Deutsches Turn-Team freut sich auf Neuanfang bei EM

Maske ab 

Die Deutsche Turnerin Sophie Scheder in Aktion. Archivfoto: epa/GUSTAVO OLIVEIRA
Die Deutsche Turnerin Sophie Scheder in Aktion. Archivfoto: epa/GUSTAVO OLIVEIRA

BASEL: Trösten verboten: Bei ihrem Wiedereinstieg ins internationale Wettkampfgeschehen finden die deutschen Turn-Riegen wegen Corona spezielle Bedingungen vor. Bei den Frauen gibt's in der Vorbereitung «die Hardcore-Version». Die Vorfreude auf die EM ist trotzdem groß.

Maske ab und ran ans Gerät: Bei der Rückkehr deutscher Turner auf die internationale Bühne nach 18 Monaten Abstinenz turnt auch ein unsichtbarer Gegner mit. Unter strengsten Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus wetteifern die sechs Männer und vier Frauen des Deutschen Turner-Bundes (DTB) bei den Europameisterschaften in Basel von Dienstag bis Sonntag um Olympia-Quotenplätze und Finalränge. «Das wird in Pandemiezeiten unser erster großer Wettkampf, der auf uns zukommt», sagte Valeri Belenki, der als Olympia-Trainer der Männer sein EM-Debüt gibt.

«Wir sehen diese Europameisterschaft als Start in die Saison und Vorbereitung auf die Olympischen Spiele. Daher gucken wir mit großer Erwartung dorthin», sagte Frauen-Bundestrainerin Ulla Koch. Nachdem der DTB wie andere Nationen auf die vorige EM im Dezember 2020 im türkischen Mersin wegen der Corona-Pandemie verzichtet hatte, war die «wunderbare» Heim-WM im Oktober 2019 in Stuttgart der bislang letzte internationale Wettkampf für deutsche Riegen. «Wenn ich daran denke, kriege ich schon Gänsehaut, und diese Gänsehaut will ich auch mitnehmen nach Basel», sagte die Trainerin.

Schon die Vorbereitung auf das Ereignis war speziell. Die Männer hatten sich abgeschottet im Trainingszentrum in Kienbaum, die Frauen in Frankfurt am Main. Die Qualifikationen fanden dort jeweils ohne Zuschauer statt - wie jetzt auch die EM in der großen St. Jakobshalle. Während die Männer von Berlin aus mit den Flugzeug nach Basel angereist sind und nur die Rückreise jeweils im Auto antreten wollen, sind die Turnerinnen mit einem Kleinbus und einem Pkw in die Schweiz gereist.

In Basel hat das Team einen eigenen Flur im Hotel, um Kontakte mit anderen Mannschaften zu vermeiden. Gegessen wird auch in einem gesonderten Raum. «Wir versuchen, jeden Kontakt zu vermeiden, und wollen in unserer Bubble bleiben», sagte Ulla Koch. Auch sonst Übliches fällt aus: lauthals anfeuern, umarmen, zusammen jubeln und einander beistehen. «Dieses Trösten fällt ja auch weg», sagte die Bundestrainerin.

Wegen des strengen Corona-Regiments in der Halle, in der die Sportler außer an den Geräten Maske tragen müssen, haben die Frauen um Qualifikationssiegerin Elisabeth Seitz ein paar Kniffe eingeübt. «Es wird speziell», meinte die 27-jährige Stuttgarterin. Weil auch unmittelbar nach Abschluss einer Übung, wenn sie vollkommen außer Atem sind, die Maske wieder aufgesetzt werden muss, wurde das trainiert. «Das war die härteste Erfahrung, die die Mädels in dieser Woche gemacht haben», sagte Ulla Koch und meinte zur Vorbereitung: «Deshalb machen wir jetzt wirklich die Hardcore-Version.»

Und anstatt gleich das Podium zu verlassen, sollen die Sportlerinnen noch direkt am Gerät erstmal ein paar tiefe Atemzüge ohne Maske nehmen. «Ich kann nur bestätigen, dass es vor der Übung noch geht, wenn man die Maske anhat», sagte Elisabeth Seitz, «aber wenn man danach nach Luft schnappt und dann die Maske direkt über Mund und Nase hat, dann schnappt man nach Luft, die man nicht ganz so bekommt und bräuchte, um fürs nächste Gerät 100 Prozent bereit zu sein.»

Die Männer um Lukas Dauser (Unterhaching), den Besten der Ausscheidung, haben einen anderen Ansatz gefunden, mit den Corona-Regeln im Wettkampf umzugehen. «Ich werde die Jungs so einstellen, dass sie mit allem rechnen müssen und sich konzentrieren auf ihre Übungen, aber nicht auf diese ganzen Corona-Maßnahmen», erklärte Coach Belenki. «Wir müssen alle, die wir bei diesem Event dabei sind, uns ganz strikt an die Regeln halten», sagte Dauser.

Der sportliche Ausblick richtet sich bei Männern wie Frauen nicht auf Medaillen, sondern vordergründig auf Finalplätze und die Orientierung im Vergleich mit der Konkurrenz. Auch bei den jeweils zwei noch zu vergebenden Quotenplätze für die Olympischen Spiele im Mehrkampf rechnen sich die Trainer keine großen Chancen aus - beide Riegen sind seit der Heim-WM 2019 ohnehin bereits qualifiziert.

Aus dem Männer-Team ruhen die Hoffnungen auf Felix Remuta (Unterhaching). «Alles kann passieren. Jeder kocht mit Wasser», meinte Belenki. Bei den Frauen kommt nur EM-Neuling Emma Malewski (Chemnitz) dafür in Frage. Sie wolle aber keine utopischen Ziele setzen, sagte Cheftrainerin Koch.

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