Letzte Frist für Regierungsbildung in Israel läuft ab

Foto: epa/ Ronen Zvulun
Foto: epa/ Ronen Zvulun

JERUSALEM (dpa) - Was vorher als undenkbar galt, scheint jetzt Realität zu werden: Um Mitternacht endet die letzte Möglichkeit für die Abgeordneten, eine Regierung zu bilden. Dann steht die nächste Wahl an - die dritte innerhalb eines Jahres.

Kurz vor Ablauf einer letzten Frist zur Regierungsbildung in Israel ist weiter kein Ausweg aus der festgefahrenen Situation zu erkennen. Um Mitternacht (23 Uhr MEZ) löst sich das Parlament in Jerusalem automatisch auf - wenn es vorher nicht doch noch zu einer Einigung für eine Koalition kommt. Ohne Einigung steht Israel die dritte Wahl in weniger als einem Jahr bevor, nach derzeitigem Stand am 2. März 2020.

Auf das Datum haben sich bereits Anfang der Woche die Parteien für den Fall der Parlamentsauflösung geeinigt. Parlamentspräsident Juli Edelstein sagte, man werde am Mittwoch ein Gesetz über eine vorgezogene Wahl für diesen Termin erlassen, sollte es bis dahin keine Einigung geben.

Schon zweimal wurde in diesem Jahr in Israel ein neues Parlament gewählt, wegen einer Pattsituation zwischen dem rechts-religiösen und dem Mitte-Links-Lager gelang jedoch keine Regierungsbildung. Bemühungen um die Bildung einer großen Koalition zwischen Blau-Weiß und dem rechtskonservativen Likud des bisherigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sind nach der Wahl am 17. September ebenfalls gescheitert.

Netanjahu war es auch nach der vorangegangenen Wahl im April nicht gelungen, eine Koalition zu formen. Er ist seit 2009 durchgängig im Amt.

Der Regierungschef bestand nach der Wahl im September darauf, mit einem ganzen Block rechter und religiöser Parteien in das Bündnis einzutreten. Sein Herausforderer Benny Gantz hatte sich zur Bildung einer liberalen, säkularen Koalition verpflichtet und lehnte auch ein Bündnis mit Netanjahu als Regierungschef wegen der Korruptionsvorwürfe ab.

Blau-Weiß war zwar mit 33 von 120 Mandaten als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen. Der Likud kam auf 32 Mandate. Netanjahu erhielt allerdings 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten, Gantz eine Stimme weniger. Avigdor Lieberman von der ultrarechten Partei Israel Beitenu galt als Königsmacher. Er machte sich für eine große Koalition von Netanjahus Likud und Blau-Weiß stark.

Netanjahu steht aktuell massiv unter Druck, weil Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit ihn wegen Korruption anklagen will. Bei den Vorwürfen geht es um den Verdacht der Beeinflussung von Medien, angebliche krumme Deals mit Unternehmen und Luxusgeschenke befreundeter Geschäftsleute im Gegenzug für politische Gefälligkeiten. Netanjahu hat noch bis zum 1. Januar Zeit, beim Parlament Immunität gegen Strafverfolgung zu beantragen.

Jüngste Meinungsumfragen sehen allerdings auch bei einer dritten Wahl ein ähnliches Ergebnis wie zuvor. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenseite Walla käme Blau-Weiß auf 35 Mandate, der Likud auf 33. Das Mitte-Links-Lager könnte demnach mit 57 Sitzen und das rechts-religiöse Lager mit 55 Sitzen rechnen - damit gäbe es wieder eine Pattsituation. Liebermans Beitenu bliebe mit acht Mandaten das Zünglein an der Waage.

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Ingo Kerp 12.12.19 13:16
Anfang des kommenden Jahres gibt es dann die 3. Wahl innerhalb von 12 Monaten. Das Tragische ist, es dürfte wieder so ausgehen, wie die vorherigen Wahlen, also ohne eindeutiges Ergebnis. Eine Änderung koennte sich lediglich ergeben, wenn Netanjahu wegen der Korruptionsanklagen im Gefängnis landen sollte und kein polit. Amt bekleiden darf.