Macron will zügige Schengen-Reform - EU-Minister beraten zu Migration

Staatspräsident Emmanuel Macron spricht bei seiner Ankunft in Tourcoing zu den Medien. Foto: epa/Yoan Valat
Staatspräsident Emmanuel Macron spricht bei seiner Ankunft in Tourcoing zu den Medien. Foto: epa/Yoan Valat

LILLE: Seit Jahren geht bei der europäischen Asylpolitik nur wenig voran. Frankreich versucht als Ratspräsident der EU-Staaten nun einen neuen Anlauf. An Wunder glaubt auch Staatschef Macron nicht.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dringt angesichts von Terrorgefahr und Migration auf eine Reform des Schengen-Raums. Das System zum Wegfall von Grenzkontrollen, dem 26 europäische Länder angehören, sei in einer ganz anderen Zeit entstanden als heute, sagte Macron am Mittwochabend im nordfranzösischen Tourcoing. Dort warb er vor den EU-Innenministern für seine Ideen. An diesem Donnerstag wollen die Minister in Lille über Europas Asyl- und Migrationspolitik beraten.

Macron forderte, die Bewegungsfreiheit innerhalb des Schengen-Raums müsse gesichert werden. Dafür müsse etwa der Schutz der Außengrenzen gestärkt werden. Zudem bekräftigte er seine Idee eines «Schengen-Rats», in dem die beteiligten Minister zusammenkommen. Frankreich hat in der EU derzeit die Ratspräsidentschaft.

Für Ausnahmesituationen an den Außengrenzen wie etwa in der Belarus-Krise forderte Macron einen Mechanismus, um kurzfristige Hilfe anderer Länder zu koordinieren. Auch müssten alle Migranten an den Außengrenzen in schnelleren Verfahren registriert werden.

Im Schengen-Raum gibt es nur in Ausnahmen stationäre Grenzkontrollen. Frankreich, Deutschland und andere Staaten kontrollieren allerdings auch mit Verweis auf Terrorgefahr seit einigen Jahren wieder. Macron verteidigte dies, sagte aber auch, Ziel sei, durch besseren Außengrenzschutz zu echter Bewegungsfreiheit zurückzukehren. Die EU-Kommission hatte kürzlich eine Reform vorgeschlagen. Diese soll Lehren etwa aus der Corona-Pandemie und Terroranschlägen ziehen und Grenzkontrollen wieder zur Ausnahme machen.

Ein besserer Schutz der Außengrenzen und geringere Migrationszahlen gelten auch als Voraussetzung für Fortschritte bei der seit Jahren blockierten Reform der Asyl- und Migrationspolitik. Vor dem Treffen schickte Paris ein Papier an die anderen EU-Staaten, auf dessen Grundlage diskutiert werden soll. In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wird der Stellenwert der Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern betont, etwa gegen unerwünschte Migration und für mehr sogenannte Rückführungen.

Das Papier sieht für die Länder an der EU-Außengrenze auch Entlastungen vor. Sie sollten finanzielle und operationelle Hilfe der EU und ihrer Agenturen bekommen. Aber auch die EU-Staaten könnten etwa bei der Rückführung oder Unterbringung der Migranten helfen. Dabei wird auch eine sogenannte «Koalition der Willigen» genannt, für die auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wirbt. Auch Vorgänger Horst Seehofer (CSU) hatte schon versucht, eine ähnliche Koalition zu schmieden.

Macron betonte, beim Thema Migration könne es nur eine europäische Lösung geben. Frankreich wolle Schritt für Schritt in allen Bereichen vorankommen. Er sei zwar Optimist, aber glaube nicht an Wunder. Die EU-Staaten müssten zunächst wieder Vertrauen ineinander finden.

Der Außengrenzschutz steht angesichts der Belarus-Krise, starker Migration über den Ärmelkanal sowie grenzüberschreitender Kriminalität am Donnerstag auch als gesonderter Punkt auf der Tagesordnung. Zudem soll es eine Debatte über den Kampf gegen Terror und Radikalisierung geben. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Stephan Thomae, forderte ein EU-Gesamtkonzept, das Vereinbarungen mit wichtigen Herkunftsländern umfasst. Dabei solle es nicht nur um Zusammenarbeit bei Rückführungen gehen, sondern auch etwa in der Wirtschaft.

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