Bundestag will Grundrente verabschieden

​Nach langem Ringen

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Groehe hält eine Rede während einer Sitzung des Deutschen Bundestages in Berlin. Archivfoto: epa/Filip Singer
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Groehe hält eine Rede während einer Sitzung des Deutschen Bundestages in Berlin. Archivfoto: epa/Filip Singer

BERLIN: Lange hat die große Koalition um die Grundrente gerungen. Am Donnerstag soll sie nun im Bundestag verabschiedet werden. Kritik daran gibt es aber nach wie vor.

Politiker der großen Koalition haben vor der entscheidenden Abstimmung im Bundestag an diesem Donnerstag die Einführung der Grundrente verteidigt. Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sieht darin einen wichtigen Baustein im Kampf gegen Altersarmut, die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast einen «einen guten Tag für Gerechtigkeit und die Anerkennung von Lebensleistung». Kritik kommt aus der Opposition.

Der Bundestag will die Grundrente nach langem koalitionsinternen Streit am Donnerstag verabschieden. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2021 starten. Die Renten von rund 1,3 Millionen Menschen mit kleinen Bezügen sollen damit aufgebessert werden. Sie müssen aber mindestens 33 Jahre Beiträge eingezahlt haben. In der Union gab es bis zuletzt Kritik an der Finanzierung der auf 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro geschätzten Kosten pro Jahr. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wollte dafür eine Finanztransaktionssteuer einsetzen. Die ist aber nicht in Sicht. Jetzt kommt das Geld aus dem Bundeshaushalt.

Gröhe sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Grundrente sei eingebunden in eine armutsbekämpfende Rentenpolitik insgesamt, zu der in der Vergangenheit auch schon Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente gehört hätten. Das Wichtigste sei, dass die Finanzierung nicht über eine Beitragserhöhung komme. Finanzminister Scholz habe die Debatte mit markigen Worten begleitet, dann aber bei der Finanztransaktionssteuer nicht geliefert, so Gröhe. «Aber darunter sollen die Rentnerinnen und Rentner mit kleiner Rente nicht leiden», sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete.

«Für Menschen, die jeden Cent und Euro umdrehen müssen, ist die Grundrente wirklich eine deutliche Verbesserung», lobte Gröhe. Eine Höherstufung gebe es unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nur, wenn wirklicher Bedarf festgestellt werde. «Deswegen haben wir Vorschläge der Sozialdemokratie, gleichsam alle niedrigen Renten mit der Gießkanne aufzustocken, abgelehnt.»

SPD-Fraktionsvize Mast sagte der dpa, es seien vor allem Frauen, die von der Grundrente profitierten und Menschen in den östlichen Bundesländern. «Das war ein dickes politisches Brett. Lange hat sich die Union gesträubt. Sie springt auf den Zug auf - den Weg haben wir Sozialdemokraten geebnet.»

Lob kam auch von Gewerkschaften. «Mit der Grundrente wird die Lebensleistung von 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentnern endlich anerkannt. Nach 35 Arbeitsjahren darf niemand zum Bittsteller beim Sozialamt werden», so IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Die Ursache für Altersarmut werde die Grundrente aber nicht beseitigen können, nämlich niedrige Löhne.

Der FDP-Arbeitsmarktpolitiker Johannes Vogel hielt der großen Koalition dagegen vor, mit ihrem Grundrentenmodell nur wenig gegen Altersarmut ausrichten zu können. Es sei nicht zielgenau, habe kein vernünftiges Finanzierungsmodell und berge zahlreiche neue Ungerechtigkeiten, sagte Vogel der dpa. Er fügte hinzu: «Dafür das Zehnfache an Verwaltungsausgaben gegenüber sonstigen Rentenleistungen und eine komplett verzögerte Auszahlung - das ist die traurige Bilanz bei dieser eigentlich so wichtigen Aufgabe.»

Vogel kritisierte, mit dem vorgelegten Grundrentenmodell hätten CDU, CSU und SPD kein gemeinsames Ziel verfolgt. «Am Ende waren parteitaktische Manöver wichtiger als die bestmögliche Lösung in der Sache gegen Altersarmut - leider.» Die Union habe das Thema nun vor den Sommerinterviews abräumen wollen.

Nach dem Modell der FDP, das am Donnerstag ebenfalls zur Abstimmung im Bundestag steht, habe der, der «gearbeitet und eingezahlt hat, dort immer mehr als die Grundsicherung und immer mehr, als wer das nicht oder weniger getan hat. Gleichzeitig muss niemand im Alter aufs Sozialamt. Das wäre fair, zielgenau und finanzierbar.»

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