Mafia-Jagd nur koordiniertes Kasperletheater?

Kleine Fische statt ‚einflussreicher Gangster‘ zappelten im Netz

Personenkontrollen in Nachtlokalen bei der Nachtrazzia: Sie sollen solange andauern, bis Koh Samui und die Nachbarinseln ‚mafiafrei‘ sind, kündigte ein Armeesprecher an.
Personenkontrollen in Nachtlokalen bei der Nachtrazzia: Sie sollen solange andauern, bis Koh Samui und die Nachbarinseln ‚mafiafrei‘ sind, kündigte ein Armeesprecher an.

KOH SAMUI: Der Codename lautete kryptisch ‚Morgendämmerung‘ und der gemeinsame Einsatz von Militär und Polizei sollte die Al Capones der Ferieninsel in die Fangnetze spülen – allein: Eine Grossrazzia am vergangenen Freitag und Wochenende sorgte zwar für Wirbel und Aufregung in Koh Samuis Nachtszene, doch die angekündigten großen Fische zappeln bis heute munter in Freiheit weiter.

Generalleutnant Piyawat Nakwanich, Einsatzleiter der Armeegruppe 4, erklärte tags darauf, die Aktion sei gezielt gegen mafiöse Strukturen gerichtet gewesen und insbesondere gegen hochkarätige Drogenhändler. Es gab Festnahmen, laut Informationen unserer Redaktion jedoch allesamt Handlanger und einflussarme Mitarbeiter von Nachtlokalen und Bars. Mit vereinten Kräften waren Armee und Polizei im Zentrum Chawengs eingerückt und hatten späten Nachtschwärmern einen gehörigen Schrecken eingejagt.

Tags darauf wurden thailandweit die Medien mit Erfolgsmeldungen versorgt und mit Fotos von festgenommenen Verdächtigen. Auch in der Agenturpost des FARANG landeten entsprechende Informationen und zunächst gab es einen neutralen Bericht über die Operation ‚Morgendämmerung‘.

Weitere Recherchen ergaben, dass die Polizeiaktionen auch übers Wochenende anhielten. In der Nacht zum Sonntag rückte ein auf volle Lautstärke gedrehtes Einsatzfahrzeug der Polizei Bophut-Chaweng aus und ließ mit Sirenengeheul weiteres Ungemach für die Nachtszene erwarten. Laut Augenzeugenberichten irrten Polizeieinheiten – Armeekräfte nahmen seit dem Freitag nicht mehr aktiv teil – zwischen den aufgeschreckten Touristen umher, an der berüchtigten ‚Solo Bar‘ schossen Ordnungskräfte Beweisfotos und sorgten dafür, dass Punkt 2 Uhr alle Lichter ausgingen und die Gäste nach Hause geschickt wurden.

Ein Insider der Nachtlokal-Szene verriet, was sich wirklich abgespielt hatte. Ein offensichtlich gut informierter ‚polizeinaher Informant‘ hatte schon Stunden zuvor aus der Schule geplaudert und vom bevorstehenden Einsatz gesprochen. Entsprechend hielt sich die Überraschung bei den Besitzern und Managern der betroffenen Spätlokale in Grenzen. Dennoch wurden Verwarnungen ausgesprochen und einzelne Mitarbeiter mit auf die Polizeistation genommen. Dort folgte die bekannte Prozedur: Festnahme bis zum späten Vormittag, kurz vor Büroschluss des Provinzgerichtes Koh Samui dann die Vorführung und Verhängung einer Geldstrafe von 2.000 Baht. Danach durften die Delinquenten wieder ihren Arbeitsrhythmus aufnehmen.

Im Visier der Spezialeinheiten von Militär und Polizei scheint unter anderem der ehemalige Besitzer der seit September geschlossenen Diskothek ‚Sound Club‘ zu stehen. Er betreibt seither erfolgreich das Strandlokal ‚Beach Bar‘ in Chaweng Noi und hat die Öffnungszeiten längst bis weit nach Mitternacht ausgedehnt. Nicht nur er kennt die auf Koh Samui geltende Binsenweisheit: Wer wirklich Geld mit dem Barbetrieb verdienen will, kann nicht um 2 Uhr seine Gäste auf die Straße setzen.

Das Tauziehen um Sperrzeitverlängerungen – ob legal oder mit Schmiermitteln – geht weiter und daran werden auch in Zukunft weder Morgen- noch Götterdämmerungen etwas ändern. Seriöse Barbetreiber, die sich an die bestehenden Schlusszeiten halten, sind genervt und desillusioniert zugleich. „Klare Kante und eine glaubwürdige Ansage der tatsächlichen Sperrzeit mit entsprechenden Kontrollen würden das Problem lösen“, sagen sie. Einflussreiche Kräfte hinter den Kulissen könnten sich ihre eigenen Interessen jedoch bis heute erkaufen.

Bei der Razzia ‚Morgendämmerung‘ am 21. April 2017 soll gut informierten Kreisen zufolge keiner dieser Hintermänner im Visier gestanden haben. So bleibt es wie es immer war. Die Show muss weitergehen. Manchmal bis 2 Uhr morgens und manchmal noch ein wenig länger.

Quelle: Fotos: Polizei

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Ingo Kerp 25.04.17 14:51
Außer Spesen nichts gewesen.
Sitting Bull 25.04.17 10:33
Danke....
fuer den Lacher am Morgen, Herr Gruber.
Peter Maerz 24.04.17 23:42
Ueberdimensionierte Lachnummer
Wie immer in Thailand: Grosses Jagdgeblase, dann mit Kanonen auf Spatzen schiessen - und die grossen Voegel sind schon laengst auf und davon. Aber Hauptsache oeffentlichkeitswirksame Action !