Nach der Landtagswahl in Bayern

 Foto: Orlando Bellini / Fotolia.com
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Wie in dieser Kolumne eine Ausgabe vor der Wahl prognostiziert, haben CSU und SPD ca. jeweils 10 Prozent-Punkte eingebüßt und Grüne sowie AfD entsprechend hinzugewonnen. So weit so klar und auch nicht wirklich schwierig vorauszusehen. Welche weiteren Schlussfolgerungen lassen sich aber aus dem Endergebnis der Wahlen ziehen?

Zunächst fällt auf, dass der konservative Block insgesamt stabil ist. CSU, Freie Wähler, AfD und FDP kommen insgesamt auf satte 64,1 Prozent, Grüne und SPD auf insgesamt nur 27,2 Prozent.

Betrachtet man die letzten Monate oder gar Jahre, fällt auf, dass es die CSU ihren Mitbewerbern leicht gemacht hat, Wähler abzuwerben. Themen wie explodierende Mieten in Ballungszentren oder Digitalisierung, die den Menschen auf den Nägeln brannten, wurden weitgehend ignoriert, dafür beschäftigte sich das Spitzenpersonal mit Nebenkriegsschauplätzen wie Autobahnmaut oder Herdprämie. Die Quittung dafür spiegelt sich in der Wählerwanderung wider. Die CSU hat von 530.000 verlorenen Stimmen immerhin 360.000 an andere konservative Parteien verloren. Dies zeigt einerseits, wie unzufrieden manche CSU Stammwähler mit ihrer Partei dieser Tage waren, bietet allerdings andererseits die Chance, diese Wähler bei entsprechenden Kurskorrekturen zurückzugewinnen. Auffallend auch, dass die Katastrophe für die CSU auch deshalb ausgeblieben ist, da 370.000 Stimmen von der SPD bzw. aus dem Lager der Nichtwähler hinzugewonnen werden konnten. Bei der SPD hingegen ist die Lage fatal. Die Partei hat an alle anderen abgegeben und aus keinem einzigen Lager hinzugewonnen. So etwas kommt nur selten vor und bedarf weiterer Reflexion als eigenständiges Thema.

Für die CSU hingegen kann festgestellt werden, dass die gegenwärtigen Probleme weitgehend hausgemacht sind. Während die CSU in der Vergangenheit gut beraten war sich voll auf das konservative Lager inklusive liberal denkender Wähler zu beschränken und keine demokratisch legitimierte Partei rechts von sich aufkommen zu lassen, versuchte man diesmal sowohl rechts als auch links zu fischen. Dieser strategische Ansatz ging gründlich schief. Das Dauergestänker von Bundesinnenminis­ter Seehofer in der Regierung in Berlin in den letzten Monaten ohne sichtbare Ergebnisse bei Sachthemen, besorgten den Rest. Vor allem die Stammwähler der CSU entwickelten Zweifel mit Blick auf ihr politisches Spitzenpersonal. Zu Recht. Bei allem, was die CSU in den letzten Jahrzehnten unbestritten für Bayern geleistet hat, scheint man derzeit das Gefühl dafür verloren zu haben, welche Themen die Menschen im Lande bewegen.

Arroganz der Macht überwinden

Auffallend ist derzeit nicht nur in Bayern, sondern im gesamten Bundesgebiet, dass die politische Streitkultur – vorsichtig ausgedrückt – immer mehr zu wünschen übriglässt. Im Wahlkampf in Bayern wurden noch nie so viele Wahlplakate wie im Jahr 2018 zerstört. Im Hambacher Forst in NRW, wo Demonstranten gegen Rodung und Braunkohleabbau kämpfen, twitterte die Grünen-Fraktionschefin in NRW „Ob Nazis oder Kohle – Braun ist immer Scheiße“. Dieses Beispiel ist symptomatisch für viele Linke, die der Versuchung nicht widerstehen können, alle politisch Andersdenkenden als Nazis zu diffamieren. Leider begreifen sie nicht, dass eine bewusste falsche Nutzung von Begriffen nur dem politischen Gegner nutzt und genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie eigentlich erreichen möchten. Der Wähler erwartet von verantwortlichen Politikern Lösungen, nicht ausschließlich blindes und einfältiges Lagerdenken, wie wir es seit mindestens zwei Jahrzehnten bei den Noch-Volksparteien erleben. Der CSU-Führungsnachwuchs scheitert oft auch daran, weil sie sich – sogar laut – fragen, was Franz Josef Strauß in der gegenwärtigen Situation gemacht hätte. Dieser Ansatz hilft allerdings nicht weiter, da der Mann seit 30 Jahren tot ist und die Welt, in der wir heute leben mit der Bundesrepublik der 1970er und 1980er Jahre nicht mehr viel zu tun. Für die CSU muss themenunabhängig klar sein, dass es höchste Zeit ist, die Arroganz der Macht zu überwinden und die bayrischen WählerInnen wieder durch Leistung und Ergebnisse zu überzeugen.

Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hongkong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting-Haus, lebt und arbeitet in Hua Hin, Bangkok und Hongkong. Die Kolumne Nachgefragt“ beschäftigt sich vorwiegend mit aktuellen ökonomischen Fragestellungen, die es verdienen, etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden.

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