Moskau warnt USA im Streit über Rüstungsvertrag

Foto: epa/Sergei Ilnitsky
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BRÜSSEL/MOSKAU (dpa) - Machen die USA ernst und steigen aus einem wichtigen Rüstungsabkommen aus? Sollte es soweit kommen, will der Kreml entsprechend reagieren. Beide Seite reden miteinander, immerhin. Doch mit welchem Ergebnis?

Russland warnt angesichts des angekündigten Ausstiegs der USA aus einem wichtigen Abrüstungsabkommen vor globalen Sicherheitsrisiken. Der amerikanische Präsident Donald Trump mache die Welt mit der geplanten Kündigung des INF-Vertrags deutlich gefährlicher, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau. Der Vertraute von Präsident Wladimir Putin betonte, Russland halte sich seinerseits genau an die Vereinbarungen. Doch müsse sein Land im Fall eines einseitigen Rückzugs der USA «nach einer Wiederherstellung des Gleichgewichts in diesem Bereich suchen».

Das Abkommen aus dem Jahr 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion untersagt den Bau und Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Raketen oder Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern. Die USA und Russland werfen sich gegenseitig vor, den Vertrag gebrochen zu haben.

Trumps Sicherheitsberater John Bolton führte am Montag Gespräche in der russischen Hauptstadt; er wollte über den Ausstieg reden.

Peskow warnte, dass die USA nach einem Ausstieg aus dem INF-Vertrag genau die Waffensysteme entwickeln wollten, die durch das Abkommen verboten werden. Schon jetzt verletzten die USA das Abkommen selbst seit Jahren systematisch, zum Beispiel mit der Entwicklung raketenbestückter Drohnen. Im Falle eines Ausstiegs aus dem Vertrag müsse Russland Maßnahmen ergreifen, um seine eigene Sicherheit zu garantieren, betonte er.

Außenminister Sergej Lawrow betonte, Moskau sei noch immer zu einem Dialog mit Washington bereit. Bislang gebe es aber noch keine öffentliche Erklärung zu dem Ausstieg, der mehrere Monate Vorbereitungszeit benötige, sagte der Chefdiplomat vor einem geplanten Treffen mit Bolton.

Am Nachmittag traf sich der US-Sicherheitsberater zunächst mit seinem russischen Kollegen Nikolai Patruschew in Moskau. Details wurden zunächst nicht bekannt. Ob Bolton bei dem zweitägigen Besuch auch mit Präsident Wladimir Putin spricht, blieb ebenfalls unklar.

Trump hatte am Wochenende gesagt, seine Regierung werde die derzeit verbotenen Waffen bauen, sollten Russland und auch China nicht einem neuen Abkommen dazu zustimmen. Die USA stören sich daran, dass das Abkommen sie hindert, dem Aufrüsten Chinas etwas entgegenzusetzen, weil es nicht Vertragspartner ist.

Die USA wollen die Nato-Partner im Laufe der Woche offiziell über ihre Pläne informieren. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen soll die Unterrichtung im Rahmen einer Sitzung des Nordatlantikrats erfolgen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte eine Mitsprache aller Nato-Staaten. «Für uns Europäer ist der INF-Vertrag ein Kernelement unserer Sicherheit und deshalb muss es jetzt auch darum gehen, Wege aufzuzeigen, wie diese Sicherheit erhalten werden kann», sagte die Ministerin vor Journalisten. Bei einem Besuch in Peking nannte sie die Entwicklung zugleich «besorgniserregend», auch wenn sie sich schon abgezeichnet habe. Bereits im Sommer habe es beim Nato-Gipfel «erhebliche Zweifel» an der Vertragstreue der Russen gegeben.

Die EU-Kommission verlangte, die USA und Russland müssten weiterhin einen konstruktiven Dialog führen, «um das Abkommen beizubehalten und seine vollständige und nachweisliche Umsetzung sicherzustellen». Es habe zum Ende des Kalten Kriegs und des nuklearen Wettlaufs beigetragen, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel. Sie bezeichnete das Abkommen als «Meilenstein der europäischen Sicherheit».

Unterdessen äußerte China Kritik am Vorgehen der USA. Die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunyin, wies auch die amerikanische Darstellung zurück, dass Chinas Aufrüstung etwas damit zu tun habe. «Es ist völlig falsch, China in den Rückzug aus dem Vertrag zu involvieren.» Der Vertrag zwischen den USA und Russland sei ein wichtiges Abrüstungsabkommen und habe eine große Rolle gespielt, das strategische Gleichgewicht zu wahren.

Eine einseitige Abkehr der USA werde «viele negative Auswirkungen» haben, sagte die Sprecherin. Die USA sollten vorsichtig mit diesem Vertrag umgehen.

Die Grünen forderten als Konsequenz den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. «Die Bundesregierung, wenn sie jetzt hier ihre Appelle an die US-Regierung ernst meint, muss jetzt sagen: Wir beenden die deutsche nukleare Teilhabe», sagte die Parteivorsitzende Annalena Baerbock im ZDF-«Morgenmagazin». Es sei «absolut fatal», dass Trump aus dem sogenannten INF-Vertrag aussteigen wolle.

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