Lufthansa will nicht mehr selbst kochen

Foto: epa/Mauritz Antin
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FRANKFURT/MAIN (dpa) - Mit Bordverpflegung lässt sich nicht genug Geld verdienen, findet die Lufthansa. Mitten in einer noch nicht vollendeten Sanierung soll die Catering-Sparte verkauft werden - gegen den Willen der Beschäftigten.

Der Lufthansa-Konzern will nicht mehr selbst kochen und hat daher seine Catering-Tochter LSG Sky Chefs mit weltweit rund 35.000 Mitarbeitern offiziell zum Verkauf gestellt. Das Unternehmen steckt mitten in einer aufwendigen Sanierung und hat trotzdem mit 115 Millionen Euro gerade eines der besten operativen Ergebnisse seiner Geschichte an den Mutterkonzern abgeliefert. In der Großküche am Frankfurter Flughafen und anderswo herrscht deshalb Unverständnis und große Unruhe.

Der Billigtrend beim Fliegen hat die Bordverpflegung zumindest auf Kurzstrecken fast obsolet gemacht. Die Passagiere zahlen meist nur noch den nackten Ticketpreis und nicht mehr das Rundum-Sorglos-Paket von früher. Wo jeder Snack und jeder Drink extra kostet, sinkt der Absatz und auch die verbleibenden Angebote werden unter hohem Kostendruck hergestellt. Die LSG hat darauf unter anderem mit dem Bau eines neuen Produktionswerks im tschechischen Bor reagiert, um von den geringeren Lohnkosten zu profitieren. Trotzdem gibt es aus Sicht des Lufthansa-Vorstands bei der Bordverpflegung nicht mehr richtig viel zu verdienen.

Zumindest das Europa-Geschäft soll an einen strategischen Investor gehen, der das Handwerk verstehe, heißt es in Konzernkreisen. Mindestens drei Interessenten gebe es bereits - neben den europäischen Konkurrenten Do&Co und Gate Gourmet soll sich auch Dnata aus Dubai für die LSG-Küchen interessieren. Die Unternehmensteile in mehr als 100 außereuropäischen Staaten könnten in einem zweiten Schritt auch an branchenfremde Finanzinvestoren gehen.

Die noch gut 7.000 deutschen Arbeitnehmer sind entsetzt über die Verkaufspläne. Schließlich hätten Betriebsräte und Gewerkschaft die Sanierungspläne samt der Auslagerung nach Tschechien mitgetragen, sagt Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle. Für das geplante neue Zentralwerk im rheinland-pfälzischen Alzey habe man Tarifverträge abgeschlossen und insgesamt bei den Arbeitsplatzverlusten längst nicht so viel Krawall gemacht, wie es möglich gewesen wäre.

Laut Unternehmen sind in Deutschland immer noch rund 580 Vollzeitstellen zu viel an Bord, der mögliche Verkauf bringt weitere Unsicherheiten. «Viele wissen jetzt nicht, was auf sie zukommt», beschreibt Behle die Stimmung, die in den kommenden Wochen verschiedene Protestaktionen prägen werde.

Das Geschäft mit der Bordverpflegung ist kompliziert und personalintensiv, wie sich in der Frankfurter Zentralküche leicht beobachten lässt. Mehrköpfige Kochteams verschiedener Nationalitäten geben sich dort täglich die Löffel und Messer in die Hände, um nach engen Kostenvorgaben und streng nach dem Flugplan der Zielländer möglichst authentische Mahlzeiten zu bereiten. Japanisch, thai, chinesisch, koreanisch, indisch, halal und die westliche Küche haben die Frankfurter Köche drauf. Nur koschere Speisen für strenggläubige Juden lässt sich die LSG lieber von einem Spezialisten zuliefern.

Bis zu 60.000 Einzelteile vom Joghurt über den Teelöffel bis zum vorbereiteten Hauptgang und den Limetten für die Caipirinha-Cocktails verlädt die Mannschaft in einen Langstrecken-Airbus A380. Zwischen Anlieferung der Waren und der Übergabe an die Flugzeug-Crew stehen Hunderte Arbeitsschritte. Trotz aller Industrialisierung bleibt eine Menge Handarbeit übrig, an vielen Arbeitstischen richten Männer und Frauen die Lebensmittel an.

Verdi will den Verkauf der Sparte eigentlich verhindern oder mindestens Lufthansa als Mehrheitsgesellschafter behalten. Doch im Lufthansa-Vorstand ist die Entscheidung wohl bereits gefallen, sich in einen reinen Airline-Konzern zu wandeln und die margenschwache Catering-Tochter abzustoßen. Obwohl bei einem Verkauf als Ganzes zunächst alle Verträge weiter gelten würden, fürchtet die Gewerkschaft einen Austritt aus dem von Lufthansa dominierten Arbeitgeberverband und mögliche Subunternehmens-Modelle, mit denen neue Eigner an den Start gehen könnten. Hier steht Lufthansa-Chef Carsten Spohr im Wort, bei dem Deal auf gute Bedingungen für die Beschäftigten achten zu wollen.

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