Michael Schulte beim ESC für Deutschland

Foto: epa/Markus Heine
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BERLIN (dpa) - Am Ende passte beim deutschen ESC-Vorentscheid dann alles zusammen: Ein sauber inszenierter Popsong mit rührender Geschichte. Ein eindeutiges Ergebnis. Und ein entspannter Sieger, der die Wahl auf Nachfrage sofort annimmt. Letzteres ist seit dem Skandal um Andreas Kümmert im Jahr 2015 ja keine Selbstverständlichkeit mehr. Der Singer-Songwriter Michael Schulte (27) wird Deutschland beim Eurovision Song Contest am 12. Mai in Lissabon vertreten: «Ich hatte ein gutes Gefühl und das habe ich mit auf die Bühne genommen.»

Schulte, dessen Videos bei YouTube schon Millionen Mal angeklickt wurden, traf mit der Ballade «You Let Me Walk Alone» offensichtlich den richtigen Nerv. Das Lied handelt von seinem Vater, der vor 13 Jahren gestorben ist. «Das ist vielleicht das Lied meines Lebens», sagt der Sänger. Nicht nur der Song erinnert an Ed Sheeran. Auch der Rotschopf selbst ähnelt dem Weltstar. Die beiden standen sogar schon gemeinsam auf der Bühne. Vor sechs Jahren, als Schulte bei der Show «The Voice of Germany» erstmals ein großes Fernsehpublikum erreichte.

In einem schlichten schwarzen T-Shirt stand der Sänger, der in der Nähe von Flensburg aufwuchs, am Donnerstagabend in Berlin allein auf der Bühne und präsentierte den von Klavier und Streichern untermalten Song. Im Hintergrund: Bilder von Schultes Fans mit ihren Vätern. Um diese Zusendungen hatte er vor dem Auftritt gebeten. Das alles verfehlte nicht die Wirkung. Sowohl die TV-Zuschauer, als auch die 100-köpfige Eurovisions-Jury und 20 internationale Musik-Juroren gaben dem Musiker für seine Leistung die maximale Punktzahl 12.

Das ist ein eindeutiger Sieg, der dem Sänger aus dem niedersächsischen Buxtehude den nötigen Rückenwind geben könnte, um in Lissabon ein gutes Resultat für Deutschland zu erreichen. Zuletzt hatte es für die Bundesrepublik nacheinander nur für zwei letzte und einen vorletzten Platz gereicht.

Aus diesem miserablen Abschneiden machte auch das Moderatoren-Duo, Nachrichtensprecherin Linda Zervakis und Spaßmacher Elton, keinen Hehl. Man gab sich aber eisern optimistisch. «Seien wir mal ehrlich: Die letzten Jahre waren nicht so doll. 2015 letzter, 2016 letzter, 2017 vorletzter. Also, die Tendenz geht nach oben», sagte Elton.

Zervakis gab mehrmals einen Sieg in Lissabon als Ziel aus: «Wenn wir schon mal dabei sind.» Frech und jugendlich sollte diese ESC-Show herüberkommen, das war deutlich zu merken. «Wir stehen auf einer Bühne mit einem Riesen-Pimmel! Was soll mit meiner Seriosität werden?», sagte die «Tagesschau»-Sprecherin, angefeuert von Elton, über die Form der Showbühne.

Der zuständige Norddeutsche Rundfunk (NDR) hatte einen radikalen Neuanfang angekündigt. Das Echo in den sozialen Medien war zumindest geteilt. Neben endlosen Witzen darüber, wer nun für Deutschland den letzten Platz belegen dürfe, schrieb ein Nutzer bei Twitter «Kann ich mit leben» über den Sieger - und traf damit den Tenor vieler.

Der Sieger selbst ließ sich den Druck nicht anmerken. Er sei sehr entspannt, freue sich aber natürlich, ließ er verlauten. Er sei vor einem Jahr in Portugal im Urlaub gewesen und habe immerhin schon ein Wort der Sprache gelernt: «Ich kenne nur "Obrigada" (Danke). Ich bin mir aber nicht sicher, ob es mit a oder mit o endet.» Zumindest bei einem Sieg dürfte Schulte die Vokabel noch brauchen. Bis Mai sollte sich die korrekte Endung herausfinden lassen.

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