Nach Fidel, mit Trump: Neue Eiszeit für Kuba und die USA?

Foto: epa/Orlando Barria
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HAVANNA/WASHINGTON (dpa) - Fidel Castro ist tot - und Donald Trump wird US-Präsident. Einige US-Unternehmen machen bereits Geschäfte mit Kuba, ihnen winkt großes Potenzial. Was wird nun mit dem zarten Pflänzchen der Annäherung?

Mit Hotels haben vermögende US-Bürger auf Kuba keine gute Erfahrungen gemacht. Conrad Hilton eröffnete 1958 das Havana Hilton, damals das größte Hotel in Kuba. Dann zogen 1959 die Revolutionäre in der Stadt ein, angeführt von Fidel Castro. Das Hotel wurde verstaatlicht und wurde zum berühmten Habana Libre.

Es ist ein Symbol der von Diktatur und US-Einfluss «befreiten» Karibikinsel. In der weitläufigen Eingangshalle spielt abends eine Son-Kapelle, Touristen mit größerem Geldbeutel nippen am Mojito. Der Tourismus ist einer der wichtigsten Devisenbringer. Eine Öffnung hätte riesiges Potenzial: Traumstrände en masse, Musik, morbider Charme, Revolutionsromantik, herzensgute Menschen, viel Schönheit.

Auch Donald Trump wurden Hotelpläne für Kuba nachgesagt. Jetzt wird er der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Nachdem nun Fidel Castro (Trump: «Ein brutaler Diktator») beigesetzt worden ist, stellt sich die Frage: Wie weiter, zurück zur Eiszeit?

Ende November twitterte Trump gewohnt markig: Wenn Kuba keinen besseren «Deal» für seine Leute und die USA mache, werde er den bestehenden aufkündigen. Nur - es gibt keinen einen «Deal». Was es gibt, ist ein diplomatischer Prozess mit Dutzenden einzelner Themen und Gesprächsfäden. Wo der designierte Präsident Trump sich in diesem komplexen Gewebe im Einzelnen sieht, ist nicht hinterlegt.

2015 hatte Barack Obama neue Regeln in Kraft gesetzt, die US-Unternehmen Geschäfte mit Kuba und das Reisen erleichtern. Die freiere US-Politik gegenüber Kuba ist im außenpolitischen Vermächtnis Obamas einer der wichtigsten, über Jahre verhandelten Ecksteine.

Trump könnte all das mit einem Federstrich beenden. Flugverkehr, Handel, Banken, Postwesen: Die Veränderungen in den Beziehungen der einstigen Erzfeinde hat Obama samt und sonders per präsidialem Dekret verfügt, ohne Gesetzgebungsverfahren. Trump ist daran nicht gebunden.

Einige Beispiele der Annäherung: Ende November landete als erste Direktverbindung seit mehr als 50 Jahren ein American-Airlines-Flug in Havanna. 13 US-Airlines haben Anträge auf Flüge nach Kuba gestellt. AirBnB, Vermittler von Privatunterkünften, darf Zimmer an Touristen aus aller Welt und US-Bürger mit einer Reiseerlaubnis für Kuba vermitteln. Das US-Kreuzfahrtunternehmen Carnival steuert Kuba seit diesem Jahr an, General Electric kooperiert mit Kubas Regierung in den Bereichen Luftfahrt, Gesundheitsvorsorge und Energie. Und die Hotelkonzerne Marriott und Starwood dürfen ein paar Hotels betreiben.

Das Agrarunternehmen Cleber soll in Kuba sogar die erste US-Fabrik seit der Revolution 1959 bauen, für Traktoren. Castros Bruder Raúl, ein Pragmatiker, wird den Kurs behutsam fortsetzen. Namhafter Besuch auch aus Europa war zuletzt hier, Obama ging sogar in einem der vielen neuen Privat-Restaurants essen - und war ganz angetan. Unter Raúl Castro wurden viele Lizenzen verteilt, die Bürger machen nun erstmals richtig Geld, die Küche ist sehr gut und kreativ.

Aber: Es dürfen sich keine Ketten bilden, daher wird es auch so etwas wie McDonalds hier vorerst nicht geben. Mehr als 1700 der sogenannten Paladares soll es schon geben, dazu viele Bohème-Bars, ein bisschen Berlin der 80er Jahre. Und immer mehr Privatunterkünfte. Zugleich ist die Regierung des sozialistischen Karibikstaats bemüht, dass der wirtschaftliche Erfolg Einzelner nicht zu sozialen Spannungen führt. Der durchschnittliche Monatslohn beträgt gerade einmal 20 US-Dollar.

Neben den Bürgern wittern gerade ausländische Unternehmen das große Geschäft, ein neues El Dorado? Autokonzerne machen Werbeshows, auch Chanel-Modeschauen gab es zuletzt in Havanna.

Das Verhältnis zu den USA ist sehr sensibel, historisch belastet durch die US-Hegemonie bis zur Revolution. Ein zu markiger Trump könnte rasch zurück in die Konfrontation führen.

Ende 2015 war Trump mit der Öffnung gegenüber Kuba noch einverstanden gewesen, sagte zur Blockade: «50 Jahre sind genug». Dann wurden im Wahlkampf die Umfragen unter Floridas wichtigen Latinos und Exilkubanern enger, und Trump erweiterte seine Haltung.

Über die Aufhebung des Embargos kann einzig der US-Kongress entscheiden. Das wird auf Sicht unter den Republikanern nicht passieren. Kuba-Hardliner wie die Senatoren Ted Cruz und Marco Rubio führen das Wort. Auch die Ernennung des Kuba-Falken Mauricio Claver-Carone in Trumps Übergangsteam ist für alle Freunde der Annäherung eine schlechte Nachricht. Ähnlich hart ticken Stabschef Reince Priebus und der nächste CIA-Chef Mike Pompeo.

Trump kann den Flugverkehr einstellen lassen, er kann die mit viel Trara eröffnete US-Botschaft in Havanna wieder schließen und die Insel zurück auf die Terrorliste setzen lassen. Think Tanks in Washington erwarten aber eher, dass Trump verhandeln wird.

Eric Olsen vom Wilson Center glaubt, dass im kommenden Präsidenten bei Kuba auch der Geschäftsmann durchschlagen wird. John Kavulich vom US-Cuba Trade and Economic Council vermutet, Trump werde jede Änderung an härtere Bedingungen knüpfen als Obama.

Die Wissenschaftler rechnen auch mit einer beidseitigen Abkühlung des Verhältnisses, sprechen wie Roger Noriega vom American Enterprise Institute von einer neuen Eiszeit. Das Brookings-Institut geht von einer Phase distanzierten Abtastens aus.

Kavulich hält aber Gerüchte, Trump wolle die Karibikinsel mit seinen Hotels und Golfplätzen beglücken, für dummes Zeug. Weder gebe es die nötige Infrastruktur, noch ein Trump'sches Zielpublikum: keine Geld-Elite, kein Reibach.

63 Prozent der Amerikaner haben in einer Umfrage die Öffnung gen Kuba begrüßt. Nur 28 Prozent sind dagegen.

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