Kritik an britischer Quarantänepflicht für Reisende aus Frankreich

Die Passagiere gehen vor dem Eurostar-Zug am Bahnhof Gare du Nord in Paris. Foto: epa/Julien De Rosa
Die Passagiere gehen vor dem Eurostar-Zug am Bahnhof Gare du Nord in Paris. Foto: epa/Julien De Rosa

LONDON/PARIS/DEN HAAG: Nach einer überraschenden Ankündigung versuchen viele britische Urlauber, rasch aus Frankreich in die Heimat zu kommen. Paris will Gleiches mit Gleichem vergelten. Und die Luftfahrtbranche fordert, es wie Deutschland zu machen.

Die Wiedereinführung einer Quarantänepflicht in Großbritannien für Reisende aus Frankreich ist auf Kritik gestoßen - und hat viele Urlauber kalt erwischt. Die Regierung in London hatte in der Nacht zum Freitag angekündigt, dass Reisende aus Frankreich, den Niederlanden, Malta und weiteren Gebieten von Samstagfrüh an wieder in eine 14-tägige Isolation gehen müssen.

Der BBC zufolge halten sich derzeit etwa 160.000 Urlauber aus Großbritannien allein in Frankreich auf. Viele versuchten, noch vor Inkrafttreten der neuen Regelung in die Heimat zu kommen. Die Bahngesellschaft Eurostar warnte Reisende am Freitag davor, ohne Ticket zum Pariser Bahnhof Gare du Nord zu kommen. Von dort fahren die Eurostar-Züge nach London. «Unsere Züge in das Vereinigte Königreich sind heute sehr stark ausgelastet», hieß es bei Eurostar.

Auch der Autozug, der von Calais nach Folkestone durch den Eurotunnel fährt, war ausgebucht. «Aufgrund der jüngsten Ankündigung der Regierung sind unsere Shuttles nun bis morgen früh ausgebucht. Es sind keine Tickets mehr verfügbar, und wir verkaufen keine Tickets am Check-in», schrieb der Betreiber auf Twitter. «Bitte kommen Sie nicht am Terminal an, wenn Sie kein gültiges Ticket für die heutige Reise haben.» Die Fährgesellschaft DFDS kündigte vier zusätzliche Überfahrten an, warnte aber auch vor einer Anreise ohne Ticket.

Paris will auf die britische Quarantänepflicht für Reisende aus Frankreich reagieren und eine gleichwertige Maßnahme für Reisende aus Großbritannien einführen. Man bedauere die britische Entscheidung und hoffe auf eine baldige Rückkehr zur Normalität, teilte Europa-Staatssekretär Clément Beaune am Freitag via Twitter mit.

Den Haag kündigte an, keine Quarantäne-Pflicht für Reisende aus Großbritannien einzuführen. Die Niederlande verschärften aber die Reisewarnung für Großbritannien.

Gleichzeitig mit der Verschärfung für Reisende kündigte London eine Lockerung der Maßnahmen innerhalb Englands an. Beispielsweise sind von Samstag an Hochzeitsfeiern mit maximal 30 Gästen wieder zugelassen. Auch Kasinos, Bowling-Center und Indoor-Spielplätze dürfen wieder aufmachen. Die Bußgelder für die Nicht-Einhaltung von Maßnahmen wurden hingegen erhöht.

«Diese Dinge wieder aufmachen zu können, aber Korridore für Reisen anderswo zu schließen, ist alles Teil derselben Sache», verteidigte der britische Verkehrsminister Grant Shapps die Maßnahmen in der BBC. Man habe nur einen begrenzten Spielraum zur Verfügung, um die Pandemie in Schach zu halten.

Der britische Luftfahrt-Verband Airlines UK bezeichnete die Entscheidung aus London als «weiteren vernichtenden Schlag für die Reisebranche» und forderte, die Maßnahmen auf einzelne Regionen zu beschränken, wie es Deutschland tut.

Frankreich verfolgt in der Corona-Krise grundsätzlich die Linie, keine Quarantänepflicht zu verhängen. Falls ein Land jedoch diesen Schritt macht, wird in Frankreich entsprechend reagiert und ebenfalls eine Quarantäne für Reisende angeordnet. Wann Frankreich im Fall Großbritanniens handeln will, blieb zunächst offen.

Der französische Regierungschef Jean Castex hatte erst vor wenigen Tagen gewarnt, dass sich die Lage in der Corona-Pandemie verschlechtert habe. In Frankreich sind Corona-Schutzmasken in öffentlichen Verkehrsmitteln und öffentlichen geschlossenen Räumen wie Läden oder Restaurants Pflicht. Viele Orte, darunter die Hauptstadt Paris, setzen aber vermehrt auch auf eine Maskenpflicht unter freiem Himmel an bestimmten Orten. Das Land ist hart von der Pandemie betroffen, mehr als 30.000 Menschen starben. In Großbritannien liegt die Zahl der Opfer bei mehr als 41.300.

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