Kultfrucht Durian

Geruchskeule mit himmlischem Kern

Der seit Jahren vergleichsweise hohe Durian-Preis macht die Frucht bei den Anbauern beliebt. Besonders die Nachfrage auf dem chinesischen Markt ist unersättlich. Foto: contentdealer/Adobe Stock
Der seit Jahren vergleichsweise hohe Durian-Preis macht die Frucht bei den Anbauern beliebt. Besonders die Nachfrage auf dem chinesischen Markt ist unersättlich. Foto: contentdealer/Adobe Stock

PHUKET: Die Durian gilt als Königin unter den Früchten. Aber in Asien hat sie vielerorts Hausverbot – denn sie riecht wie ein Mix aus Klohäuschen und Sportsocke. Das eklige Odeur hat schon Terroreinsätze und Gasalarm ausgelöst. Dabei ist das Innenleben eher hui als pfui.

Mit scharfem Messer und gezielten Schnitten zerteilt ein Thai an einem Straßenstand eine gewaltige Durian. Zwei Kilo wiegt das stachelige Ungetüm, das der Käufer im Süden von Phuket ausgewählt hat. Zum Vorschein kommt cremefarbenes Fruchtfleisch, das sich um einen kleinen Kern schmiegt. Eiligst werden die Stücke, die aussehen wie überdimensionale Knoblauchzehen, in Plastikfolie gehüllt. Dann kommt eine feste Plastikschale drum. Diese wiederum wird in einer Tüte verstaut, die der Obsthändler dreifach knotet. Sicher ist sicher.

Die Stinkbombe unter den Früchten

Die Frucht wird nicht nur pur genossen, sondern ist auch Bestandteil vieler Produkte. Durian-Eis ist sehr beliebt. Foto: Chanin / Adobe Stock
Die Frucht wird nicht nur pur genossen, sondern ist auch Bestandteil vieler Produkte. Durian-Eis ist sehr beliebt. Foto: Chanin / Adobe Stock

Dennoch lässt der Käufer vorsichtshalber die Autofens­ter runter – denn eine Durian zu transportieren birgt immer das Risiko, die Luft von Innenräumen auf geraume Zeit zu verpesten. Durians sind die Stinkbomben unter den Früchten. In vielen Hotels, öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrstühlen und Flughäfen von Singapur über Indonesien bis Thailand sind sie per Warnschild verboten – gleichgesetzt mit entflammbarem Gefahrgut oder Zigaretten.

Und doch sind unzählige Südostasiaten vernarrt in die Frucht, die am bis zu 30 Meter hohen Durian- oder Zibetbaum wächst. „Süß, ölig, und so köstlich!“, schwärmt Watt Thongdee. „Am liebsten mag ich sie gekühlt, dann schmeckt sie wie ein Smoothie oder auch wie Eiscreme“, meint der 38-Jährige aus Pattaya. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Touris­ten sind oft so abgeschreckt von dem Odeur, dass schon ein kleiner Bissen Überwindung kostet. In Asien gibt es hingegen sogar Kondome mit Durian-Geschmack.

Auch Stink- oder Kotzfrucht genannt

Thais sind wie verrückt nach der Frucht. So gibt es im Königreich sogar Kondome mit Durian-Geschmack. Foto: epa/Azhar Rahim
Thais sind wie verrückt nach der Frucht. So gibt es im Königreich sogar Kondome mit Durian-Geschmack. Foto: epa/Azhar Rahim

Stink- oder Kotzfrucht wird Durian auch genannt. Vor einigen Jahren fanden Forscher der Universität von Singapur heraus, dass einige Gene, die die Produktion flüchtiger, schwefelhaltiger Substanzen steuern, Schuld an dem Gestank sind.

Um die Geruchskeule zu beschreiben, wurden bereits tote Katzen, faule Eier und alter Limburger Käse herangezogen. Auch bekannte Food Writer aus aller Welt haben versucht, das eklige Bukett durch Vergleiche zu illustrieren. „Der Geruch lässt sich am besten als Gemisch von Schweinekot, Terpentin und Zwiebeln beschreiben, garniert mit einer Sportsocke“, befand der Gastro- und Reisejournalist Richard Sterling.

