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Foto: vege / Fotolia.com
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„Beim Teutates!“ – Als bekennender Asterix™-Fan, wollte ich diesen Ausruf schon immer richtig platziert anbringen und jetzt war es nun soweit. Manchmal passieren Dinge, die wie die Faust auf das Auge passen und so hat am 20. Oktober 2015 der oberste Gerichtshof eine wegweisende Entscheidung in den leidigen Fällen zur Bekämpfung der Computer-Kriminalität geschaffen. Hinzu kommt die Veröffentlichung des neuen Asterix™-Bandes. Zugegeben ist dieser Zusammenhang ein wenig weit hergeholt, aber beim Lesen der besagten Gerichtsentscheidung, konnte ich mir ein „Beim Teutates!“ nicht verkneifen.

Doch nun erst einmal der Reihe nach. Dem Gesetz zur Bekämpfung der Computer-Kriminalität aus dem Jahr 2007 liegen zwei Überlegungen des Gesetzgebers zu Grunde. Zum einen sollen diejenigen einer strafrechtlichen Verantwortung herangezogen werden, die mit Viren, Trojanern oder mit sonstigen technischen Mitteln dazu beitragen, Daten, Datensysteme und Server zu stören bzw. beschädigen. Dieses Vorgehen wird sehr begrüßt, denn die Wiederherstellung von Datensystemen, bzw. die Vorsorge, dass so etwas erst gar nicht passiert, kostet eine nicht unerhebliche Menge Geld.

Gegen Verleumdung im Internet

Die zweite Motivation des Gesetzgebers ist schon etwas fraglicher oder um es genauer auszudrücken, der gute Wille war da, aber was die Praxis daraus macht, führt zum Teil zu sehr dubiosen Ergebnissen. Der Gesetzgeber schafft mit diesem Gesetz eine rechtliche Grundlage, um gegen Verleumdung, üble Nachrede und Persönlichkeitsverletzungen vorzugehen, welche digital erfolgen, bspw. durch die Veröffentlichung auf einer Webseite. Der Gesetzgeber war der Meinung, dass man die digitale Form der Verleumdung etc. unterbinden muss, da diese dem Wirtschaftsstandort Thailand schadet. Die genannten Delikte sind ernst zu nehmen und es ist für den Betroffenen ein Unterschied, ob die üble Nachrede im kleinen Kreis erfolgt oder plötzlich durch einen entsprechenden Eintrag auf einer Webseite in die weite Welt getragen wird. Die genannten Delikte bestehen schon seit Jahrzehnten und in vielen Fällen ist es schwer, eine Trennung zwischen subjektiver Meinung und tatsächlicher Verleumdung/ üblen Nachrede zu finden. Dieses Problem hat sich durch die ganzen Webportale, Rating-Seiten, Web-Blogs usw. nur verschärft. Es spielt keine Rolle, in welchem Geschäftsfeld jemand aktiv ist, man kann es nicht allen Recht machen. Da nun manche Anbieter von Dienstleistungen bzw. Verkäufer von Produkten es nicht gerne hören, wenn man an ihnen berechtigte Kritik ausübt, wird dieses Gesetz in vielen Fällen eingesetzt, um zum Gegenschlag auszuholen, um somit eventuelle zivilrechtliche Ansprüche des Geschädigten im Keim zu ersticken.

