Mit Geisterjägern unterwegs in Bangkok

Zwischen uralten Traditionen und modernen Technologien

Hobby-Geisterjäger inspizieren mit Stimmenrekordern und Nachtsichtkameras ein verlassenes Haus in Bangkok. Foto: dpa
Hobby-Geisterjäger inspizieren mit Stimmenrekordern und Nachtsichtkameras ein verlassenes Haus in Bangkok. Foto: dpa

BANGKOK: In Thailand sind die Geister los. Jedenfalls glauben das immer mehr junge Leute, die in ihrer Freizeit Jagd auf Gespenster machen. Aber nicht alle befürworten den Grusel-Trend: Vor allem buddhistische Mönche fordern mehr Respekt vor den Toten.

Das Haus ist seit 15 Jahren verlassen. Durch die zerborstenen Fensterscheiben pfeift der Wind, die Tapete bröckelt ab, der Fußboden hat Risse. Die Atmosphäre ist gruselig und düster, als liege ein Fluch über dem Gebäude. Aber genau das hat eine Gruppe thailändischer Studenten angelockt: Sie gehören einem Universitäts-Club von Geisterjägern an, die sich nachts rund um Bangkok mit Stimmenrekordern und Nachtsichtkameras ausgerüstet auf die Suche nach Wesen aus einer anderen Welt machen. „Das Haus ist unbewohnt, seit eine Frau hier Suizid begangen hat“, sagt die Studentin Aerin Sathiwong. Sie habe den Tod ihres Babys nicht verkraftet „und niemand wollte hier seither wohnen, weil es im Haus spukt.“

Erscheinungen und Geistergeschichten

Zusammen mit ihren Kommilitonen durchstreift Aerin das Gebäude. Mit Taschenlampen beleuchtet die Gruppe die Wände im Kinderzimmer und in dem Raum, in dem die Frau starb. Aerin und ihre Freunde sind in Thailand nicht allein unterwegs. Immer mehr Menschen von Chiang Mai bis Phuket interessieren sich für paranormale Phänomene und gründen Geisterjägerclubs, die im ganzen Land nach Spukgestalten suchen. Ihr Ziel: Der Wahrheit auf die Spur zu kommen - und vor allem bei ihrer ausgefallenen Freizeitbeschäftigung Spaß zu haben.

„Die Thailänder sind schon lange besessen von Geistergeschichten und Erscheinungen, aber erst seit fünf oder sechs Jahren gibt es diese Amateur-Teams, die auf Geis­terjagd gehen“, erklärt Kapol Thongplab, besser bekannt als „DJ Phong“. Kapol leitet die bekannte Radioshow „The Shock“ (Der Schock), bei der sich Zuhörer einwählen und live von ihren Geistergeschichten berichten können. Zudem geben sie Tipps, wo gerade Geisterjagden stattfinden. Jedoch sieht Kapol das neue „Hobby“ auch kritisch und bemängelt, dass manche der Geisterjäger sehr ehrfurchtslos vorgingen und keinen Respekt vor den Toten hätten.

„Wenn wir selbst ein Spukhaus aufsuchen, dann stellen wir immer sicher, dass wir Respekt zeigen, weil wir ja ein unbekanntes Wesen stören, das nicht weiß, ob wir in Frieden oder mit bösen Absichten kommen“, sagt er. Zudem sei stets die Polizei informiert, um Angriffen durch Diebe und Drogenabhängige vorzubeugen.

Vor allem ältere und tief im Buddhismus verwurzelte Menschen sind aber überhaupt nicht glücklich über den neuen Trend. Ihrem Glauben zufolge befinden sich Geister am Übergangspunkt zwischen diesem Leben und dem nächsten. „Geister sitzen sozusagen fest und können deshalb nicht wiedergeboren werden“, erklärt der buddhistische Mönch Luang Phee Phrom. „Oft haben sie etwas Unerledigtes zurückgelassen oder sie haben eine große Tragödie erlebt.“ Wenn er Exorzismus-Zeremonien vornehme, dann werde der Geist dabei nie zerstört, sondern er werde schlicht gebeten, das Haus zu verlassen und weiterzuziehen, betont der Mönch.

Geistervertreibung im Ministerium

Selbst das Kommunikationsministerium hatte vor einigen Jahren in seinem Sitz eine Zeremonie zur Geistervertreibung abgehalten. Ein Zeichen dafür, dass die thailändische Gesellschaft teilweise noch zwischen uralten Traditionen und dem modernen Technologiezeitalter steht. Beides in Einklang zu bringen gerät oft zum Balanceakt.

Respektvoller Umgang mit Geistern

„Es kommt immer zu Konflikten, wenn die alte Welt auf die neue prallt“, sagt die Anthropologin Parinya Laohateeranon. Thailand sei noch immer eine tief buddhistische und animistische Gesellschaft: „Wir sehen Geister in Bäumen, auf dem Land und als Schutzwesen für Häuser – sie respektlos zu behandeln, ist ein absolutes Tabu.“

Aerin und ihre Freunde tun Kritik und Warnungen als „übertriebene Sorge“ ab. „Wir sind ja nur hinter der Wahrheit her, und die Wahrheit hat noch nie jemandem geschadet“, sagen sie, während sie die Ausrüstung zusammenpa­cken. Der nächtliche Trip hat dem Team nicht viel gebracht, keiner der Teilnehmer hat eine Präsenz gespürt oder Übernatürliches entdeckt. Auf der langen Rückfahrt zum Campus in Bangkok hören die Geisterjäger die Aufnahmen des Stimmenrekorders ab. Nach minutenlanger Statik ist plötzlich ein fast unhörbares Geflüster zu vernehmen - und ein Laut, der an ein weinendes Baby erinnert.

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Chris Jomtien 31.05.21 02:10
Ghostbusters
Es ist völlig logisch das Aerin und ihre Freunde keinen Erfolg hatten.
Geister lassen sich nicht mit digitalen Kameras und elektronischen Recordern aufnehmen.
Es braucht dazu altmodische Filmplatten (daher gibt es nur unscharfe schwarz/weiß Bilder von Geistern) und ein mechanisches Tonaufzeichnungsgerät (vorzugsweise eine Photographenwalze). Die Tonaufnahmen muss man übrigens rückwärts abspielen, warum auch immer? ...

Dieser Beitrag ist natürlich nicht ernst gemeint, beruht aber auf fundiertes Wissen (aus alten Gruselfimen erworben).
Ingo Kerp 30.05.21 12:20
Es gibt kein Thema, egal wie abgedreht, für das sich nicht Interessenten finden lassen. Geisterjagd ist ein harmloses und keinen belästigendes Thema, insofern, viel Glück bei der Suche.