Lage an EU-Außengrenzen Thema bei Merkels Visite

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestikuliert auf der Baustelle einer neuen Kita im Templiner Bürgergarten. Merkel besucht Templin anlässlich des 750-jährigen Stadtjubiläums der Stadt. Foto: Monika Skolimowska/dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestikuliert auf der Baustelle einer neuen Kita im Templiner Bürgergarten. Merkel besucht Templin anlässlich des 750-jährigen Stadtjubiläums der Stadt. Foto: Monika Skolimowska/dpa

WARSCHAU: Kurz vor ihrem geplanten Ausscheiden aus der Bundesregierung besucht die Kanzlerin Warschau. Dort trifft sie Regierungschef Morawiecki. Merkels «strategische Geduld» habe dem schwierigen deutsch-polnischen Verhältnis genützt, meint ein Experte.

Die Situation an Polens Grenze zu Belarus ist aus polnischer Sicht ein zentrales Thema bei dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Warschau. Merkel reist zu einem Treffen mit Polens Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki in die polnische Hauptstadt. Auf der Agenda stehen zudem der Umgang mit der Corona-Pandemie, die Zukunft der EU und das bilaterale Verhältnis.

Die Regierungen in Polen, Litauen und Lettland beschuldigen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge an die EU-Außengrenze zu bringen. Polen hat deshalb in der vergangenen Woche für 30 Tage den Ausnahmezustand in der Grenzregion zu dem autoritär regierten Nachbarland verhängt. Ein Sprecher der polnischen Regierung sagte, Morawiecki erhoffe von Merkel auch Informationen dazu, wie die Aktivitäten Polens unterstützt würden.

Im Laufe ihrer Amtszeit hat Merkel Polen mehr als zwei Dutzend mal zu bilateralen und internationalen Anlässen besucht. Die Kanzlerin habe auf das deutsch-polnische Verhältnis einen «überwältigenden Einfluss gehabt», sagte Janusz Reiter, einstiger polnischer Botschafter in Deutschland, der Deutschen Presse-Agentur. «Sie hat das, was man «strategische Geduld» nennt.» Diese Geduld und Merkels Zielstrebigkeit seien für das komplizierte Verhältnis der beiden Länder sehr wichtig gewesen.

Wenn es hart auf hart komme, setze Merkel aber auch deutsche Interessen gegen die Kritik und die Bedenken anderer durch, sagte Reiter weiter. Dies habe sich im Fall der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 gezeigt. In Polen stoße dieses Projekt parteiübergreifend auf Ablehnung. «Das ist Ausdruck einer Tendenz in Deutschland, deren Teil Angela Merkel ist: zu glauben, dass das, was für Deutschland gut ist, für Europa gut ist.» Deutschland sei in den 16 Jahren unter Merkel selbstbewusster geworden.

Nach der ursprünglichen Planung der Bundesregierung sollte die Kanzlerin in Warschau auch mit Polens Präsident Andrzej Duda zusammentreffen. Doch diese Begegnung findet nicht statt.

Aus der Präsidialadministration hieß es dazu, Duda werde sich am Samstag in Kattowitz bei Feierlichkeiten zu einem Jahrestag der Gewerkschaft Solidarnosc aufhalten. Dieser Termin sei seit langem geplant.

Nach Berichten polnischer Medien soll die Verstimmung über Nord Stream 2 in Dudas Umgebung eine Rolle gespielt haben bei der Entscheidung, auf ein Treffen des Präsidenten mit der Kanzlerin zu verzichten.

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