ROM: Trotz der jüngsten Auseinandersetzung mit Italien und Warnungen aus Rom stehen die deutschen Seenotretter von SOS Humanity unmittelbar vor dem nächsten Einsatz im zentralen Mittelmeer. Das Schiff «Humanity 1» plant, bis zum Ende der Woche das Gebiet vor der Küste Libyens zu erreichen, um in Seenot geratene Migranten und Flüchtlinge zu retten. Das sagte Sprecher Wasil Schauseil der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag, als sich das Schiff gerade südlich von Sizilien in internationalen Gewässern befand. Nach einem Wechsel der Crew in Spanien hatte sich die «Humanity 1» auf den Weg gemacht.
Anfang November war es zum Zwist mit Italien gekommen, als die deutsche Organisation mit 180 Migranten an Bord nach tagelangem Warten in den Hafen von Catania gefahren war. Die Behörden in Rom erlaubten dann zunächst nur Frauen, Kindern und einigen Männern, die als krank, verletzt oder hilfsbedürftig eingestuft wurden, das Schiff zu verlassen. Die anderen Männer sollten wieder weggebracht werden. Der Kapitän widersetzte sich der Anweisung - nach einer Intervention des Gesundheitsamtes durften dann alle Menschen an Land gehen.
Italiens ultrarechte Ministerpräsidentin Giorgio Meloni kündigte danach an, dass es «neue Maßnahmen» gegen private Seenotretter geben werde. Details dazu wurden bislang nicht bekannt. Möglicherweise will Rom mit Geldstrafen gegen Retterschiffe vorgehen. «Wir müssen jetzt schauen, was uns erwartet», sagte Schauseil dazu und kündigte an: «Wir gehen vorerst so vor wie in der Vergangenheit auch.» Das heißt, SOS Humanity will Flüchtlinge und Migranten in Not von kleineren Booten an Bord holen und dann wie üblich in Malta und Italien um die Zuweisung eines sicheren Hafens bitten.
Malta antwortet nach Auskunft der Retter schon seit langem nicht mehr auf entsprechende Ansuchen, und Italien verweigerte jüngst der «Ocean Viking» einen Hafen, so dass diese nach Frankreich weiter fuhr. Das hatte zu diplomatischen Verwerfungen zwischen Rom und Paris geführt.
SOS Humanity blickt gespannt auf ein Treffen der EU-Innenminister Ende der nächsten Woche in Brüssel. Italien will die anderen Staaten der Union überzeugen, die Verteilung der Bootsmigranten besser zu organisieren. Die NGO kritisiert einen Aktionsplan der EU-Kommission, der «weiter auf eine Politik der Migrationsabwehr» setze.