Israel kündigt entschlossenes Vorgehen an

​Nach Anschlag auf Synagoge 

Rettungsdienste arbeiten am Tatort einer Schießerei in einer Synagoge im Stadtteil Neve Yaakov in Jerusalem. Foto: epa/Atef Safadi
Rettungsdienste arbeiten am Tatort einer Schießerei in einer Synagoge im Stadtteil Neve Yaakov in Jerusalem. Foto: epa/Atef Safadi

JERUSALEM: Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten ist seit Tagen extrem angespannt. Nun erlebt Israel einen der schwersten Anschläge seit Jahren - und bereitet sich auf eine weitere Eskalation vor.

Nach einem Anschlag auf Besucher einer Synagoge in Ost-Jerusalem mit sieben Toten hat Israel ein konsequentes Vorgehen angekündigt. Die Sicherheitskräfte würden «entschlossen und energisch gegen den Terror handeln und jeden Beteiligten an dem Anschlag erreichen», teilte der israelische Verteidigungsminister Joav Galant am späten Freitagabend mit. Sicherheitskräfte in Jerusalem und im Westjordanland seien bereits verstärkt worden.

Ein Angreifer hatte am Abend des internationalen Holocaust-Gedenktags das Feuer auf Menschen eröffnet, die nach dem Schabbat-Gebet gerade eine Synagoge verließen. Sieben Menschen starben bei dem Vorfall in der israelischen Siedlung Neve Yaakov, drei weitere wurden verletzt. Ihr Zustand ist nach Krankenhausangaben stabil.

Der Attentäter wurde bei seiner versuchten Flucht erschossen, wie die Polizei mitteilte. Nach ersten Erkenntnissen handelte es sich um einen 21-Jährigen aus Ost-Jerusalem. Demnach habe er allein gehandelt. Die Ermittlungen dauerten jedoch an, hieß es in der Nacht.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief am Abend vor Ort die Bevölkerung dazu auf, das Gesetz nicht in die eigenen Hände zu nehmen. «Dafür haben wir eine Armee und eine Polizei, die vom Kabinett Anweisungen erhalten». Das Sicherheitskabinett sei demnach für Samstagabend einberufen worden. «Wir werden entschlossen und ruhig handeln.» Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir forderte derweil, Bürger «besser zu bewaffnen, um solche Anschläge zu vermeiden».

Jerusalem war in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Schauplatz schwerer Anschläge gewesen - insbesondere während des zweiten Palästinenseraufstandes Intifada zwischen 2000 und 2005. Im vergangenen November waren bei Bombenanschlägen an zwei Bushaltestellen ein Jugendlicher getötet und mindestens 18 weitere Menschen verletzt worden.

International sorgte die Tat vom Freitagabend für Entsetzen. Die US-Regierung sei «schockiert und traurig» über den Verlust der Menschenleben, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. «Unsere Gedanken sind nach der Terrorattacke in Jerusalem bei den Menschen in Israel», schrieb US-Außenminister Antony Blinken bei Twitter.

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Anschlag nach Angaben seines Sprechers scharf. Guterres sei «zutiefst besorgt über die derzeitige Eskalation der Gewalt in Israel und im besetzten Palästinensergebiet.»

Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, sprach von einem «bösen Terrorakt gegen Juden am Holocaust-Gedenktag». «Mein Mitgefühl gilt den Familien der ermordeten Opfer, und ich bete für die Gesundheit der Verletzten», schrieb er auf Twitter.

Der Angriff auf Zivilisten zur Zeit des Gebets und am Tag des internationalen Gedenkens an die Opfer des Holocaust sei besonders verabscheuungswürdig, teilte das französische Außenministerium mit. Der britische Außenminister James Cleverly sagte Israel Beistand zu. «Am Holocaust-Gedenktag Gläubige vor einer Synagoge anzugreifen, und das während des Schabbat, ist furchtbar», schrieb er am Freitagabend bei Twitter. «Wir stehen unseren israelischen Freunden bei.»

Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet.

Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland reagierten mit Freudenfeiern auf den Terroranschlag. Augenzeugen berichteten, wie Militante am Freitagabend in die Luft schossen und auf die Straßen strömten. Ein Sprecher der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas erklärte, bei dem Anschlag handele es sich um «eine Vergeltung für den Überfall der israelischen Armee auf das Flüchtlingslager Dschenin».

Am Tag zuvor war es an mehreren Orten im Westjordanland zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen. Auslöser war eine Razzia in Dschenin, bei der sich israelische Soldaten mit militanten Palästinensern ein Feuergefecht lieferten. Neun Menschen wurden dabei getötet, darunter mehrere Mitglieder der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad.

Israel hatte 1967 das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.

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