Wettbewerb in Simbabwe

Nach Aus von legendärem Tauben-Rennen 

Foto: Privat/Reinhard Gebhardt/dpa
Foto: Privat/Reinhard Gebhardt/dpa

JOHANNESBURG: Sie gelten als die «Rennpferde des kleinen Mannes». Brieftauben sind schnell und haben einen sagenhaften Orientierungssinn. In Südafrika flogen sie beim legendären Millionen-Dollar-Rennen jahrelang um die Wette, bis es Corona zum Opfer fiel. Nun gibt es ein neues Mekka.

«Das größte Taubenrennen der Welt ist Vergangenheit - nun starten wir einen Nachfolger», sagt Charl Stander. Beim legendären «Million Dollar Pigeon Race» in Südafrika hatte er zuletzt 2018 die Siegertaube gestellt. Nach dem durch Corona-Restriktionen befeuerten Aus gilt nun eine Veranstaltung an den weltberühmten Victoria-Wasserfällen als neues Mekka - 7500 Tauben aus aller Welt wurden gemeldet fürs große, flatternde Stelldichein, bei dem 1,25 Millionen US-Dollar Preisgelder winken. Schon seit Wochen finden die Trainingsflüge über zunehmend größere Distanzen statt - diesmal sogar mit GPS-Tracker-Ringen an den Füßen der Tiere. Doch auch in Südafrika wird an einem Nachfolge-Modell gearbeitet.

Brieftauben sind in der Lage, anscheinend von überall zum heimischen Schlag zu finden. Wissenschaftler rätseln noch, ob Erdmagnetismus oder Sonneneinstrahlung da eine Rolle spielen. Halter züchten die Tiere speziell auf Leistung und bereiten sie auf eine Schnellflugkarriere vor.

Das Rennen in Südafrika galt bisher als wichtigster Wettbewerb für Brieftauben weltweit. Bei den zunehmend durch Tierschützer kritisierten Wettbewerben wird in zahlreichen Qualifizierungsrennen eine Auswahl getroffen - nur die leistungsstärksten Tiere gehen dann ins oft mehr als 540 Kilometer lange Finale. Was aus Sicht der Tierschützer an Ausbeutung grenzt, bei der viele Tauben verenden, ist hochlukrativ. Wer hier als Züchter die Nase vorne hatte, konnte bei den anschließenden Auktionen der Tiere mit hohen Erlösen punkten.

Der Fokus hat sich jedoch erst einmal in Südafrikas Nachbarstaat Simbabwe verschoben, an dessen Grenzfluss Sambesi das «Victoria Falls Pigeon Race» zum fünften Mal ausgetragen wird. Ende Juli steht das große Finale mit der Sieger-Kür an. «Wir haben diesmal mit 848 Tauben ein großes Aufgebot aus Deutschland», sagt Renn-Begründer Geoff Armand. Kuwait und die USA stellen jedoch die meisten Tiere unter den Teilnehmern aus insgesamt 40 Nationen. Nachdem im Vorjahr Corona-bedingt keine Züchter anreisten, füllen sich die Lodges am Sambesi nun wieder. «Die internationalen Touristen kehren zurück - vor allem aus den USA und aus Nahost», sagt Armand.

Die traditionell stark vertretenen Deutschen waren beim Rennen in Südafrika oft in der Spitzengruppe - wie der Züchter Reinhard Gebhardt aus Erlangen, dem der zweite Platz mit seiner Renntaube «Second Chance» damals 100.000 Dollar bescherte. «Am Sambesi bin ich diesmal auch vertreten», sagt Gebhardt und betont: «Das Million Dollar Pigeon Race gibt es ja leider nicht mehr - das war für mich stets das Größte.»

In Südafrika wird derweil an einem neuen Wettbewerbs-Format gearbeitet, das die Welt der Taubenzüchter ab Juli kommenden Jahres auf den Kopf stellen soll: «Afrikapro» - ein Wettrennen, hinter dem auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa steckt. «Der GrandSlam des Tauben-Rennsports», heißt es in der Ankündigung vollmundig. «Ich denke, es wird das Großereignis der Branche schlechthin werden», sagt Organisator Willie Steenkamp mit Hinweis auf das neuartige Konzept.

Renndirektor Hendrik von Wielligh ist auf Prestige aus und will auf Ramaphosas Wildtier-Farm Pahla-Pahla «den größten Taubenschlag der westlichen Welt» etablieren. Weniger Tauben sollen dort mehr Platz erhalten, und gestartet werden darf nur mit einem einzigen Team pro Teilnehmer. Analog zum Modell der Tour de France soll es ab dem 17. Juli 2022 mehrere Etappen sowie Zeitrennen, aber auch eine Art Nationen-Cup geben.

Die Taubenzucht erfreut sich währenddessen in mittel- und osteuropäischen Ländern wie Polen, Rumänien oder Bulgarien großer Beliebtheit. In China sind Tauben Statussymbol und Geldanlage zugleich. In Deutschland dagegen gibt es Nachwuchssorgen. Der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter schätzte die Zahl der Züchter vor der Corona-Pandemie auf 31.000 - zu Boomzeiten lag sie mit der Hochburg Ruhrgebiet jenseits der 100.000er-Marke.

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