Laschet und Spahn stimmen auf Opposition ein

Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, spricht beim Deutschlandtag der Jungen Union im Messe- und Congress Centrum Halle Münsterland. Foto: Marcel Kusch/dpa
Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, spricht beim Deutschlandtag der Jungen Union im Messe- und Congress Centrum Halle Münsterland. Foto: Marcel Kusch/dpa

MÜNSTER: Beim Deutschlandtag der Jungen Union wird klar: Es träumt niemand mehr von Jamaika. Die Union stellt sich auf Opposition ein. CDU-Chef Armin Laschet nimmt die Wahlniederlage voll auf seine Kappe. Es kommen auch kämpferische Töne.

Rund drei Wochen nach der historischen Wahlniederlage der Union haben CDU-Chef Armin Laschet und sein Parteivize Jens Spahn auf eine Oppositionsrolle eingestimmt. Unionskanzlerkandidat Laschet übernahm die alleinige Verantwortung für das miserable Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl. «Wir haben ein bitteres Ergebnis erzielt», sagte er am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster. «Nichts lässt sich schön reden. Die Verantwortung trage ich als Vorsitzender und Kanzlerkandidat.»

Laschet machte deutlich, dass er die Union in einer Oppositionsrolle im Bund sieht. In der Opposition sei es besonders wichtig, «gemeinsam und einheitlich aufzutreten» und «klug und intelligent den Finger in die Wunde zu legen», wenn eine künftige Regierung Fehler mache. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten am Freitag in Berlin ein gemeinsames Papier zum Ergebnis ihrer Sondierungsgespräche vorgelegt und für Koalitionsverhandlungen plädiert.

Beim Deutschlandtag der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU stand eine Erneuerung nach dem Absturz auf 24,1 Prozent im Mittelpunkt. Zwei jüngere Umfragen sehen die Union aktuell sogar bei unter 20 Prozent. Die CDU will ihren Parteivorstand bei einem Sonderparteitag neu wählen. Laschet mahnte auch mit Blick auf mehrere anstehende Landtagswahlen, es müsse wieder gegen den politischen Gegner gehen und «nicht gegeneinander in der Unionsfamilie». Er will eigene politische Ambitionen zurückstellen. Die Delegierten zollten Laschet Respekt für seine selbstkritische Analyse. JU-Chef Tilman Kuban sprach von «brutaler Ehrlichkeit», von «wahrer Größe».

CSU-Chef Markus Söder hatte dagegen kurzfristig abgesagt, was viele Delegierte in ihren Redebeiträgen kritisierten. Söder war im internen Ringen um die Kanzlerkandidatur unterlegen gewesen und hatte immer wieder gegen Laschet gestichelt. In der «Welt am Sonntag» warb er nun für ein neues Miteinander der beiden Schwesterparteien. «In Stil und Inhalt sollten wir wieder enger zusammenrücken, anstatt öffentlich übereinander zu reden», meinte Söder. «Die CSU wird daher keine öffentlichen Ratschläge erteilen, sondern - wenn es gewünscht ist - mithelfen, die Union zu stabilisieren.»

Gesundheitsminister Jens Spahn bemängelte Misstrauen und Zerrissenheit. Er räumte ein: «Es war ein beschissenes Wahlergebnis und die Lage ist es auch.» Die Union werde eine konstruktive Opposition sein. Zugleich gab er sich kämpferisch: «Die CDU ist nicht erledigt.» Spahn rief zu Teamgeist statt «Schaulaufen» auf. «Es geht hier doch nicht um Armin, Friedrich, Jens, Ralph oder wen auch immer», rief er unter großen Beifall in der Halle. «Die Union ist größer als jeder von uns.» Als Anwärter für die Nachfolge Laschets werden Spahn, der Wirtschaftsexperte Friedrich Merz, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus oder der Außenpolitiker Norbert Röttgen genannt. Zum Abschuss des Deutschlandtags am Sonntag wollte sich Brinkhaus in Münster äußern.

Laschet wies Merz' Darstellung zurück, der die Union am Freitag zu Beginn der JU-Tagung als «insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall» bezeichnet hatte. Merz hatte seine Partei aufgefordert, nicht Personalfragen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die inhaltliche Aufstellung. «Wir sollten uns ausschließlich mit der Frage beschäftigen, wie kommen wir da wieder raus?»

