Mit 72 Jahren Papa in Thailand

Mit 72 Jahren Papa in Thailand

Wenn Werner aus Berlin, der jetzt schon seit 5 Jahren in Pattaya lebt, mit seiner Freundin Hand in Hand durch die Stadt spaziert, tuscheln viele Farangs hinter ihm her: „Halt sie bloß fest, sonst haut sie dir ab.“ Andere vermuten, dass sie seine Enkelin ist, aber die sind längst erwachsen und leben in Berlin. Inzwischen hat er seine Freundin geheiratet.

Der Altersunterschied beträgt 47 Jahre. Sie ist 25 Jahre alt, er 72. Und jetzt ist sie schon im 8. Monat von ihm schwanger. Ist das okay? Wird das Kind den Vater noch bewusst kennen lernen? Umgekehrt wäre das so gut wie unmöglich. Kaum eine Frau, die ihre Eier einfrieren ließ, kann so spät noch ein Baby bekommen. Allerdings soll es solche Fälle gegeben haben. Ich würde aber sagen, hier wird die Natur pervertiert.

So, inzwischen hat Werner sein Baby. Ich sehe ihn manchmal, wenn er den Kinderwagen durch die Stadt schiebt. Wie lange wird er die Entwicklung seines Kindes begleiten können? Sein gleichaltriger Nachbar, ein Deutscher, der ebenfalls ein Kleinkind hatte, ist vor einigen Monaten plötzlich verstorben. Seine knapp dreijährige Tochter wird sich später kaum an ihren Vater erinnern können. Auch Werner macht sich inzwischen Sorgen um seine Gesundheit. Bluthochdruck und Herzbeschwerden machen ihm jetzt schon das Leben schwer. Als ich ihn kennen lernte, das ist erst wenige Monate her, wirkte er schon etwas deprimiert. Ich fragte ihn, ob für den Fall seines Ablebens seine Familie versorgt sei. Er schaute mich einigermaßen verzweifelt an: „Sorry, ich bin jetzt schon am Rande meiner Existenz angekommen. Ohne mich wird meine Frau mit unserem Kind zu ihren Eltern in den Isaan zurück müssen.“ Keine so angenehme Aussicht.

Ich frage mich, warum so viele Senioren nach ihrem Berufsleben nach Thailand kommen und es nicht dabei belassen, eine beglückende Beziehung zu haben. Muss Opa jetzt auch noch ein Kind zeugen, dass eigentlich sein Urenkel ist? Für mich unverständlich. Aber trotzdem: Jeder soll leben wie er will.

Nach vielen Jahren in Thailand habe ich natürlich auch viele Einheimische kennen gelernt. Stets habe ich sie nach ihren Familiensituation gefragt. Dabei habe ich etliche junge Frauen und Männer getroffen, die ihren Vater nur von einem Foto kannten. Sie alle waren in einem Umfeld geboren, dass sie zwang, schon in jungen Jahren Geld für die Familie verdienen zu müssen. Der potente Vater hatte sich längst aus dem Staub gemacht.

Das ist sicher kein typisch thailändisches Problem. Überall kommt es vor, und wer davon betroffen ist, braucht sich über mangelnden Spott nicht zu beklagen. Übrigens hat auch Charly Chaplin noch als Opa Kinder gezeugt. Na und ? Die waren wenigs­tens versorgt.

Zurück zu Werner: Nach einer schweren Herzoperation ist er vor kurzem nach Deutschland zurückgekehrt. Seine Frau und das Baby leben jetzt wieder im Isaan. Werner ist jetzt 73 Jahre alt. In seiner Altersklasse laufen hier Tausende herum, die ständig darauf aus sind, die große Liebe zu finden. Ich gönne sie ihnen von Herzen und tue ihnen vielleicht Unrecht, wenn ich unterstelle, dass die gesuchte „große Liebe“ meistens darauf aus ist, an ihr Geld zu kommen. Wer sich auf eine Liebesbeziehung mit einem Menschen aus einem völlig anderen Kulturkreis einlässt, wird sich sicher irgendwann fragen müssen, ob sie beide das Gleiche meinen, wenn sie von Liebe sprechen. Klar, ich kenne auch Ausnahmen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Mein Sohn ist mit einer Thai verheiratet. Sie haben zusammen zwei Söhne, drei und sechs Jahre alt, leben in Deutschland und besuchen einmal jährlich mich und die Schwiegereltern. Das ist eine glückliche und harmonische Verbindung. Allerdings stammt die Schwiegertochter nicht aus dem Rotlichtmilieu. Sie ist Zahnärztin und wird demnächst auch in Deutschland wieder in ihrem alten Beruf arbeiten können.

