Lula gewinnt erste Runde der Präsidentenwahl

Die Rede des brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen. Foto: epa/Sebastiao Moreira
Die Rede des brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen. Foto: epa/Sebastiao Moreira

BRASÍLIA: Der populäre wie umstrittene Ex-Präsident feiert ein Comeback. Aber die eigentliche Überraschung ist das starke Abschneiden des rechten Amtsinhabers. Das Rennen um das höchste Staatsamt in Brasilien ist wieder offen.

Überraschend knapp hat Luiz Inácio Lula da Silva die erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien gewonnen. Der linke Ex-Staatschef kam auf 48,43 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt am Montag mitteilte. Amtsinhaber Jair Bolsonaro erhielt demnach 43,20 Prozent. Allerdings schnitt der Rechtspopulist deutlich stärker ab als erwartet. In vier Wochen treffen Lula und Bolsonaro nun in der Stichwahl aufeinander.

«Wir werden mit unseren Gegnern und unseren Freunden sprechen und sie davon überzeugen, dass wir die beste Option sind, um das Leben des brasilianischen Volkes zu verbessern», sagte Lula nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. «Ich habe immer daran geglaubt, dass wir diese Wahl gewinnen werden. Das ist für uns nur eine Verlängerung.»

Bolsonaro gab sich nach seinem überraschend starken Ergebnis siegessicher. «Viele Menschen sind auf die von den Meinungsforschungsinstituten verbreiteten Lügen hereingefallen. Sie lagen mit allen Prognosen falsch und sind schon jetzt die größten Verlierer dieser Wahl», schrieb er am Montag auf Twitter. «Wir haben diese Lüge besiegt und jetzt werden wir die Wahl gewinnen.»

Die Präsidentenwahl hat die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas extrem gespalten. Lula bezeichnete Bolsonaro wegen dessen zögerlicher Corona-Politik als Völkermörder, Bolsonaro nannte seinen Kontrahenten nach dessen Verurteilung wegen Korruption einen Dieb.

Viele Anhänger des 76-Jährigen verbinden Lula mit den goldenen Zeiten Brasiliens, als die Wirtschaft aufgrund der hohen Rohstoffpreise boomte und die Regierung mit Hilfe von Sozialprogrammen Millionen Menschen aus der bittersten Armut holte. Für seine Gegner hingegen ist Lula verantwortlich für Korruption und Vetternwirtschaft.

Die Unterstützer von Bolsonaro sehen ihren Staatschef hingegen als Verteidiger traditioneller Familienwerte und wirtschaftlicher Freiheit. Radikale Anhänger des Hauptmanns der Reserve forderten bei Demonstrationen unverhohlen einen Militärputsch gegen Parlament und Justiz, die den Präsident zuletzt immer wieder in seine Schranken wiesen.

«Bolsonaro geht stärker als erwartet aus der ersten Wahlrunde hervor. Das bringt ihm einen gewissen psychologischen Vorteil», sagte die Politikwissenschaftlerin Luciana Veiga der Zeitung «Folha de S. Paulo». «Lula muss für die zweite Runde mehr denn je Allianzen schließen.»

Die Präsidentenwahl in Brasilien hat auch für den Rest der Welt eine große Bedeutung. Als riesiger Kohlenstoffspeicher spielt das Amazonasgebiet im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel eine wichtige Rolle. Gerade angesichts der angespannten Lage auf dem Energie- und Lebensmittelmarkt wegen des Ukraine-Kriegs ist das Land mit seinen enormen natürlichen Ressourcen und seiner großen Agrarwirtschaft ein interessanter Handelspartner.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Ingo Kerp 03.10.22 13:42
Ob es nach der Stichwahl, die wahrscheinlich zu Gunsten von Lula ausgeht friedlich weitergeht im Land, steht noch in den Sternen. Bolsonaro wird sicher weiter für Unruhe sorgen und das brasil. Militär ist ihm gegenüber recht gewogen.