Menschenkette erinnert an Freiheitsbewegung der Balten

Foto: epa/Jerome Favre
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HONGKONG (dpa) - Am 23. August 1989 hatten rund zwei Millionen Balten mit einer Menschenkette durch die damaligen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen gegen die Sowjetherrschaft und für ihre Freiheit demonstriert. Nun greifen die Demonstranten in Hongkong die Idee auf.

Tausende Demonstranten haben nach dem Vorbild des «Baltischen Wegs» von 1989 eine kilometerlange Menschenkette in Hongkong für mehr Demokratie gebildet. Vor der erleuchteten nächtlichen Skyline der Stadt hielten sie sich am Freitag an den Händen, verlangten auf Schildern US-Unterstützung für ihre Forderungen, schwenkten ihre Handys und sangen, um sich Mut zu machen. Für das Wochenende werden in Hongkong wieder Massenproteste erwartet.

Am 23. August 1989 hatten rund zwei Millionen Balten mit einer 600 Kilometer langen Menschenkette durch die damaligen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen gegen die Sowjetherrschaft und für ihre Freiheit demonstriert. Damals bekam der Eiserne Vorhang Risse, zweieinhalb Monate später fiel die Berliner Mauer.

Am Freitag kursierten in Hongkong Pläne, wonach am Samstagmorgen Zufahrtswege zum Flughafen blockiert werden sollten. Vergangene Woche war es am Airport zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Eine einstweilige Verfügung verbietet nun weitere Proteste am Hongkonger Flughafen. Sowohl am Samstag als auch am Sonntag sind auch Märsche durch Hongkong geplant. Außerdem meldete der Hongkonger Rundfunk RTHK, dass Studenten den Unterricht von Anfang September für zunächst zwei Wochen boykottieren wollen.

Gut zweieinhalb Monate dauern die Proteste für Freiheit und Demokratie in Hongkong nun schon an. Zentrale Forderungen der Demonstranten sind freie Wahlen und eine unabhängige Untersuchung von Polizeigewalt bei früheren Protesten. Auslöser der Demonstrationen war ein - inzwischen auf Eis gelegter - Gesetzentwurf der Regierung zur Auslieferung mutmaßlicher Krimineller an China.

Die Millionenmetropole gehört seit dem Abzug der Briten 1997 wieder zu China. Als Sonderverwaltungszone sind Hongkong noch bis 2047 umfangreiche Sonderrechte garantiert. Um die fürchten nun aber viele Bewohner. An der Grenze zu Hongkong wurden chinesische Sicherheitskräfte zusammengezogen.

Im Zusammenhang mit den Protesten entfernte Youtube ein Netzwerk aus 210 Kanälen von seiner Video-Plattform, über die koordiniert Stimmung rund um die Demonstrationen in Hongkong gemacht worden war. Die Google-Tochterfirma verwies in einem Blogeintrag vom Donnerstag indirekt auf China als Urheber. Die Entdeckung decke sich mit jüngsten Erkenntnissen von Twitter und Facebook - die ihrerseits Anfang der Woche auf eine Kampagne aus China verwiesen hatten, mit der die Demonstranten diskreditiert werden sollten.

Twitter hatte 936 Accounts entdeckt, über die koordiniert «politischer Streit in Hongkong gesät werden sollte». Zusätzlich sei ein Netzwerk aus rund 200.000 Accounts gesperrt worden, bevor es nennenswerte Aktivität entwickeln konnte. Facebook entfernte mit ähnlicher Begründung fünf Accounts, sieben Seiten und drei Gruppen. Mindestens einer der Seiten seien rund 15.500 Facebook-Profile gefolgt. Beide Dienste zeigten Beispiele von Beiträgen, in denen etwa die Demonstranten in Hongkong als gewalttätig dargestellt wurden.

Siemens-Chef Joe Kaeser appellierte an die Konfliktparteien in Hongkong, aufeinander zuzugehen. «Die unterschiedlichen Positionen sollten in einem gewaltfreien Dialog auf Basis geltenden Rechts diskutiert und Lösungen entwickelt werden», sagte Kaeser der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Freitag). Er äußerte sich in seiner Funktion als Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft (APA), nicht als Konzernchef, wie es hieß. «Die deutsche Wirtschaft blickt besorgt auf die Entwicklung in der Sonderverwaltungszone», sagte Kaeser.

Mehr als 600 deutsche Unternehmen mit Tausenden Mitarbeitern sind den Angaben zufolge in Hongkong vertreten. Deutsche Unternehmen selbst halten sich mit Stellungnahmen wegen der wirtschaftlichen Bedeutung Chinas zurück oder wagen sich gar nicht erst aus der Deckung, wie es heißt. Die angespannte Lage hat nach Angaben einiger Großkonzerne wie Siemens, Adidas und BASF allerdings noch nicht dazu geführt, ihre Investitionspläne zu ändern oder zurückzufahren.

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