Gerade wurde mir zugetragen, dass Werner in einem Berliner Krankenhaus auf der Intensivstation liegt und wahrscheinlich nicht überleben wird. Niemals wird er dann gehört haben, was meine Enkel mir beim Spiel im Pool ins Ohr flüsterten: „Opa, ich habe dich ganz lieb.“ Sie fahren wieder heim. Ich bleibe hier und höre das Gemecker der Farangs, denen hier nichts zu gefallen scheint. Warum leben sie hier? Warum nicht auf Mallorca, in der Türkei oder in Ägypten? Vorhin habe ich einen Satz von Friedrich Hebbel gelesen, der diese Kolumne zum richtigen Abschluss führt:

„Es gibt Leute, die nur aus einem Grund in jeder Suppe ein Haar finden, weil sie, wenn sie davor sitzen, solange den Kopf schütteln, bis eines hineinfällt“.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 07.05.17 22:50
Lieber Jack, es ist doch gar keine Frage,
dass in Thailand die importierten Waren teurer sind. Glücklicherweise bin ich in der Situation, alle Dinge, also auch die Lebensmittel, die ich benötige, zu kaufen, egal was sie kosten. Ich hoffe, Du nimmst mir nicht übel, dass ich die Einkommensverhältnisse der Einheimischen weder kenne, noch, dass die mich besonders interessieren. Ich kann damit leben, dass auch ich abgezockt werde.
Jürgen Franke 07.05.17 22:21
Lieber Reinhard, ich habe mich sehr lange mit
dem Thema: Leben in Thailand beschäftigen müssen, bevor wir endgültig ausgewandert sind. Es war auch nicht ganz einfach, ein geeignetes Objekt zu finden, das unseren Ansprüchen genügt. Für Rentner mit einer Durchschnittrente ist Thailand nun wirklich nicht zu empfehlen. Die Visabestimmungen sollten unbedingt eingehalten werden. Eine Auslandskrankenversicherung ist erforderlich, da die Höhe der Prämie vom Eintrittsalter abhängt.
Jack Norbert Kurt Leupi 07.05.17 22:20
Preise - Kostenfrage /Herr J.Franke
Geehrter Jürgen ,warum soll man die Preise nicht vergleichen , wenn es Leute gibt, die meinen ,es sei alles billig hier ! Zugegeben , das Fleisch ,das hier produziert wird , ist noch billig , gegenüber Europa ! Importware (Fleisch ,z.B. Lammfleisch oder Käse ) ist aber zu teuer , sozusagen Horrorpreise und wo die "Kröten" hingehen, wissen wir ja ! Dann die von Dir angesprochene und ausreichende Versicherung : ab 70 nimmt mich niemand mehr ! Und rechnet man mit dem Einkommen des Thai-Arbeiters ,um die 300 Bath täglich , was kann er damit kaufen ausser billigem Thai-Food ? Letzthin war ich in einer der ältesten AGOGO-Bar (1978) TQ ,da nehmen sie für das T-Shirt mit dem Logo 400 Bath /Caps 500 Bath ! Findest Du das als anständiger Preis oder reine Abzocke ? Ich bleibe dabei : überall Abzocke im grossen Stil ! MfG
Jürgen Franke 07.05.17 18:14
Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden,
wenn greise Männer noch das Bedürfnis haben, Kinder in die Welt zu setzen, sofern sie auch finanziell in der Lage sind, für den Unterhalt bis zum 18ten Lebensjahr des Kindes zu sorgen. Alles andere wäre unverantwortlich und fahrlässig gegenüber der Frau.
aurel aurelis 07.05.17 18:07
Schwer fällt es mir das Lamentieren mit
spitzer Feder nachzuvollziehen, auch das Lob darüber. Wenn schon das Schicksal der jungen Mutter im Isaan betrauert wird, könnten die Leser in Thailand ihr ja ein bisschen helfen. Rechtlich ist das Kind ja Deutsch! Den Verwandten der Hinterbliebenen der unglückseligen Familie aus Ravensburg wurde ja auch geholfen. Aber, es gibt unzählige verlassene Mütter mit Kindern in Thailand. Jeden Tag laufen Väter weg. Es ist bloß zu hoffen, dass die Militärs bald auch eine Unterhaltspflicht einführen. Ansonsten behindern diese Fluchväter nur die Adoption oder die Vaterschaftsanerkennung - welche problemlos möglich wäre - wenn kein Vater in der Geburtsurkunde steht.
aurel aurelis 07.05.17 17:09
Ce-eff Krüger hat wieder ein paar Mal
tief in die Suppe (siehe Hebbel) geschaut.
