Liechtenstein feiert 300 Jahre Bestehen

von Adel bis Zahnkronen

Foto: wikimedia/Michael Schneider
Foto: wikimedia/Michael Schneider

VADUZ (dpa) - Das Fürstentum Liechtenstein feiert am heutigen Mittwoch seinen 300. Geburtstag. Das Miniland mitten in Europa spielt wirtschaftlich in der Weltliga und hat eine deutsche Prinzessin, die Prinz Charles einst vom Thron stoßen könnte - glauben manche Royalisten zumindest.

Welches Land ist so groß wie Manhattan, aber hat statt 1,6 Millionen nur 38.000 Einwohner? Welches Land hat nur einen einzigen Bischof, einen Tunnel, ein Freibad, ein Gefängnis und ein McDonald's-Restaurant, aber 15 Banken? Es ist das Fürstentum Liechtenstein, mit 38.000 Einwohnern das sechskleinste Land der Welt, eine gute halbe Autostunde südlich des Bodensees. An diesem Donnerstag feiert es 300-jähriges Bestehen. Außerhalb der Nachbarländer Österreich und Schweiz ist das deutschsprachige Liechtenstein für viele ein unbeschriebenes Blatt. Zu Unrecht.

ADEL: Die Fürstenfamilie hat erhebliches Sagen im Kleinstaat. Aber die 25.000 Liechtensteiner finden das okay. Das Vetorecht des Fürsten gegen Parlaments- und Volksentscheide zu beschneiden, haben sie bei einem Referendum 2012 abgelehnt. Sie teilen seinen erzkonservativen Kurs: als er mit dem Veto gegen eine Lockerung des Abtreibungsverbots drohte, lehnte das Volk 2011 auch das bei einem Referendum ab. Das Staatsmotto: «Für Gott, Fürst und Vaterland».

DEUTSCHE KÖNIGLICHE HOHEIT: Staatsoberhaupt ist Fürst Hans-Adam II. (73), aber er hat seinem Sohn, Erbprinz Alois (50), 2004 schon die Regierungsgeschäfte übertragen. Dessen Frau ist Erbprinzessin Sophie, geborene Herzogin in Bayern (51). Sie ist Sprössling des einst regierenden Königshauses Wittelsbach und deshalb eine «Königliche Hoheit». Und nicht nur das: Sie ist auch verwandt mit Jakob II (1633-1701), der einst vom Thron von England, Schottland und Irland vertrieben wurde. Dessen Anhänger die Jakobiten sehen in Sophie nach ihrem Onkel Franz und ihrem Vater Max die rechtmäßige Thronanwärterin in London. Sie hat aber kein Interesse, Prinz Charles oder Prinz William den Thron streitig zu machen, beschied sie.

STEUERPARADIES: Der Spitzensteuersatz liegt bei acht Prozent, dazu kommen noch Gemeindesteuern. Neben den 25.000 Liechtensteinern haben 13.000 Ausländer das heiß begehrte Wohnrecht. Nur ein paar Dutzend davon gibt es im Jahr. 20.000 Menschen - mehr als die Hälfte der in Liechtenstein Beschäftigten - müssen in den Nachbarländern Schweiz und Österreich wohnen.

BANKEN: 15 Banken sind in Liechtenstein tätig und betreiben vor allem Vermögensverwaltung. 2017 kümmerten sie sich um umgerechnet 265 Milliarden Euro Kundenvermögen. Statistisch wären das fast sieben Millionen pro Einwohner - aber SO reich sind die Liechtensteiner doch nicht. Ein Großteil sind ausländische Vermögen. Die größte Bank, LGT, gehört der Fürstenfamilie.

GELDWÄSCHE: Jahrzehnte galt Liechtenstein als Geldwäscheparadies. Mit seinem obskuren Stiftungswesen war es Anlaufstelle für Ausländer, die unversteuerte Vermögen vor dem heimischen Fiskus verstecken wollten. Geklaute und nach Deutschland verkaufte Kundendaten lösten beispiellose Ermittlungen gegen Hunderte Bundesbürger wegen Steuerhinterziehung aus. Im Zuge der Affäre musste 2008 der damalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post AG, Klaus Zumwinkel, zurücktreten und wurde verurteilt. Mit radikalen Reformen sei der Sumpf trockengelegt worden, sagen Liechtensteiner Behörden. Im Herbst 2018 nahm die EU Liechtenstein von der Grauen Liste der Steueroasen.

ZAHNKRONEN: Zwar machen Banken 25 Prozent der Wirtschaftsleistung aus, aber noch stärker ist die Industrie. Kein Land hat gemessen an der Bevölkerung so viele Firmen: 4.600, das heißt statistisch eine Firma pro acht Einwohner. Darunter sind Weltkonzerne: etwa Hilti mit Befestigungs- und Abbautechnik, Neutrik bei Mikrofon- und Lautsprechersteckern, und Ivoclar Vivadent. Das Privatunternehmen hat bei Keramik-Zahnkronen weltweit nach eigenen Angaben einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent und die nächste Innovation am Start: mit einem Scanner macht der Zahnarzt Fotos im Mund, die eine Software verarbeitet und zu einer Schleifmaschine schickt, die innerhalb weniger Minuten aus einem Keramikblock den passenden Zahn schleift.

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