Macron verspricht mehr soziale Gerechtigkeit

Der französische Präsident Emmanuel Macron trifft sich nach einer konferenz im Pariser Elysee-Palast mit der französischen Presse. Foto: epa/Yoan Valat
Der französische Präsident Emmanuel Macron trifft sich nach einer konferenz im Pariser Elysee-Palast mit der französischen Presse. Foto: epa/Yoan Valat

NANTERRE: Die Kaufkraft ist im französischen Präsidentschaftswahlkampf zum Topthema geworden. Staatschef Macron, der für eine zweite Amtszeit kandidiert, stellt der Bevölkerung konkrete Hilfen in der Krise und mehr soziale Gerechtigkeit in Aussicht.

Eine Woche vor dem Start der Präsidentschaftswahl in Frankreich hat Staatschef Emmanuel Macron mehr soziale Gerechtigkeit und Kaufkrafthilfen in der aktuellen Krise in Aussicht gestellt. «Unser Projekt für 2022, das ist Solidarität und sozialer Fortschritt», sagte Macron am Samstag vor Zehntausenden Anhängern in Nanterre bei Paris bei seinem einzigen großen Auftritt vor der ersten Runde der Wahl.

«Franzosen, die arbeiten, sollen nicht ihr ganzes Gehalt in Tankfüllungen und Einkäufe stecken, das ist ungerecht.» Ab dem Sommer sollten Beschäftigte eine steuerfreie Kaufkraftprämie von bis zu 6000 Euro erhalten können, sagte der 44-jährige Mitte-Politiker, der für eine zweite Amtszeit kandidiert. Auch Selbstständigen stellte er mehr Geld in Aussicht. Rund 20 Milliarden Euro habe seine Regierung bereits in die Deckelung des Strom- und Gaspreises gesteckt.

Weitere Investitionen und Verbesserungen kündigte Macron für das Gesundheits- und Bildungswesen an. Die Mindestrente solle künftig nach einer vollständigen Berufstätigkeit bei 1100 Euro liegen. Die Hilfen für alleinerziehende Eltern sollten erhöht werden. Nach einem Skandal um Missstände in Altenheimen kündigte der Präsident das Einstellen von 50.000 zusätzlichen Pflegekräften und mehr Kontrollen an. Der Kampf gegen sexuellen Missbrauch solle verstärkt werden.

Um die angekündigte Stärkung des Sozialstaates sowie weitere Steuersenkungen zu finanzieren, schwor Macron die Franzosen bei seinem Wahlkampfauftritt auf eine Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 65 Jahre ein. Ein Sozial- und Wohlfahrtsstaat sei nicht möglich, wenn der Staat nicht produziere und Reichtum schaffe. «Wir müssen mehr arbeiten.» Erstmals seit den 1970er Jahren sei es in Frankreich wieder möglich, die Vollbeschäftigung zu erreichen.

Macron legte außerdem ein flammendes Bekenntnis für Europa ab. Europa sei am besten dafür gerüstet, die mit dem Ukraine-Krieg drohende Ernährungskrise zu bekämpfen und die Klima-Krise zu meistern. «Wir sind stolz, Europäer zu sein und die Europa-Flagge neben unserer Nationalfahne wehen zu lassen.» Zugleich setze Frankreich auf eine unabhängige Politik, den Austausch mit anderen Staaten und das Bilden neuer Allianzen.

Die Kaufkraft ist zum alles überragenden Thema im französischen Präsidentschaftswahlkampf geworden, weitere wichtige Themen sind die Bildung, Gesundheitsversorgung und Migration. Wegen seiner diplomatischen Bemühungen im Ukraine-Krieg war Macron spät in den Wahlkampf eingestiegen. In den Umfragen liegt er klar vorne, seine Hauptherausforderin, die Rechte Marine Le Pen, hat zuletzt aber kräftig aufgeholt. Eine Umfrage für die Zeitung «Le Journal du Dimanche» sah Macron am Samstag bei 27 Prozent und Le Pen bei 22 Prozent.

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Jürgen Franke 06.04.22 08:30
Förderalismus kenne ich nicht
Föderalismus war gemeint.
Klaus Roeper 05.04.22 20:10
@Jürgen Franke Röper Pluralismus.
Ich habe ganz bewusst das Wort Förderalismus nicht verwendet also die praktisch Umsetzung Pluralismus. Förderalismus kann eingeschränkt werden Pluralismus nicht.
Jürgen Franke 05.04.22 19:30
Herr Roeper, ich gehe davon aus, dass Sie
den Föderalismus meinten, als Sie die Regeirungform Deutschlands ansprachen. Diese Form läßt den Bundesländern tatsächlich eine beschränkt zugeschnittene Eigenständigkeit zu.
Guenter Scharf 04.04.22 09:10
Wahlversprechen von Politikern
@Fritz Stein, 03.04.22, 15:20: Ich habe doch gar nicht gesagt, dass Politiker*innen ihre Wahlversprechen einhalten. Ich habe nur geschrieben: "ERST NACH DER WAHL wird man sehen, ob er (Macron) einhält, was er versprochen hat."
Klaus Roeper 03.04.22 16:20
Versprechen ist nicht gleich tun.
Frankreich hat enorme strukturelle Probleme.
1. Der Zentralismus der Regierungsform oder Machtausübung. Da können wir in Deutschland noch so viel über den Pluralismus meckern und das manche Entscheidungen länger dauern, aber das war das Ziel der Mütter und Väter des Grundgesetzes eine Machtkonzentration auf Einzelpersonen zu vermeiden und auf möglichst viele Schultern zu verteilen, unter Berücksichtigung der individuellen Situation der einzelnen Bundesländer.
Das nervt manchmal ist aber effektiv.
2. Der fast nicht vorhandene Mittelstand, der in Deutschland auch immer weiter schrumpft. Der zahlt die Steuern und stellt die Arbeitsplätze nicht die Konzerne. Konzerne können den Staat erpressen auch was Steuerzahlungen angeht.
3. Die tiefe Kluft von Armen und ganz Reichen wird immer tiefer und die sozialen Spannungen sind immens.
4. Das Sozialsysthem in dieser Form mit Rente ab 62 ist nicht mehr finanzierbar aufgrund der Altersstruktur wie in Deutschland.
Das sind nur einige Probleme Le Pen und die nationale Frontpartei sind sehr mächtig in Frankreich. Der Nationalismus ist sehr ausgeprägt in vielen Bevölkerungsschichten.
Ich finde Macron ist das geringere Übel zur Zeit.

Guenter Scharf 03.04.22 14:40
@Jürgen Franke, 03.04.22, 09:50: "Wenn Macron das alles einhält, was er verspricht, wird er die Wahl gewinnen, ..."?
So geht's ja nicht. Erst mal muss gewählt werden.ERST NACH DER WAHL wird man sehen, ob er einhält, was er versprochen hat
Norbert K. Leupi 03.04.22 14:10
" Mehr soziale Gerechtigkeit " ?
Frage : Weiss der ehemalige Investmentbankster bei Rothschild überhaupt was soziale Gerechtigkeit ist ? Oder müssen ihn die " Gilets jaunes " in einer eventuellen 2. Amtsperiode wieder darauf hinweisen ???
Jürgen Franke 03.04.22 09:50
Wenn Macron das alles einhält,
was er verspricht, wird er die Wahl gewinnen, sofern die Wähler es ihm auch glauben