Die stachelige „Königin der Früchte“ zu öffnen ist alles andere als einfach und eine Wissenschaft für sich. Foto: ermakovep / Adobe Stock
Die stachelige „Königin der Früchte“ zu öffnen ist alles andere als einfach und eine Wissenschaft für sich. Foto: ermakovep / Adobe Stock

„Strange Foods“-Autor Jerry Hopkins meinte, Durian zu verzehren sei wie „Eiscreme in einem Klohäuschen zu essen“. Und der französische Forschungsreisende Henri Mouhot (1826-1961) erinnerte sich nach Trips durch das alte Siam, Kambodscha und Laos, der erste Happen schmecke wie „das Fleisch eines Tieres im Verwesungszustand“.

Aber wie so viele andere verfiel auch Mouhot dem geschmacklichen Charme der seltsamen Stachelfrucht. „Nach vier oder fünf Versuchen fand ich das Aroma exquisit“, bekannte er. New-York-Times-Autor Thomas Fuller ereilte 2013 das gleiche Schicksal: „Ja, die Frucht ist schwer zu handhaben und ähnelt einer mittelalterlichen Waffe“, schrieb er in dem renommierten Blatt. „Aber wenn man das blassgelbe, cremige Fruchtfleisch erreicht, erlebt man Nuancen von Haselnuss, Aprikose, karamellisierter Banane und Eierpudding.“

Glückshormone kommen in Wallung

Während der Pandemie haben sich in Bangkok viele Hotels durch den Verkauf von Durian über Wasser gehalten. Foto: epa/Diego Azubel
Während der Pandemie haben sich in Bangkok viele Hotels durch den Verkauf von Durian über Wasser gehalten. Foto: epa/Diego Azubel

Auch sind Durians extrem gesund. Sie steigern erwiesenermaßen nicht nur die Produktion des „Glückshormons“ Serotonin, sondern haben zudem einen hohen Nährstoff- und Vi­tamingehalt, darunter vor allem Vitamin B1, B2 und C.

„Durians enthalten auch Antioxidantien zur Abwehr freier Radikale und sind reich an Kalium, was gut für das Herz ist. Und Durians haben kein Cholesterin“, erläutert Rizal Alaydrus, der Moderator eines bekannten Gesundheitsprogramms im indonesischen Fernsehen. Gleichzeitig sind Durians aber Dickmacher. Stolze 1.350 Kalorien stecken in einem Kilo. „Darum esse ich die Frucht auch nicht jeden Tag, sonst würde ich fett“, sagt Watt Thongdee.

Wegen ihres gewöhnungsbedürftigen Geruchs wird Durian von Europäern auch Stink- oder Kotzfrucht genannt. Foto: Mila Supinskaya / Adobe Stock
Wegen ihres gewöhnungsbedürftigen Geruchs wird Durian von Europäern auch Stink- oder Kotzfrucht genannt. Foto: Mila Supinskaya / Adobe Stock

Dutzende Sorten stehen zur Auswahl, einige bitterer, andere süßer, manche günstiger, andere teurer, manche mit extrem dicker Schale, andere zarthäutiger. „Chanee“, „Kanyao“ oder „Krathum“ heißen sie. Am bekanntesten und beliebtesten ist aber „Monthong“, deren Geschmack viele als vanillig, mild und sehr süß beschreiben.

Aber Vanille und süßes Aroma hin oder her – der intensive Geruch der Stinkfrucht hat auch schon zu allerlei kuriosen Zwischenfällen und Einsätzen geführt. 2012 stank eine Durian in einem indonesischen Flugzeug so bestialisch, dass die Passagiere revoltierten, bis sie wieder ins Freie gelassen wurden. Die Maschine musste gelüftet werden und konnte erst mit einstündiger Verspätung starten.

