Kurz verteidigt Zerstörung von Festplatten in «Schredder-Affäre»

Foto: epa/Christian Bruna
Foto: epa/Christian Bruna

WIEN (dpa) - In der «Schredder-Affäre» in Österreich hat Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Zerstörung von fünf Drucker-Festplatten wenige Tage vor dem drohenden Sturz der Regierung erneut verteidigt.

Der Vorgang sei normal und legitim, sagte er in seiner ersten ausführlichen Stellungnahme in einem Interview mit dem Sender Servus TV am Donnerstagabend. Die Entscheidung des Mitarbeiters, das Material von einer externen Spezialfirma schreddern zu lassen, sei ebenfalls nachvollziehbar, meinte Kurz. «Die Wahrheit ist, dass er das in guter Absicht gemacht hat.» Die Schredder-Aktion sollte außerhalb des Kanzleramts passieren, damit der Eindruck vermieden werde, die Regierung rechne fest mit ihrer Abwahl durch das für den 27. Mai geplante Misstrauensvotum der Opposition.

Im Fall eines erfolgreichen Misstrauensantrags sei ein Kanzler sofort abgesetzt, auch die Mitarbeiter hätten keinen Zugang mehr zu ihren Büros. Daher seien vorbereitende Maßnahmen ergriffen worden, so Kurz weiter. Die Druckerdaten seien vernichtet worden, weil sie teils sensible Dinge beinhalteten. «Wir haben ein halbes Jahr den Ratsvorsitz in der Europäischen Union gehabt. Auf diesen Druckern sind alle Protokolle aus dem Ratsvorsitz zum Beispiel ausgedruckt worden, die teilweise geheim sind», begründete er den Schritt.

Mit dem kurz zuvor veröffentlichten Ibiza-Video, das zum Rücktritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) führte, habe die ganze Aktion nichts zu tun. «Das ist ja das Absurdeste, was ich je gehört habe», sagte der ÖVP-Chef zu der Spekulation, die vernichteten Daten könnten eine Mitwisserschaft der ÖVP belegen.

Er selbst sei nicht an der Schredder-Aktion beteiligt gewesen. «Ich wusste es nicht. Ich habe es jetzt auch selbst erst in den USA erfahren», sagte Kurz, der in den vergangenen Tagen zu Gesprächen mit diversen Firmenbossen im Silicon Valley weilte.

Der Mitarbeiter des Kanzleramts hatte im Mai die fünf Festplatten zerstören lassen - und zwar unter falschem Namen. Außerdem hatte er die Rechnung über 76 Euro nicht bezahlt. «Das war nicht korrekt» so Kurz.

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Jürgen Franke 26.07.19 20:58
Es ist immer wichtig, sich rechtzeitig
auch von geheimen Unterlagen zu trennen, die eventuell mal gefährlich sein könnten. Schlimm genug, dass heute noch nicht einmal das Schreddern geheim bleiben kann.