Sylvester 2016 wurde unser Sohn 3. Die Eingewöhnung in die Kita, vier Monate vorher machte ich. Mit Mama hätte es immer Trennungsdramen gegeben. Wollte er mittags nicht heim, war es nicht leicht ihn zappelnd zum Auto zu tragen. Raus aus der Familie tat ihm gut, förderte ihn und uns. Seit Januar geht er in den KiGa. Die Eingewöhnung machte wieder ich. Mit mir zur Friseurin geht auch ohne Tränen. Meine Frau wurde im Herbst 40, hat Töchter mit bald 22 und 15 in Thailand. Eine wird bald mit dem Studium fertig. Die andere geht zur Highschool. Meine Frau erlebt die Mutterschaft des Sohnes sehr intensiv. Die Töchter wurden ja von Oma und Tanten erzogen. Bald nach der Geburt der 2. Tochter war der Thai weggelaufen. Sie musste noch mehr arbeiten. Sie ging dann nach CZ in gehobenen Kurbetrieben massieren. Sie verwöhnt jetzt den Sohn zu sehr. Ich korrigiere liebevoll!
Ich wurde kürzlich 78. Früher hatte ich 3 Kinder. Das jüngste wird 38 und ist auch Ingenieurin. Unser Sohn kam unvorbereitet, aber voll erwünscht in unser Leben. Ich erlebe nun sein Aufwachsen sehr bewusst. Früher war ich beruflich viel unterwegs. Ok, trotz relativer Fitness erlebe ich manchmal meine körperlichen Grenzen. Aber mich hält die Vaterschaft auch beweglich. Vor 30 Jahren geschieden, alleinerziehend trödelte ich mit den Folgebeziehungen zu lange. Vor 5 Jahren heiratete ich meine Frau. Ok, für den Rest muß ich halt vorsorgen!
Jürgen Franke 07.05.17 17:02
Lieber Jack, das muß sich nun doch wirklich
langsam herum gesprochen haben, dass die Preise in Thailand nicht mit denen in Europa vergleichbar sind. Auch wenn der Bath etwas steigen sollte. Die Rente alleine wird für ein würdevolles Überleben demnach nicht ausreichen. Abgesehen vergessen die meisten Rentner auch, sich ausreichend zu versichern
Jürgen Franke 07.05.17 16:42
Lieber Ce-eff Krüger, eine Deiner besten Kolumnen
die ich von Dir bisher gelesen habe, denn so sieht die Realität in Thailand aus.
Christoph Schwegler 07.05.17 16:01
Verantwortungslos & egoistisch
Zunächst danke an Herrn Krüger für seine Kolumnen, die ich im Hinblick auf mein Alter & den bevorstehenden Umzug nach Jomtien regelmässig & gewinnbringend lese! Natürlich soll jede/r nach seinem Geschmack leben (können), soll aber dabei seine Mitmenschen so behandeln, wie er/sie selbst behandelt werden möchte, also mit Respekt, rücksichtsvoll & mit sowenig Vorurteilen wie möglich. Offenbar ist/war dieser Werner dazu nicht fähig, oder schlimmer, nicht willens, schade um Mutter & Kind!
Jack Norbert Kurt Leupi 07.05.17 13:59
Kostenfrage /Herr Dragomir Pires
Mallorca als Alternative : Lebensmittel im Schnitt bis zur Hälfte billiger als hier ! Z.B. grosses Baguette 0,39 Euro ,ca.17 Bath ,hier bis 50 Bath, kleines Baguette 0,19 Euro , ca.8 Bath , hier 25 Bath ; Butter-Croissant 0,29 Euro , ca.13 Bath ,hier 20-30 Bath ; Erdbeeren 500 gr.0,89 Euro ,ca.35 Bath , hier 150 Bath , 4 Griech. Joghurts 1,09 Euro , ca.43 Bath , hier 60-70 Bath, Margarine 250 gr. 0,79 Euro , ca.33 Bath , hier 70 Bath , Butter 250gr. 1,25 Euro, ca.47 Bath , hier 80-90 Bath ; Käse Brie 1,09 EUR , ca .41 Bath , hier 100-150 Bath ; Roquefort 1.99 Euro , ca . 80 Bath , hier 150-200 Bath ; Reibkäse Grana Padano 250 gr, 1.39 Euro, ca.58 Bath , hier 200-250 Bath ; Quark 500 gr. 1.19 Euro , ca.44 Bath , hier bis 200 Bath , Salami extra 1Kg. 5.45 Euro , ca .230 Bath , hier bis 800 Bath ; und so weiter ... Sie sehen also , dass Mallorca um einiges billiger ist als hier , die Umwelt noch in besserem Zustand und das Verkehrschaos noch erträglicher ist ! Preisquelle : Aldi, Palma de Mallorca !
Dracomir Pires 07.05.17 12:50
Auch eine Kostenfrage
Natürlich ist Mallorca eine Alternative, wenn auch viel zu teuer. Aber die islamistischen Länder Türkei und Aegypten bestimmt nicht! Ferner ist es total daneben, wenn Greise noch Kinder auf die Welt stellen. Das ist total verantwortungslos, zumal die Kinder dann zumeist in Armut aufwachsen. Bei Charlie Chaplin und dem noch älteren Picasso sieht die Sache anders aus, denn sie waren steinreich. ABER auch deren Kinder hatten ein Anrecht auf einen (lebenden) Vater.
Oliver Rudolph 07.05.17 12:19
47 Jahre unterschied
In Deutschland fast unmöglich. So hatte er noch eine schöne zeit. Andere vegetieren im Altersheim. Wer würde da nicht gerne tauschen? Man lebt nur einmal. Leider ist die Mutter nicht finanzielle abgesichert. Einziger Knackpunkt an der story.