Bösel betritt die große Bühne

​Maske am Ring, Millionen vorm TV 

Der deutsche Boxer Dominic Boesel feiert seinen Sieg. Foto: epa/Jens Wolf
Der deutsche Boxer Dominic Boesel feiert seinen Sieg. Foto: epa/Jens Wolf

MAGDEBURG: Dominic Bösel darf endlich wieder in den Ring. Fast ein Jahr nach der Eroberung des WM-Gürtels steht die erste Titelverteidigung an. Doch es geht an diesem Abend auch um die Zukunft des deutschen Boxens.

Sein Idol Henry Maske wird am Ring sitzen, die ARD erstmals seit sechs Jahren wieder einen WM-Kampf zeigen: Für seine erste Titelverteidigung tritt Weltmeister Dominic Bösel auf die ganz große Bühne. «Das ist für mich die Chance, national gesehen zu werden und Boxen wieder zu einem großen Sport zu machen. Wir müssen abliefern», sagte Bösel vor dem Duell mit Robin Krasniqi am Samstag (23.15 Uhr) in Magdeburg. Gut 2000 Fans dürfen in der Getec-Arena dabei sein.

Für den 30-jährigen IBO-Weltmeister und Interims-Champion der WBA geht es um mehr als die Titelverteidigung. Der ähnlich wie einst Maske strategisch und klug boxende Bösel will einem erhofften Millionen-Publikum beweisen, dass das deutsche Boxen noch lebt. Und so wagt der vom Naturell her eher zurückhaltende Mann aus der Sektstadt Freyburg eine für ihn seltene Ansage: «Ich bin sehr optimistisch, dass der Kampf vorzeitig vorbei ist.»

Bisher verließ Bösel in 31 Kämpfen den Ring nur einmal als Verlierer. Gegen Karo Murat war er 2017 an der eigenen Arroganz gescheitert, hatte seinen Gegner unterschätzt. Daraus hat Bösel gelernt. Perfekt boxt er dennoch nicht - findet zumindest Maske. «Er muss seine Pausen, die er sich nimmt, besser überspielen, um ein ganzheitliches Bild abzugeben», sagte der Ex-Weltmeister und Olympiasieger und lobte: «Er ist technisch sehr gut und ist vor allem ein wacher Boxer. Das spricht für ihn.»

Maskes Wort ist für Bösel Gesetz. Als Kind schlief er in Fan- Bettwäsche des «Gentleman», die Weltkarriere des heute 56-Jährigen motivierte ihn, selbst Profi zu werden. Und als Bösel im November 2019 endlich am Ziel war und Weltmeister wurde, saß Maske am Ring. Im Frühjahr folgte eine Einladung ins Leverkusener Haus und eine gemeinsame Videoanalyse des eigentlich geplanten Gegners Zac Dunn.

Doch weil der Australier seine Heimat coronabedingt nicht verlassen darf, sprang Routinier Krasniqi als Gegner ein. Für den 33-Jährigen ist es bereits die dritte WM-Chance. Bisher verlor er sowohl 2013 gegen Nathan Cleverly als auch 2015 gegen Jürgen Brähmer. Viele Möglichkeiten auf diesem Niveau werden nicht mehr kommen. «Mir ist klar, dass dies einer meiner größten Kämpfe wird», sagte Krasniqi. «Man kann einen Kampf aber nie planen, deshalb rede ich auch nicht von einem K.o. Aber jeder kann große Träume haben.»

Für Krasniqi hat Bösel die längste Vorbereitung seines Lebens hinter sich gebracht. Er war bereits im März topfit, als wenige Tage vor dem Duell mit Dunn das Coronavirus alles stoppte. Bösel trainierte erst normal weiter, gönnte sich dann einige Pausen. Er entspannte im Kroatien-Urlaub, probierte sich während eines Trainingslagers in Mecklenburg-Vorpommern im Golf und erwarb die Platzreife.

«Jetzt wird es Zeit, dass ich in den Ring darf», sagte Bösel. Krasniqi sollte mit seinem bisweilen unorthodoxen Stil keine große Hürde darstellen. Trainer Dirk Dzemski warnt allerdings eindringlich vor Nachlässigkeiten. «Eigentlich sollte das machbar sein, aber er ist manchmal wie ein Überraschungs-Ei», sagte der Ex-Profi über Krasniqi. «Er kann nach fünf Runden klar zurückliegen - und dann kann er mit einer Aktion wieder da sein. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben.» Bösel muss den Kampf klug und routiniert abspulen. Ganz so, wie es Maske einst in Perfektion zeigte.

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