Nach Protest in Unterwäsche: Studentin bei Familie

Iranische Mittelstreckenraketen
Iranische Mittelstreckenraketen "Nazeat" werden während der jährlichen Feier zum Tag der Armee in einer Militärbasis in Teheran. Foto: EPA-EFE/Abedin Taherkenareh

TEHERAN: Eine iranische Studentin hatte sich aus Protest entkleidet, der Fall bekam internationale Aufmerksamkeit. Nach gut zwei Wochen unter staatlicher Aufsicht soll sie nun wieder bei ihrer Familie sein.

Eine iranische Studentin, die sich aus Protest an ihrer Universität entkleidet hatte, ist nach Angaben der Justiz wieder bei ihrer Familie. Ministeriumssprecher Asghar Dschahangir erklärte laut iranischen Medienberichten, die Frau sei in die Obhut ihrer Angehörigen übergeben worden, «da festgestellt wurde, dass sie krank war».

Die junge Frau wurde vor rund zwei Wochen festgenommen und laut der Regierung in eine psychiatrische Klinik gebracht. Zuvor hatte die Studentin sich nach einem mutmaßlichen Zusammenstoß mit Ordnungskräften am Randes des Campus bis auf die Unterwäsche ausgezogen. Der Fall an der Asad-Universität, die eigentlich für einen lockeren Umgang mit den strengen Kleidungsregeln bekannt ist, verbreitete sich rasch in den sozialen Medien und wurde als Protest gegen die islamischen Kleidungsvorschriften gedeutet.

Regierungsnahe Medien hingegen behaupteten, die Frau leide an psychischen Problemen, und forderten, ihre Privatsphäre zu respektieren. Aktivisten wiesen diese Darstellung zurück.

Ziviler Ungehorsam für viele Frauen inzwischen Alltag

Was genau auf dem Campus geschah, bevor sie sich auszog, ist bis heute unklar und lässt sich nicht genau rekonstruieren. In der Islamischen Republik Iran gelten strenge Kleidungsvorschriften, die von der jungen Generation zunehmend offensiv ignoriert werden. Ihre Einhaltung wird zudem von sogenannten Sittenwächtern überprüft.

Seit den landesweiten Protesten im Herbst 2022 widersetzen sich viele Frauen in den Metropolen etwa der Kopftuchpflicht. Ein Fall wie dieser, bei dem sich eine Frau bis auf die Unterwäsche entkleidet, war bislang nicht bekannt.

Irans berüchtigte Sittenwächter hatten zu Jahresbeginn ihre Patrouillen in den Großstädten wieder verstärkt. In mehreren Fällen wurde von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die sich den Kontrollen widersetzten, sowie von Festnahmen berichtet.

Der neue, konservativ-moderate Präsident Massud Peseschkian hatte im Wahlkampf versprochen, dieses Thema anzugehen. Kritikern zufolge hat sich der Kurs der Polizei jedoch bislang kaum verändert. Die Kopftuchpflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik.

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