Laschets designierter Nachfolger für seine Ämter als NRW-Ministerpräsident und Landesparteichef, Hendrik Wüst, appellierte: «Wir haben die Bundestagswahl verloren, ja. Und nach Lage der Dinge haben wir auch die Regierungsbeteiligung verloren, ja. Aber wir dürfen nicht auch noch unsere Haltung, unser Benehmen und unsere Selbstachtung verlieren.» Um die Landtagswahl in NRW im Mai 2022 zu gewinnen, müsse die Partei wieder die politische Mitte zurückerobern, stellte Verkehrsminister Wüst klar. Laschet hatte kürzlich als seinen Nachfolger in Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen.

Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann meinte, nach dem Abstieg der Union von der ersten in die zweite Liga gehe es jetzt um «Demut, um Haltung, aber auch um Zukunft.» Er sprach sich «in dieser ganz besonderen Situation» für einen Mitgliederentscheid zum Parteivorsitz aus. «Wir müssen wieder eine Mitgliederpartei werden.» Laschet zeigte sich dagegen skeptisch. Die Vorsitzende der Gruppe der Frauen in Unions-Bundestagsfraktion, Yvonne Magwas, plädierte für eine paritätisch besetzte CDU-Doppelspitze.

Der JU-Bundesvorstand ging in einem Antrag hart mit den Mutterparteien ins Gericht. «Armin Laschet konnte die Herzen der Menschen leider nicht erreichen. Ganz im Gegenteil: Viele Wähler haben der Union wegen des Personalangebots die Stimme nicht gegeben», hieß es dort. «Eine solche Kandidatur ist aber keine One-Man-Show. Weder im Sieg noch in der Niederlage.» Nur wenige im Bundeskabinett seien im Wahlkampf hilfreich gewesen. Auch die Spitzen von CDU und CSU hätten «keine gute Figur abgegeben». Und: «Wir haben aus eigener Schwäche verloren, nicht wegen der Stärke der anderen.»


Laschet sieht Mitgliederbefragung zu CDU-Vorsitz kritisch

MÜNSTER: Unionskanzlerkandidat Armin Laschet hat sich skeptisch über eine Mitgliederbefragung zur Wahl eines neuen CDU-Bundesvorsitzenden geäußert. Auch ein Bundesparteitag sei «immer noch ein sehr gutes Instrumentarium, um die Breite der Partei abzubilden», sagte der Parteichef am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster. Man solle nicht so tun, als entschieden Bundesparteitage mit mehr als 1000 Delegierten an der Basis vorbei.

«Ich bin nicht prinzipiell dagegen», sagte Laschet zur Frage der Mitgliederbefragung. «Wir können das mal machen.» Man sollte aber auch anerkennen, dass es in Konsensgesprächen leichter sei als in Mitgliederbefragungen, mehr junge Leute und Frauen in Vorstandsposten zu bekommen.

Laschet appellierte an die Union, sie müsse wieder lernen zusammenzustehen, wenn die Angriffe von außen härter würden. Solche Kämpfe wie den zurückliegenden Bundestagswahlkampf könne man «nur durchstehen, wenn man untereinander solidarisch ist und eine Kampftruppe ist». Mehr Geschlossenheit sei auf jeden Fall eine Lehre aus dem schlechten Bundestagswahlergebnis.

Laschet sagte vor den Delegierten, es sei «eine Legende», dass Wolfgang Schäuble quasi entschieden habe, wer Kanzlerkandidat der Union werden solle. Das sei «grober Unsinn».

Eine Schwäche der Union und eine Schwächung im Wahlkampf sei es gewesen, dass aus Vorstandssitzungen heraus Medien quasi über den Liveticker informiert worden seien. «Solange ich CDU-Vorsitzender bin, gilt Handyverbot», sagte Laschet zu den Sitzungsregeln.


Laschet übernimmt volle Verantwortung für Wahldesaster

MÜNSTER: CDU-Chef Armin Laschet nimmt die Wahlniederlage voll auf seine Kappe. Beim Parteinachwuchs kommt der Klartext gut an. Von Gesundheitsminister Jens Spahn gibt es auch kämpferische Töne beim Deutschlandtag der Jungen Union.

CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet hat die alleinige Verantwortung für das miserable Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl übernommen. «Wir haben ein bitteres Ergebnis erzielt», sagte er am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster. «Nichts lässt sich schön reden. Die Verantwortung trage ich als Vorsitzender und Kanzlerkandidat», sagte Laschet. «Den Wahlkampf, die Kampagne habe ich zu verantworten und sonst niemand.» Mit Blick auf eine wahrscheinliche Oppositionsrolle im Bund und mehrere anstehende Landtagswahlen forderte er zugleich mehr Zusammenhalt.

«Wir müssen wieder zusammenstehen», forderte Laschet, dem die Delegierten viel Respekt für seine schonungslose Analyse zollten. CSU-Chef Markus Söder hatte dagegen kurzfristig abgesagt, was viele Delegierte in ihren Redebeiträgen kritisierten. Laschet mahnte, es solle gegen den politischen Gegner gehen und «nicht gegeneinander in der Unionsfamilie». Er hatte bereits angekündigt, seine politischen Ambitionen zurückzustellen. Die CDU will demnächst bei einem Sonderparteitag ihren gesamten Parteivorstand neu wählen. Die Union war bei der Bundestagswahl auf ihren historischen Tiefstwert von nur 24,1 Prozent angestürzt.

Laschet machte deutlich, dass er von einer Oppositionsrolle für die Union im Bund ausgeht. In der Opposition sei es besonders wichtig, «gemeinsam und einheitlich aufzutreten» und «klug und intelligent den Finger in die Wunde zu legen», wenn eine künftige Regierung Fehler mache, unterstrich er mit Blick auf ein mögliches Ampelbündnis aus SPD, Grünen und FDP.

Gesundheitsminister Jens Spahn räumte ein: «Es war ein beschissenes Wahlergebnis und die Lage ist es auch. Da gibt es nichts drum herum zu reden.» Die Union werde eine konstruktive Opposition sein und nicht immer bloß «Nein» sagen. Zugleich gab sich der Parteivize auch kämpferisch: «Die CDU ist nicht erledigt.» Spahn rief zu Teamgeist statt «Schaulaufen» auf. «Es geht hier doch nicht um Armin, Friedrich, Jens, Ralph oder wen auch immer», rief er unter großen Beifall in der Halle. «Die Union ist größer als jeder von uns.» Als Anwärter für die Nachfolge Laschets werden Spahn, der Wirtschaftsexperte Friedrich Merz, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus oder der Außenpolitiker Norbert Röttgen genannt.

Laschet wies die Darstellung des ehemaligen Unionsfraktionschefs Merz zurück, der die Union zu Beginn der JU-Tagung am Freitag als «insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall» bezeichnet hatte. Merz hatte seine Partei aufgefordert, nicht Personalfragen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die inhaltliche Aufstellung. «Wir sollten uns ausschließlich mit der Frage beschäftigen, wie kommen wir da wieder raus?» Laschet entgegnete: «Ich schätze Friedrich Merz und ich schätze auch seine Analysestärke, aber wir haben ein gutes Programm gehabt, wir haben Positionen gehabt, für die wir auch weiter stehen.»

Das mit Spannung erwartete Aufeinandertreffen von Laschet und CSU-Chef Söder blieb aus. Söder war einst im internen Ringen um die Kanzlerkandidatur unterlegen gewesen und hatte immer wieder gegen Laschet gestichelt. In der «Welt am Sonntag» warb er nun für ein neues Miteinander der beiden Schwesterparteien CDU und CSU. «In Stil und Inhalt sollten wir wieder enger zusammenrücken, anstatt öffentlich übereinander zu reden», meinte Söder. «Die CSU wird daher keine öffentlichen Ratschläge erteilen, sondern - wenn es gewünscht ist - mithelfen, die Union zu stabilisieren.»

Der JU-Bundesvorstand ging hart mit den Mutterparteien ins Gericht. «Armin Laschet konnte die Herzen der Menschen leider nicht erreichen. Ganz im Gegenteil: Viele Wähler haben der Union wegen des Personalangebots die Stimme nicht gegeben», hieß es in einem Antrag, über den noch am Samstag abgestimmt werden sollte. «Eine solche Kandidatur ist aber keine One-Man-Show. Weder im Sieg noch in der Niederlage.» Nur wenige im Bundeskabinett seien im Wahlkampf hilfreich gewesen. Auch die Spitzen von CDU und CSU hätten «keine gute Figur abgegeben». Die Analyse lautet: «Wir haben aus eigener Schwäche verloren, nicht wegen der Stärke der anderen.»

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