Machtkampf : Kritik an EU-Empfang für Tichanowskaja

Belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. Foto: epa/Maciej Kulczynski
Belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. Foto: epa/Maciej Kulczynski

MINSK/BRÜSSEL/MOSKAU: Mehr als einen Monat nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Belarus stellt sich Swetlana Tichanowskaja nun bei den Außenministern in Brüssel vor. Nicht nur dem Machtapparat von Alexander Lukaschenko in Minsk missfällt das.

Begleitet von scharfer Kritik der Außenministerien in Moskau und Minsk trifft sich die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja an diesem Montag mit Chefdiplomaten in Brüssel. Russland verurteilte schon vorab den EU-Empfang für Tichanowskaja als Einmischung in die inneren Angelegenheiten vom Belarus (Weißrussland). «Angesichts der Lage in Belarus läuft das dem Ziel zuwider, die Stabilität wiederherzustellen», sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa.

Russland sieht sich selbst seitens der Opposition in Belarus aufgefordert, sich aus den Angelegenheiten des Landes herauszuhalten. Die Demokratiebewegung in dem Land sieht Tichanowskaja als Siegerin der Präsidentenwahl vom 9. August. Dagegen hält Russland den umstrittenen Machthaber Alexander Lukaschenko für den Sieger.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat die 38-jährige Tichanowskaja zu einem Arbeitsfrühstück vor dem Treffen der EU-Außenminister eingeladen. Die Minister beraten über Sanktionen gegen Belarus. Tichanowskaja soll Gelegenheit haben, Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und die anderen Chefdiplomaten direkt über die Lage in ihrem Land zu informieren. Die EU hatte die Präsidentenwahl nicht anerkannt und auch die anschließende Gewalt unter Lukaschenko gegen friedliche Demonstranten verurteilt. Inzwischen gab es mehrere Tote, Hunderte Verletzte und mehr als 10.000 Festnahmen.

Russland unterstützt den als «letzten Diktator Europas» bezeichneten Lukaschenko politisch und finanziell. Der 66-Jährige hatte sich Anfang August nach 26 Jahren an der Macht zum sechsten Mal zum Wahlsieger erklären lassen - und zwar mit 80,1 Prozent der Stimmen. Kremlchef Wladimir Putin gratulierte ihm zum Sieg.

Am Sonntag waren in Belarus zum sechsten Mal in Serie Zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen. Sie demonstrierten für ein Ende des «brutalen Regimes», für die Freilassung von politischen Gefangenen und Neuwahlen ohne Lukaschenko. Der Machthaber lehnt einen Dialog mit der Opposition ab und betonte wiederholt, dass er die Macht nicht hergeben werde.

Russland fordert einen gesamtgesellschaftlichen Dialog und unterstützt Lukaschenkos Vorschlag einer Verfassungsreform. Auch das belarussische Außenministerium forderte die EU auf, diesen Weg einer neuen Verfassung zu unterstützen. Zugleich drohte Außenminister Wladimir Makej der EU mit Gegenmaßnahmen, sollten die Minister am Montag erneut Sanktionen gegen Belarus verhängen.

Die EU versuche, jetzt auf verschiedenen internationalen Plätzen Druck auf Belarus auszuüben, sagte Makej am Freitag. Möglich als Reaktion seien eine Sanktionsliste gegen europäische Amtsträger sowie der Entzug der Akkreditierung für ausländische Korrespondenten in Belarus. Radikalere Schritte seien, die Zusammenarbeit in internationalen Organisationen oder das Ausmaß diplomatischer Kontakte mit einzelnen Ländern auf den Prüfstand zu stellen.

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