«Loki» geht bei Disney+ in Serie

​Marvels Gott des Schabernacks

Britischer Schauspieler Tom Hiddleston kommt bei den Olivier Awards in der Royal Albert Hall in London an. Foto: epa/Vickie Flores
Britischer Schauspieler Tom Hiddleston kommt bei den Olivier Awards in der Royal Albert Hall in London an. Foto: epa/Vickie Flores

LONDON: Als hinterlistiger Loki, Bruder von Superheld Thor, sorgte Tom Hiddleston in sechs Marvel-Filmen für Chaos und machte den Avengers das Leben schwer. Der Bösewicht wurde zum Fanliebling. Jetzt hat die Kultfigur eine eigene Miniserie beim Streamingdienst Disney+.

Tom Hiddleston hatte eigentlich schon mit seiner Rolle als Loki abgeschlossen. Schließlich war der Gott des Schabernacks im Superhelden-Epos «Avengers: Infinity War» ums Leben gekommen, Oberschurke Thanos hatte Loki getötet. Doch dann öffnete «Avengers: Endgame» neue Möglichkeiten. Bei einer Zeitreise der Avengers von 2023 in das Jahr 2012 lief nicht alles nach Plan. Loki ergatterte den Tesserakt, einen Würfel, mit dem er an jeden Ort des Universums reisen kann, und verschwand. Genau dort setzt die neue Serie «Loki» an, die beim Streamingdienst Disney+ läuft.

Loki war in den vergangenen zehn Jahren in sechs Kinofilmen des Marvel Cinematic Universe (MCU), neben den «Avengers»-Filmen die «Thor»-Reihe, insgesamt weniger als zwei Stunden auf der Leinwand zu sehen. Aber Hiddleston spielte ihn mit so viel Ironie, Sarkasmus und Verve, dass Loki in der Fanszene zum Kultbösewicht avancierte. Und mal ehrlich, er ist auch viel spannender und facettenreicher als der sympathische Thor, Lokis muskelbepackter, heldenhafter, aber recht eindimensionaler Bruder, der von Chris Hemsworth verkörpert wird.

Nun bekommt der schillernde Antiheld also sechs Stunden, in denen er in den Mittelpunkt rückt. «Er ist so ein lustiger und komplexer Charakter», schwärmte Darsteller Hiddleston bei der Premiere in Londons Tate Modern. «Der Gedanke, dass wir um ihn herum eine neue Welt aufbauen, die er erkunden kann, mit einer neuen Dynamik und neuen Beziehungen, ein ganz neues Abenteuer, fand ich sehr spannend.»

Lokis interdimensionaler Zeitsprung durchs Universum bleibt nicht ohne Konsequenzen. Die Time Variance Authority (TVA) ist eine Behörde, deren Aufgabe es ist, im Namen der Zeithüter Abweichungen vom wahren Zeitstrahl zu verhindern. Durch sein Handeln hat Loki den vorbestimmten Verlauf der Zeit durcheinandergebracht und laut der TVA ein Verbrechen begangen. Er wird verhaftet und an einen Ort gebracht, an dem seine göttlichen Kräfte nicht funktionieren.

Die TVA hat Pläne mit Loki. Während sein Vergehen gegen den wahren Zeitstrahl noch relativ unbedeutend war, gibt es einen schlimmeren Störenfried, der den Zeithütern Sorge bereitet und bei dessen Ergreifung Loki helfen soll. Es handelt sich bei dem Gesuchten nämlich um ihn selbst, besser gesagt: um eine angeblich überlegene Version Lokis aus einer anderen Realität. Mit TVA-Agent Mobius (cool: Owen Wilson) begibt sich Loki auf die Jagd nach sich selbst.

Die Vorgeschichte mag für MCU-Neulinge kompliziert klingen. Aber keine Sorge, man muss weder sämtliche Marvel-Filme gesehen haben noch alle Zusammenhänge kennen, um an und mit «Loki» seinen Spaß zu haben. Schließlich spielt die Serie in einer alternativen Zeitlinie des Multiversums. Einsteiger können bisherige MCU-Handlungsstränge also getrost ignorieren. Hingegen dürfen sich langjährige Fans und Kenner über viele, oft subtile Anspielungen und Easter Eggs freuen, etwa wenn am TVA-Empfang ein paar Infinity-Steine in der Schublade liegen.

Klar, dass die Ereignisse von «Loki» auch in den kommenden Marvel-Produktionen eine Rolle spielen. Laut Kevin Feige, Präsident der Marvel Studios und oberste Instanz des MCU, legt «Loki» den Grundstein für die Zukunft und meint damit vermutlich nicht nur den für 2022 angekündigten Kinofilm «Doctor Strange In The Multiverse Of Madness» (vorläufiger deutscher Titel: «Doctor Strange 2»).

Dass «Loki» von Anfang an spannend und unterhaltsam ist, verdankt die Serie einerseits ihrem originellen Drehbuch, andererseits und vor allem ihrem charismatischen Hauptdarsteller. Der 40-jährige Hiddleston, ein Topstar genauso in seiner britischen Heimat wie in Hollywood, brilliert als Loki und hat mit Wilsons Mobius einen kongenialen Partner. Loki tritt damit endlich aus Thors Schatten und zeigt, dass sein Charakter mehr zu bieten hat als nur Schabernack.

«Die zentrale Frage ist: Ist irgendjemand wirklich gut oder wirklich böse?», sagte Regisseurin Kate Herron, die zuvor unter anderem die Netflix-Serie «Sex Education» drehte, der Deutschen Presse-Agentur. Der Titelheld oder Antiheld äußert nach seiner Verhaftung etwas Ähnliches. «Ich glaube, Loki existierte immer in der Grauzone dazwischen», so Herron, die sich selbst als Fan bezeichnet.

Nach «WandaVision» und «The Falcon And The Winter Soldier» lanciert Marvel den nächsten Serienkracher auf Kinoniveau und erweitert sein Universum um eine weitere spannende und witzige Geschichte. «Loki» ist eine visuell beeindruckende Mischung aus Science-Fiction, Fantasy und Superhelden-Epos und schickt sich an - so zumindest der Eindruck nach den ersten zwei Folgen - die Vorgänger zu übertreffen.

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