Mehr als 40 Tote nach Anschlag auf Moschee

Ein Blick auf die Zerstörung am Tatort einer Bombenexplosion, die eine Moschee der schiitischen Muslime in Kundus traf. Foto: epa/Stringer
Ein Blick auf die Zerstörung am Tatort einer Bombenexplosion, die eine Moschee der schiitischen Muslime in Kundus traf. Foto: epa/Stringer

KABUL: Der staatlichen Nachrichtenagentur Bachtar zufolge sind bei einem Anschlag in Kundus mindestens 43 Menschen ums Leben gekommen. Die UN sehen ein «beunruhigendes Muster der Gewalt» im Land.

Bei einem Anschlag auf eine Moschee in der Stadt Kundus im Norden Afghanistans sind mindestens 43 Menschen getötet worden. Mindestens 143 seien verletzt worden, teilte die staatliche afghanische Nachrichtenagentur Bachtar am Freitag mit. Die mit den herrschenden Taliban verfeindete Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich.

Zuvor hatte ein Sprecher der militant-islamistischen Taliban auf Twitter mitgeteilt, bei einer Explosion in einer schiitischen Moschee in Kundus seien «mehrere Menschen getötet und verletzt» worden. Spezialkräfte der Taliban seien vor Ort und eine Untersuchung des Vorfalls habe begonnen, hieß es weiter. Lokalen Medien zufolge passierte der Vorfall während des Freitagsgebets.

Lokale Journalisten berichteten von mehr als 70 Todesopfern und Dutzenden Verletzten. Auf in sozialen Medien geteilten Videos sind Dutzende Tote und Verletzte zu sehen. Auf einem weiteren Video ist zu sehen, wie Männer und Frauen nach der mutmaßlichen Explosion eine Straße hinunterlaufen und schreien.

Der Journalist Saki Darjabi schrieb auf Twitter, unbestätigten Berichten zufolge handle es sich um einen Angriff durch einen Selbstmordattentäter. Auch in einer Nachricht des IS-Sprachrohrs Amak hieß es, ein Selbstmordattentäter habe eine Sprengstoffweste gezündet. Der sunnitische IS hatte bereits in der Vergangenheit schiitische Muslime und deren Einrichtungen in Afghanistan angegriffen.

Zu den Angriffen des IS kam es in der Vergangenheit vor allem in der Hauptstadt Kabul und in den östlichen Provinzen Nangarhar und Kunar. Zuletzt hatte der IS unter anderem einen verheerenden Anschlag Ende August am Flughafen Kabul während der noch laufenden internationalen militärischen Evakuierungsmission mit nach Medienberichten fast 200 Toten für sich reklamiert.

Dem Afghanistan-Experten Thomas Ruttig von der Denkfabrik Afghanistan Analysts Network zufolge bedeuten die Anschläge des IS nicht, dass die Gruppe stärker geworden ist. Nach dem Verlust seiner Basen in Ostafghanistan in den Jahren 2019 und 2020 lebten aber offenbar Überreste im Untergrund fort, die zu solchen Anschlägen fähig seien.

Mitte August haben die Taliban die Macht in Afghanistan militärisch übernommen. Armee und Polizei zerfielen, Vertreter der Regierung flohen. Die Islamisten riefen eine Regierung aus. Diese sieht sich mit zahlreichen Problemen konfrontiert, darunter, für Sicherheit im Land zu sorgen.

Mit den ebenfalls sunnitischen Taliban ist der IS trotz großer ideologischer Nähe verfeindet. Die Taliban haben den IS seit dessen Auftauchen in Afghanistan Anfang 2015 bekämpft. IS-Anschläge zeigen laut Ruttig, dass - wie bereits die Vorgängerregierung - auch die Taliban nicht in der Lage seien, von Rivalen ausgeübten Terrorismus völlig zu unterbinden.

Die UN-Mission in Afghanistan (Unama) sprach nach dem Anschlag in Kundus von einem «beunruhigenden Muster der Gewalt»: Es sei der dritte tödliche Angriff binnen weniger Tage, der offenbar auf eine religiöse Einrichtung abzielte. Der IS habe einen Vorfall am Sonntag neben einer Moschee in Kabul für sich reklamiert. Ein Angriff auf eine Koranschule in der Provinz Chost im Osten des Landes am Mittwoch sei noch von niemandem für sich reklamiert worden.

Der UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi sieht eine starke Fluchtbewegung innerhalb Afghanistans und über die Grenzen hinaus, wenn nicht dringend Geld zur Versorgung der Menschen bereitgestellt wird. Es drohe eine noch viel größere humanitäre Katastrophe, wenn die internationale Gemeinschaft es zulasse, dass Afghanistans Gesundheitswesen, die Banken und die Wirtschaft zusammenbrechen, sagte Grandi am Freitag in Genf.

«Ich rechne mit massiven Bevölkerungsbewegungen, wenn die Menschen keine medizinische Versorgung und kein Wasser haben», sagte Grandi. «Sie werden weiterziehen, vielleicht auch über die Grenzen hinaus.»

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TheO Swisshai 09.10.21 18:24
@Dracomir Pires / Die Bärtigen
Keine Angst, die Taliban kommen nicht nach Europa, sondern die, die von den Taliban geflohen sind, z.B. weil sie mit den Amis oder den Deutschen Truppen kooperiert haben.
TheO Swisshai 09.10.21 17:40
@Dracomir Pires / Gegenseitig Saures
Das muss an den Bärten liegen, oder allgemein an Haaren im Gesicht.

Es gab schon solche, da genügten einige Haare unter der Nase, um den anderen so richtig Saures zu geben.

Von den Europäern kennt man das ja zur Genüge, die haben sich lange gegenseitig bekämpft.
Dracomir Pires 09.10.21 15:40
Jetzt geben sich die Bärtigen ...
... schon gegenseitig Saures. Man sollte dieses Land einfach links liegenlassen, aber keinesfalls solche Leute nach Europa importieren.
Jürgen Kesselheim 09.10.21 13:40
@Herr Kerp
Anmerkung: Die Hälfte der Bevölkerung des Vielvölkerstaates AFG sind Paschtunen und die meisten Taliban sind Paschtunen. Sie brauchen also kein Oberwasser zu bekommen. Zudem gehören die Paschtunen der Konfession der Sunniten an! Diese Konfession stellt über 80 % der afghanischen Bevölkerung. Allerdings gebe ich ihnen Recht, dass der kommende Winter eine sehr grosse Herausforderung an das afghanische Volk sein wird.
Ingo Kerp 09.10.21 12:30
Den bärtigen Taliban scheint so einiges im Land ihrem Griff zu entgleiten. Trotz der Bodenschätze und chines. Zusagen ist es ihnen nicht gelungen, einen finanziellen Vorteil daraus zu erzielen. Es will so scheinen, als wenn sie derzeit zu sehr mit sich selbst und einer, wie auch immer gearteten "Regierung" zu kämpfen haben. Paschtunen und IS glauben dabei wieder Oberwasser zu gewinnen und zeigen sich recht selbstbewußt. Sollte es den Taliban innerhalb kürzester Zeit nicht gelingen, Hilfe von außen zu bekommen, wird AFGH in den kommenden Monaten in der Winterkälte einen Teil der Menschen verlieren.