Doch wen will man nun anzeigen, wenn man bedenkt, dass die wenigsten ihre Einträge mit vollen Namen unterschreiben? In den meisten Fällen werden Fantasienamen verwendet. Es ist auch zu klären, von welchem Computer diese Mitteilung versendet wurde. Da wir überall Spuren hinterlassen, so auch im Netz, war und ist die bisherige Praxis, dass sich der Staatsanwalt mittels IP-Adresse und Telefonverbindungsprotokollen Klarheit darüber verschafft, von welchem Computer aus die Mitteilung versendet bzw. ins Netz gestellt wurde, und hat dann den Angeklagten. Diese Handlungsweise ist äußerst fraglich bei Unternehmen, in denen zum Teil Hunderte Computer stehen. Für den Staatsanwalt ist bisher der Eigentümer des Computers auch der Angeklagte. So standen schon verblüffte Computereigentümer vor Gericht, die gar nicht wuss­ten, um was es ging und sich nun strafrechtlich verantworten mussten für einen Eintrag, von dem sie keine Kenntnis hatten. Dies würde jeden von uns verwundern. Wissen Sie, was ihre Mitarbeiter oder Familienmitglieder und/ oder Freunde an dem Computer im Betrieb/ in ihrem Haus so machen?

Die IP-Adresse ist noch kein Beweis

Nach vielen Jahren hat nun der oberste Gerichtshof entschieden, dass eine IP-Adresse noch kein Beweis ist, dass der Computereigentümer personengleich mit der Person ist, welche die negative Mitteilung ins Internet gestellt hat. Diese Entscheidung dürfte für eine künftige Abnahme der Prozessflut unter den Computerstraftaten sorgen, da der Staatsanwalt künftig um einiges mehr ermitteln muss, um zweifelsfrei nachzuweisen, dass der verwendete Computer auch wirklich zum Angeklagten gehört und von diesem auch in der strafrechtlich relevanten Weise verwendet wurde. Dies dürfte in vielen Fällen sehr schwierig sein und so ist man als Betroffener in vielen Fällen auch nicht davor geschützt, dass man im Internet zu Unrecht beleidigt wird.

Die Vertreter der Redefreiheit verbuchen es dennoch als Sieg, da es viele Einträge im Internet gibt, welche alle dem subjektiven Empfinden unterliegen, aber nur ein Teil davon sind strafrechtlich relevant. Objektiv ist es auch gar nicht so schwer herauszufinden wer wirklich hinter einer Beleidigung steckt, da die Verfasser oft Informationen mitteilen, welche nur wenige Personen wissen können. Wer sich nun bei Bewertungsportalen beschwert, dass die Stewardess nicht gelächelt hat, als sie den Kaffee serviert hat oder das Hotelzimmer total schlecht war, wird auch weiter dies straffrei tun können. Dies mag zwar bedingt ärgerlich sein, aber wer eine berechtigte Beschwerde vorzutragen hat, wird dies in einer Form tun, in welcher er sich identifiziert. All die anderen, welche meinen, ihre wenig konstruktive Kritik unter Pseudonymen der Welt mitzuteilen, denen mag man ein Rollentausch wünschen. Meiner Meinung sind Bewertungsportale sowieso überschätzt und hindern die eigene Meinungsbildung durch persönliche Erfahrungen. Und dies dient wiederum der Meinungsfreiheit im Allgemeinen, welche ein hohes Gut ist – und dieses zu schützen, muss unsere Aufgabe sein.

Über den Autor dieser Kolumne

Der deutsche Rechtsanwalt Markus Klemm, zugelassen am Landgericht Stuttgart, schreibt die FARANG-Rechtsberatungs-Kolumne. Zusammen mit Amnat Thiengtham ist er gleichberechtigter Geschäftsführer der Kanzlei Asia LawWorks an der Thepprasit Road in Pattaya, welche auf der Anwaltsliste der deutschen Botschaft aufgeführt ist. Immer wieder geraten Residenten in Streitangelegenheiten mit rechtlichen Folgen. DER FARANG möchte mit dieser Kolumne aufklären, um das Leben in Thailand leichter zu gestalten. Die Law Lounge-Kolumne ersetzt jedoch keine persönliche Beratung. Ebenfalls erfolgt keine Rechtsberatung per Telefon!

Rechtsanwalt Klemm kann per E-Mail: talk2us@asialawworks.com oder telefonisch unter +66 38 411 591 kontaktiert werden.

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Leserkommentare

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