Merkel:Chinas Verantwortung steigt

PEKING/WUHAN (dpa) - Es war eine der schwierigsten China-Reisen Angela Merkels. Sie sprach Hongkong und den Handelsstreit an, und die Kanzlerin traf sich mit Menschenrechtsanwälten. Der Vertrauensbonus macht das wohl möglich.

Angesichts anhaltender regierungskritischer Proteste in Hongkong hat Kanzlerin Angela Merkel zum Abschluss ihres China-Besuchs erneut appelliert, den Konflikt gewaltfrei beizulegen. Alles andere wäre aus ihrer Sicht «eine Katastrophe», warnte sie am Samstag in Wuhan. Man habe ihr bei diesem Thema in Peking «zugehört», sagte die CDU-Politikerin weiter. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang äußerte sich nach dem Treffen mit Merkel in Peking zurückhaltend zu den Demonstrationen in der chinesischen Sonderverwaltungszone. In der früheren britischen Kronkolonie gehen seit Wochen Bürger für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf die Straße.

Li Keqiang sagte, die Zentralregierung unterstütze die Regierung in Hongkong, «Gewalt und Chaos» im Rahmen der Gesetze zu beenden. Peking halte an dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» fest, nach dem die Sonderverwaltungsregion regiert wird. Er bekräftigte zudem, dass Peking an dem Grundsatz festhalte, dass die Hongkonger ihre eigenen Angelegenheiten regelten. Li Keqiang ist der höchste Regierungsvertreter in Peking, der sich bisher zu den Protesten öffentlich äußerte.

Merkel beendete am späten Samstagabend ihre insgesamt dreitätige China-Reise, die sie auch in die Elf-Millionen-Metropole Wuhan in Zentralchina führte. Dort sagte sie in ihrem Statement zum Abschluss des Besuches, Hongkong stehe zwar derzeit im Vordergrund. Es gebe in China aber auch noch andere Menschenrechtsfragen. Nach ihren Gesprächen mit der politischen Führung in Peking traf sie sich am Freitagabend auch mit Menschenrechtsanwälten.

Kritisch äußerte sich die Kanzlerin über die Einführung eines sogenannten Sozialpunktesystems in China. In Europa werde dies für schlecht gehalten, sagte sie vor Studierenden an der Huazhong-Universität in Wuhan. Dort gebe es eine Datensouveränität des Bürgers. Das sei also eine spannende ethische Diskussion, die die Welt noch sehr beschäftigen werde, fügte sie hinzu.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel warnte davor, dass auch Mitarbeiter deutscher Unternehmen in China systematisch auf ihre Vertrauenswürdigkeit überprüft würden. Bei dem Sozialpunktesystem, das in China gerade eingeführt wird, «brauchen auch deutsche Unternehmen Transparenz und Rechtssicherheit», sagte der Vize-Vorsitzende der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe der Deutschen Presse-Agentur.

Das Sozialpunktesystem in China versucht, die Vertrauenswürdigkeit von Personen sowie von Firmen zu überprüfen, indem es auf Datenbanken zugreift, um die Kreditwürdigkeit, das Strafregister und das soziale und politische Verhalten zu prüfen. Li Keqiang versuchte bei einem Treffen mit Merkel das Streitthema herunterzuspielen. Es gehe dabei vor allem um die Aufdeckung von kriminellen Verstößen und Straftaten.

An der Universität in Wuhan rief Merkel die internationale Gemeinschaft und auch China auf, den Klimaschutz gemeinsam voranzutreiben. Angesichts der Größe und der Wirtschaftskraft Chinas sei die internationale Gemeinschaft auch auf einen wichtigen Beitrag der Volksrepublik angewiesen. «Klimaschutz ist Verantwortung für alle.» Angesichts der Globalisierung seien gemeinsame Regeln unverzichtbar, argumentierte Merkel. Es bedürfe multilateralen Handelns, nicht Protektionismus', etwa im Handel.

Die Kanzlerin hob zudem Chinas gestiegene internationale Verantwortung hervor. Das Land sei ständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat. Das heiße, China habe bei weltweiten Konflikten Verantwortung, auf eine friedliche Lösung hinzuwirken. Das gelte im Atomstreit mit dem Iran ebenso wie im Konflikt Chinas mit den Anrainern des südchinesischen Meeres. Auf das Land komme künftig auch noch mehr internationale Verantwortung zu.

Es war Merkels zwölfter China-Besuch. Die Kanzlerin wurde auch von Staats- und Parteichef Xi Jinping zu einem Gespräch und einem Abendessen empfangen - eine protokollarisch besondere Geste. In den Gesprächen mit Li Keqiang und Xi Jinping am Freitag gab die Kanzlerin auch ihrer Hoffnung Ausdruck, dass der Handelskonflikt beendet werden kann, weil er auch auf andere Marktteilnehmer übergreife.

Mit Wuhan in der Provinz Hubei hat sie dann die Hälfte aller Provinzen Chinas besucht.

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