Mein Highlight: Die Nebensaison in Pattaya

Mein Highlight: Die Nebensaison in Pattaya

Die Hauptreisezeit in Thailand ist vorbei. In der Touris­tenstadt Pattaya ist es ruhig geworden. Einige Farangs scheinen den Trubel der Hochsaison zu vermissen. Ich genieße diese Zeit.

Die Temperaturen sind jetzt angenehm. Die Klimaanlagen haben Sonderurlaub. Wenn es mal regnet, dann nur spät in der Nacht. Ungestört kann ich am Strand meinen Krimi lesen. Es gibt keine überfüllten Restaurants. Überall wird man besonders freundlich begrüßt, und auch die Preise sind güns­tiger geworden als sie ohnehin schon waren. Für einige Bars, Restaurants und andere touris­tenabhängige Geschäfte sind diese umsatzarmen Monate ein harter Existenzkampf, und nicht alle werden diese Zeit überleben.

Für mich ist dies die angenehmste Jahreszeit in Thailand. Es gibt keinen Urlaubsstress. Die Tage ziehen gemächlich vorüber. Phon, mein Masseur am Beach lässt sich viel Zeit, bis er meine Verspannungen weggezaubert hat, beim Friseur brauche ich keinen Termin und der indische Schneider bietet mir einen Kaffee an, bevor er überprüft, ob meine Maße vom Vorjahr sich verändert haben. „Unerheblich“ sagt er lachend, „zwei Zentimeter mehr Bauchumfang stehen Ihnen ausgezeichnet.“ Klar, der „Amigo“ ist geschäftstüchtig, und die fliegenden Händler müssen es auch sein, wenn sie nicht auf ihren Waren sitzen bleiben wollen.

Gestern war ich mit Heinz in Bens kleinem Theater, wo vier hochtalentierte thailändische Musiker klassische Werke von Chopin, Schubert und Mozart spielten. Wir waren sehr begeis­tert.

Heute bin ich, wie fast jeden Abend, mit einigen Freunden zum Essen verabredet. Die Lokalitäten wechseln. Zu unseren Stamm-Restaurants gehören das „Poseidon“, das „Oregano“, „Natan's“, „Iss was“, das „Golden Orchidee“, das „Surf“ und „Enjoy Andre“. Manchmal bleibe ich aber auch vor dem Kiosk von „Mama Hamburger“ sitzen, wo es die beste Curry-Wurst in der Stadt gibt. Heute ist aber „Dick‘s Cafe“ dran, das gerade renoviert worden ist. Hier bestelle ich mir mein Leibgericht: Green Curry with Chicken and Rice. Danach geht es zum Absacker in die Bar gegenüber, wo wir im Freien unseren Wein trinken. Peter aus Tirol, der hier seine zweite Heimat gefunden hat, Bernhard, der echte Schweizer und mein langjähriger Freund Klaus aus Deutschland ordern Rotwein, ich Weißwein. „Rotwein trinke ich, wenn ich alt bin.“ Die Freunde lächeln nur müde. Diesen Satz haben sie von mir, dem Ältesten von ihnen, schon hundert Mal gehört. Ich muss mir eingestehen, dass ich wohl langsam alt werde, obwohl ich mich putzmunter fühle.

Mein Freund Bernhard erzählt ausführlich von seiner kürzlich unternommenen Reise nach Lop Buri. „Stellt euch vor, was mir passiert ist,“ beginnt er seinen Bericht: „Gerade wollte ich mein Abendessen bezahlen, als ich zutiefst erschrocken feststellte, dass meine Brieftasche verschwunden war. Im gleichen Moment trat ein junger Thai an meinen Tisch. „Sir,“ sagte der mit strahlendem Lächeln, „I believe this is yours,“ und hielt mir meine Brieftasche entgegen, in der sich neben Geld auch mein Flugticket, Pässe und Kreditkarten befanden. Einer der vielen frechen Affen in der Altstadt hatte sie mir unbemerkt entwendet, aber für eine Banane wieder fallen lassen. Der junge Thai hatte mein Foto in meinem Reisepass gesehen und sich auf die Suche nach mir gemacht. Unglaublich, diese Geschichte, aber ich habe mein Glück mit dem ehrlichen Thai-Boy ausgiebig gefeiert.“

Wir sind die letzten Gäste. Der Wirt schaut schon etwas ungehalten, wie mir scheint, zu uns rüber. Klaus bestellt noch eine Runde, und Peter, der gerade von seinem alljährlichen Pflichtbesuch in Tirol zurückgekehrt ist, erzählt von den asiatischen Horden, Japanern, Koreanern und Chinesen, die mit ihren Kameras im Eilmarsch durch die Dolomiten flitzen, schnell ein Foto machen und zum nächsten Aussichtspunkt rasen. „Ich war ja nur zwei Wochen in meiner alten Heimat, aber glaubt mir, jede Stunde, jeden Tag habe ich mich nach Thailand gesehnt.“ Das können wir alle nachvollziehen, denn auch uns hat das Thailand-Fieber erfasst. Hier sind wir glücklich, hier genießen wir dankbar die exotische Atmosphäre, das Lächeln der Thais, die scharfen Gerichte, das Meer und das warme Wetter. Aber leider geht auch mein Urlaub bald zu Ende. Macht nichts, in drei Monaten bin ich ja schon wieder hier.

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