Vor 30 Jahren starb David Lean

Meister des monumentalen Erzählkinos 

Foto: Freepik/Madeaw_ec
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LONDON: «Doktor Schiwago», «Lawrence von Arabien», «Die Brücke am Kwai»: Kaum ein Filmemacher hat so legendäres Kino geschaffen wie David Lean. Vor 30 Jahren starb der britische Regisseur.

Wochen verbrachte er auf Reisen, um passende Drehorte und Landschaften zum Beispiel in Spanien und Jordanien oder Marokko zu finden, tagelang wartete er auf die richtigen Wolken - und sowieso wichtig war mitreißende Musik: David Lean war der detailbesessene Schöpfer von Filmen wie «Die Brücke am Kwai» und «Lawrence von Arabien», für die er 1958 und 1963 den Regie-Oscar gewann. Unvergessen ist natürlich auch sein «Doktor Schiwago». Vor 30 Jahren (am 16.4.1991) starb der Meister des Erzählkinos 83-jährig in London.

Lean war ein Perfektionist, der viel Zeit brauchte, um seine Werke vorzubereiten. In seiner 50-jährigen Karriere stellte er nur 16 Filme fertig. Er war ein großer Geschichtenerzähler, der Literatur auf der Leinwand lebendig werden ließ. Viele jüngere Regisseure wie zum Beispiel Steven Spielberg erklärten Lean zu ihrem Vorbild.

Ins kollektive Gedächtnis brannte - oder besser: fror - sich vor allem das melodramatische Sowjet-Epos «Doktor Schiwago» ein, in dem spanische Berge als russischer Ural dienten. Omar Sharif (1932-2015) und Julie Christie (wird 81 am 14. April 2021) brillierten darin unter Leans Regie als Juri und Lara.

Lean stammte aus einer tiefgläubigen Londoner Quäkerfamilie. Aus religiösen Gründen verboten die Eltern Vergnügungen jeder Art - so auch Kinobesuche. Seinen ersten Film «Der Hund von Baskerville» schaute er sich daher heimlich an. Mit 19 Jahren verließ Lean sein strenges Elternhaus und wurde Teejunge («Tea-Boy») in einem Londoner Studio. Er wurde Cutter und arbeitete sich zum Regisseur hoch.

Er lernte viel aus der Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Noël Coward, von dem er mehrere Stücke verfilmte. Kurz nach dem Krieg schuf er bleibende Versionen der Dickens-Romane «Oliver Twist» und «Große Erwartungen».

Im Jahr 1956 gab ihm Hollywood-Produzent Sam Spiegel die Gelegenheit, das internationale Publikum mit der Verfilmung von Pierre Boulles Bestseller «Die Brücke am Kwai» zu erreichen. Der Streifen mit William Holden (1918-1981) und Alec Guinness (1914-2000) in den Hauptrollen wurde mit sieben Oscars ausgezeichnet.

1962 folgte «Lawrence von Arabien» mit Peter O'Toole (1932-2013), ein mehr als dreistündiges Opus, das viele Kritiker als Leans Meisterwerk ansehen und das ebenfalls mit Oscars überschüttet wurde.

Leans Bildsprache wurde oft in anderen Filmen zitiert, so kam die «Lawrence»-Filmmusik von Maurice Jarre (1924-2009) etwa 1977 in «James Bond 007 - Der Spion, der mich liebte» vor - dann, wenn sich Roger Moore als Bond zu Fuß durch die Wüste ans Nilufer begibt.

Auf die Boris-Pasternak-Verfilmung «Dr. Schiwago» reagierte die Kritik Mitte der 60er Jahre eher reserviert. Als Kassenfüller jedoch stand dieser Film über den Arzt und Dichter Juri, der zwischen seiner Ehefrau Tonja (Geraldine Chaplin) und der Geliebten Lara (Julie Christie) steht, jahrelang gleich hinter «Vom Winde verweht».

Vor den Kinos bildeten sich damals lange Schlangen. Alle wollten leidenschaftliche Liebe in den Wirren der russischen Revolution sehen. Es war der Beginn eines schwärmerischen Russland-Booms in Deutschland: Neugeborene Mädchen wurden Lara genannt. In Verehrung für Sharif ließen sich Männer Schnurrbärte wachsen.

Ein Misserfolg für Lean wurde 1970 der Film «Ryans Tochter». Es vergingen 14 Jahre, bis sich Lean mit einer Version des Kolonialromans «Eine Reise nach Indien» zurückmeldete. Zuletzt arbeitete er an einer Leinwandversion von Joseph Conrads «Nostromo». Doch zu diesem Film kam es nicht mehr.

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