Macron bei Sicherheitskonferenz

SPD gegen atomare Abschreckung

Foto: epa/Sebastien Nogier
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MÜNCHEN (dpa) - Ist die Nato hirntot? Wie stark muss Europa sich von den USA abnabeln? Frankreichs Präsident hat zuletzt mehrfach mit starken Thesen für Furore gesorgt. Bei der Sicherheitskonferenz in München könnte Macron nachlegen. Die SPD zeigt ihm präventiv ein Stoppschild.

Als prominentester Gast wird Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz erwartet. Nachdem der 42 Jahre alte Franzose in den vergangenen Wochen wiederholt sicherheitspolitisch für Wirbel gesorgt hatte, darf man gespannt sein, ob er an diesem Wochenende nachlegt. Neben Macron werden auch Bundesverteidigungsministern Annegret Kramp-Karrenbauer sowie etliche internationale Spitzenpolitiker auf den Münchner Bühnen erwartet.

In einem Gespräch mit Konferenzleiter Wolfgang Ischinger (10.15 Uhr) kann Macron direkt eine Antwort auf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geben. Der hatte Macrons jüngsten Thesen in seiner Eröffnungsrede am Freitag in Teilen widersprochen. Der Franzose hatte der Nato im vergangenen Jahr den Hirntod attestiert und immer wieder gefordert, dass Europa sich unabhängiger von der Supermacht USA machen müsse. Grundsätzlich stellt Macron die Zusammenarbeit mit Washington aber nicht infrage. Zudem bot er den europäischen Partnern zuletzt eine engere Zusammenarbeit bei der atomaren Abschreckung an.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach sich gegen eine engere Kooperation bei der Abschreckung mit Atomwaffen aus. Vielmehr müsse auch Frankreich Schritte hin zu einer Abschaffung seines Atomwaffenarsenals unternehmen, sagte Mützenich der Deutschen Presse-Agentur. Macron habe angekündigt, dass er Abrüstung und Rüstungskontrolle wolle. Das müsse sich «in der nächsten Zeit auch in der französischen Politik widerspiegeln», forderte Mützenich. Frankreich ist nach dem Brexit das einzige EU-Land mit eigenen Atomwaffen.

Steinmeier sagte am Freitag in München: «Die Europäische Union allein kann die Sicherheit aller ihrer Mitglieder bei allen Fortschritten noch auf lange Sicht nicht garantieren. Und auf die EU allein zu setzen, hieße Europa in die Spaltung zu treiben.» Insgesamt zog der Bundespräsident eine düstere Bilanz der Weltlage und warb für mehr beherztes deutsches Engagement in der Krisendiplomatie. «Wir werden heute Zeugen einer zunehmend destruktiven Dynamik der Weltpolitik. Vom Ziel internationaler Zusammenarbeit zur Schaffung einer friedlicheren Welt entfernen wir uns von Jahr zu Jahr weiter.»

Außenminister Heiko Maas (SPD) zitierte in seiner Rede hingegen den früheren SPD-Verteidigungsminister Peter Struck, der zu Beginn des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr gesagt hatte, Deutschlands Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt. «Man muss heute hinzufügen - auch im Irak, in Libyen und im Sahel – aber eben genauso am Verhandlungstisch in New York, Genf oder Brüssel.» Maas betonte, ohne Diplomatie und ohne klare politische Strategie drohten Militäreinsätze zu verpuffen. Schlimmstenfalls verschärften sie die Krisen. Deswegen dürfe man «mehr Verantwortung» nicht mit «mehr Engagement» gleichsetzen.

Das transatlantische Verhältnis dürfte am Samstag ebenso wie die Konflikte in Afghanistan, dem Iran oder der Ukraine in mehreren Gesprächsrunden eine Rolle spielen.

- Den Auftakt machen am Morgen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sowie die US-Außen- und Verteidigungsminister Mike Pompeo und Mark Esper. Ihr Chef Donald Trump drängt die europäischen Nato-Partner und vor allem Deutschland regelmäßig zu höheren Verteidigungsausgaben.

- Am Nachmittag (ca. 15.00 Uhr) wird Kramp-Karrenbauer sprechen. Da Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in diesem Jahr nicht in München zu Gast ist, gilt die Rede der scheidenden CDU-Chefin als deutsche Antwort auf Macron.

- Auch Afghanistans Präsident Aschraf Ghani, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sowie die Außenminister Chinas, Russlands und des Iran - Wang Yi, Sergej Lawrow und Mohammed Dschawad Sarif - werden auftreten.

- Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, wird über die Entwicklung des neuartigen Coronavirus berichten.

- Außerdem werden Facebook-Chef Mark Zuckerberg und Microsoft-Präsident Brad Smith erwaret.

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