Letzte Ausfahrt Paris - Greipel hofft auf krönenden Abschied

Foto: Pixabay/Jo Wiggijo
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LA ROCHE-SUR-FORON: Seine zehnte Tour-Teilnahme ist zeitweise «eine Tortur». Aufgeben kommt für André Greipel aber nicht in Frage. Schließlich ist es mit ziemlicher Sicherheit seine letzte Tour. Am Sonntag will er im Königssprint auf den Champs Élysées noch einmal mitmischen.

Wenn André Greipel am Sonntag den Eiffelturm erblickt, hat der Altstar sein erstes Ziel erreicht. Dann steigt der Puls. Über die Pont Neuf, vorbei am Louvre, ab auf den Place de la Concorde und dann auf die Avenue des Champs Élysées. Endstation Sehnsucht. Der Altstar kennt die Route in- und auswendig, ist sie viele Male in seiner Karriere bei der Tour de France abgestrampelt. Und doch ist es dieses Mal etwas Besonderes.

«Ich gehe davon aus, dass das meine letzte Tour ist», sagt der 38-Jährige im Interview der Deutschen Presse-Agentur und schiebt schnell hinterher: «Aber das ist in Ordnung.» Im nächsten Jahr kommt der Vierfach-Champion Chris Froome in Greipels Rennstall Israel Start-Up Nation. Dann geht es für die von Milliardär Sylvan Adams alimentierte Mannschaft um das Gelbe Trikot, viele Helfer wurden für Froome bereits verpflichtet. Für Greipel, der gerade bis 2022 verlängert hat, ist dann im Tour-Kader kein Platz mehr.

Bevor Greipel von der Tour-Bühne verschwindet, will er sich aber noch einmal in Erinnerung bringen. «Ich hoffe, dass ich dort noch mal meinen Sprint fahren kann», sagt der gebürtige Rostocker. Am liebsten wie 2015 und 2016, als er den Königssprint in Paris gewann. Doch Greipel ist realistisch. «Es ist schwer, gegen die ganzen jungen Wilden noch einmal eine Etappe zu gewinnen», sagt der elfmalige Etappensieger.

Wichtig sei in erster Linie, dass die Tour trotz der steigenden Corona-Infektionszahlen überhaupt Paris erreicht. «Eine Tour ohne Paris ist keine Tour. Wir brauchen es, dass die Tour bis dahin weiterfährt. Ob das zu verantworten ist, ist die andere Seite», sagt Greipel. Es sei eine «komische Tour» wegen all der Einschränkungen gewesen. Ein bisschen so, «wie mit seinen Kollegen zum Training zu gehen».

Eine komische Tour und eine der härtesten, wie Greipel betont. Wegen der Umstände. Schon zu Beginn der Rundfahrt stürzte das Kraftpaket schwer. «Der Sturz, Antibiotikum, Verdauungsprobleme - das war schon eine Tortur», berichtet der Sprinter, der seinem Metier nicht richtig nachgehen konnte und oft nur am Ende des Feldes fuhr. Inzwischen ist er wieder bei Kräften, über die größten Alpenriesen hat er es im Gegensatz zu einigen jüngeren Kollegen auch geschafft. Bei seiner zehnten Teilnahme wird er Paris wohl das neunte Mal erreichen.

Mit all seiner Erfahrung sieht Greipel die Entwicklung der Tour auch kritisch. «Die Tendenz geht dahin: Immer schneller, immer weiter, immer höher», moniert der mit 156 Siegen erfolgreichste Fahrer im Feld. Greipel macht sich so seine Gedanken, auch dass die Fahrer in immer jüngeren Jahren in den Profizirkus gehen. «Ich weiß nicht, ob das gut für die jungen Fahrer ist», sagt Greipel, der bei seinem Team auch als Ratgeber für die Youngster eine wichtige Größe ist. «Während des Corona-Shutdowns war er ein großartiger Mentor für unsere jungen Fahrer», lobt Adams den Deutschen, der eine «positive Kraft» im Team sei.

Er wolle seine Karriere im Israel-Team zu Ende bringen, sagt Greipel. Der Ankunft von Froome steht er positiv gegenüber. «Für die Lebenserfahrung kann man schon noch etwas mitnehmen.» Vorher gilt es aber, die letzten Tour-Erfahrungen einzusammeln. Und dann ist da noch dieser letzte Sprint in Paris.

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