf ihrer letzten Sitzung die Zinsen nicht angehoben. Sie hatte künftige Erhöhungen jedoch nicht ausgeschlossen.
Ölpreise geben weiter nach
LONDON: Die Ölpreise haben am Dienstag weiter nachgegeben und ihre Korrektur der vergangenen Handelstage fortgesetzt. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Dezember fiel im frühen Handel um 95 Cent auf 89,75 US-Dollar und rutschte wieder unter die Marke von 90 Dollar. Damit kostet Rohöl in etwa so viel wie vor einem Monat.
Am Donnerstag vergangener Woche war der Preis für ein Barrel vor allem wegen Sorgen über das knappe Angebot noch bis auf fast 98 Dollar gestiegen, bevor zum Wochenausklang eine Korrektur begann. Ähnlich wie beim Brent sah es auch bei der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) aus. Der Preis für ein Barrel der Sorte WTI fiel am Dienstag um 71 Cent auf 88,11 Dollar - am Donnerstag hatte ein Barrel zeitweise noch 95 Dollar gekostet.
Am Montag sorgten Nachrichten über einen baldigen Wiederanlauf einer Ölpipeline zwischen dem Irak und der Türkei für einen kräftigen Preisrückgang. Allerdings blieb zunächst unklar, wann genau der Betrieb wieder anlaufen soll. Aus dem Irak hieß es, zunächst müssten noch einige Belange zwischen den beiden Ländern geklärt werden. Die Pipeline kann pro Tag etwa eine halbe Million Barrel Erdöl transportieren. Wegen finanzieller Streitigkeiten zwischen Irak und der Türkei liegt der Betrieb seit etwa einem halben Jahr auf Eis.
Ein Anlaufen könnte helfen, den angespannten Markt etwas zu entlasten. In der zweiten September-Hälfte sorgte das knappe Angebot großer Förderländer wie Saudi-Arabien und Russland für deutliche Preisaufschläge. Hinzu kamen geringe Rohölvorräte, vor allem in den USA. Die Nachfrage ist robust, weil die Vereinigten Staaten bisher nicht in die vielfach befürchtete Rezession gefallen sind und die angeschlagene Wirtschaft Chinas sich etwas stabilisiert hat.
Aktie von Krisen-Immobilienkonzern China Evergrande wieder gehandelt
HONGKONG: Nach dem Handelsstopp der Aktien von Chinas hoch verschuldetem Immobilienriesen China Evergrande sind die Papiere am Dienstag auf dem Parkett in Hongkong wieder gehandelt worden. Die Aktien der Evergrande Group und der Immobilienservice Gruppe von Evergrande würden ab 9.00 Uhr (Ortszeit) wieder gehandelt, teilte die Börse in Hongkong mit. Zuvor hatte die Unternehmensgruppe bekanntgegeben, die Wiederaufnahme des Handels beantragt zu haben.
Am 28. September hatte der Konzern aus dem südchinesischen Shenzhen den Handel mit seinen Anteilen an der Hongkonger Börse gestoppt. Der Immobilien-Gigant steckt seit Jahren in einer schweren Krise und ist mit umgerechnet zig Milliarden Euro verschuldet. Zudem ermitteln die Behörden laut dem Unternehmen gegen Vorstandschef Hui Ka Yan und weitere Angestellte. Der Vorstand habe aber entschieden, dass keine weiteren Insiderinformationen aus dem Unternehmen veröffentlicht werden müssten, teilte die Gruppe am Montag mit. China Evergrande konnte außerdem zuletzt Termine für die Rückzahlung ausstehender Schulden nach eigenen Angaben nicht einhalten.
Neben China Evergrande haben auch andere große Bauträger Schulden. Die gesamte Immobilienbranche der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt durchlebt seit längerem eine schwere Krise. Weil der Sektor einen wesentlichen Teil zur Wirtschaftsleistung Chinas beiträgt, besteht die Sorge, dass die Krise die Ökonomie des gesamten Landes mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern in Mitleidenschaft ziehen könnte.
Mit ein Grund für die Krise ist die gesunkene Nachfrage nach Wohnungen. Außerdem investierten die Immobilien-Konzerne nach Meinung mancher Analysten nicht nachhaltig und konnten ohne das Geld ihrer Käufer weder zugesagte Projekte fertigbauen noch ausstehende Kredite bedienen. Die Regierung in Peking versuchte die vor Jahren spürbare Entwicklung in der Branche aufzuhalten und führte strengere Regeln für die Finanzierung der Unternehmen ein.