Stechender Gestank löst Terroralarm aus

Thais verfallen beim Anblick der Frucht in einen regelrechten Heißhunger – hätte sie nicht so viele Kalorien! Foto: Odua Images / Adobe Stock
Thais verfallen beim Anblick der Frucht in einen regelrechten Heißhunger – hätte sie nicht so viele Kalorien! Foto: Odua Images / Adobe Stock

Im australischen Brisbane bemerkten vor ein paar Jahren Gepäckträger im Frachtraum einer startbereiten Maschine einen stechenden Gestank. Es wurde Terroralarm ausgelöst. Nachdem das Flugzeug geräumt und alle Koffer wieder ausgeladen waren, wurde die Quelle ausgemacht – ein Paket mit Durian-Früchten.

In einem Hotel in Zürich gab es einmal Gasalarm wegen des mysteriösen Gestanks einer Durian. Die Feuerwehr rückte damals mit einem Löschzug, Polizei und Sanitätern an. „Ich dachte, jetzt fliegt alles in die Luft“, meinte ein Sicherheitsbeamter. Auch in Deutschland sorgte die Frucht schon für einen Großeinsatz: In Schweinfurt wurde im vergangenen Jahr ein Gebäude der Deutschen Post vorübergehend geräumt. Mitarbeiter klagten über gesundheitliche Beschwerden, einige mussten im Krankenhaus behandelt werden. Auslöser war eine übelriechende Postsendung – mit jeder Menge Durians.

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Leserkommentare

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Norbert Kurt Leupi 13.09.21 12:30
Der schlimmste ... Herr Michael Meier
Stinkkäse ! Da kennst Du aber den elsässischen Münsterkäse nicht - der stinkt nicht nur zum Himmel , auch zur Hölle ! 555
Norbert Kurt Leupi 13.09.21 04:38
Durian....
werden von den Asiaten als " Königin der Früchte und Kultfrucht " geliebt , auch wenn wir meinen , dass sie " stinkt " ! Das tut sie aber nicht , denn sie hat eine seltene Aminosäure , mit deren Hilfe ein Enzym den faulen , eigenartigen und fiesen Geruch freisetzt ! Der hohe Preis ergibt sich , weil es eine schwierige und lange Zeit braucht ( und viele Wassertropfen) bis sie geniessbar ist !
Thomas Thoenes 12.09.21 20:30
Mir macht der Duft wenig aus.
Er erinnert mich an meine jungen Jahre als ich auf dem Schlachthof in Düsseldorf gearbeitet habe. Dort herschte der gleiche Geruch. Eine Mischung aus Leiche und Gammel. Klar ist das nicht wirklich angenehm aber da er mich an eine angenehme Zeit erinnert (jung und die Taschen voll Geld :-) ), macht mir das wohl nichts aus. Ich finde den Preis und den Hype um die Frucht viel schwachsinniger. Der Geschmack im Verhältnis zu anderen Früchten rechtfertigt in keinster Weise den Preis.
Markus Costa 12.09.21 20:00
Spezielle und extrem gute Frucht
Meine Erfahrungen mit Durian sehen etwas anders aus. Bisher habe ich wenig Durian gegessen, aber wenn dann nur ganz frisch auf Früchtefarmen. Und wenn sie frisch sind und gerade erst aus der Frucht herausgeschält wurden, riechen sie überhaupt nicht. Ich kann diese Geschichten über die schlechten Gerüche also nicht nachvollziehen. Kann es sein, dass je älter sie sind desto strenger riechen sie?
nopar king 12.09.21 17:10
Kondome mit Durian-Geschmack
... und wie sieht es mit dem Geruch aus, auch wie Durian? Stelle ich mir etwas ungewöhnlich vor
Ulrich Herzog 12.09.21 14:35
Durian
ich finde das Geschrei wegen riechenden Durian völlig übertrieben und die Vergleiche absurd.
wenn ich an einem Stand mit reifen Durian vorbeifahre, inhalliere ich den Duft tief durch die Nase ein, stoppen mein Bike stehe um und teste erstmal mit dem Finger oh die Durian auch wirklich reif ist, bevor ich Zuschlage.
Durian ist wahrhaft die Königin für mich.
Dracomir Pires 12.09.21 14:00
Ich bezeichne den Duft etwas positiver als ...
... eine Mischung zwischen Nagellackentferner und Cognac. Treffer?