Durchbrüche und warme Worte auf G20-Gipfel

​Krieg, Krisen, Klima 

Staats- und Regierungschefs der G20 posieren für Fotos während einer Mangrovenpflanzaktion im Tahura Ngurah Rai Mangrovenwaldpark als Teil des G20-Gipfels in Bali. Foto: epa/Mast Irham
Staats- und Regierungschefs der G20 posieren für Fotos während einer Mangrovenpflanzaktion im Tahura Ngurah Rai Mangrovenwaldpark als Teil des G20-Gipfels in Bali. Foto: epa/Mast Irham

NUSA DUA: So viel Beschlussfähigkeit hatte man dem G20-Gipfel gar nicht zugetraut: Zum Ende des Treffens auf Bali gab es eine Abschlusserklärung, die alle mittragen. Kanzler Scholz sieht Putin nun ohne «starke Bündnispartner».

Wegen der unterschiedlichen Auffassungen zum russischen Krieg gegen die Ukraine hatten viele nicht mit einer gemeinsamen Gipfel-Erklärung der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) gerechnet. Doch beim Treffen auf Bali trug Russland ein Papier mit Kriegskritik mit - in dem aber auch abweichende Meinungen erwähnt werden. «Dass es hier Verständigungen gegeben hat, die weit über das hinausreichen, was zu erwarten war, das bleibt der Erfolg dieses Gipfels», betonte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch zum Abschluss.

Vor allem, dass man klare Worte zum russischen Angriffskrieg gefunden habe, sei außerordentlich. Scholz sieht den russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Welt nun nahezu isoliert. Er stehe fast alleine da. «Er hat keine starken Bündnispartner», sagte der Kanzler.

Die wichtigsten Ergebnisse des Gipfels im Überblick:

Russlands Ukraine-Krieg

«Die meisten Mitglieder verurteilten den Krieg in der Ukraine aufs Schärfste», heißt es in der Abschlusserklärung. Dabei nehmen die G20-Staaten Bezug auf eine Resolution der Vereinten Nationen, mit der Russland aufgefordert wurde, den Krieg zu beenden und seine Truppen abzuziehen. Länder wie Indien und Südafrika, die diese Resolution im März nicht unterstützt hatten, hätten nun geholfen, solch klare Worte zu finden, sagte Scholz. Russlands Position wird in der Erklärung mit dem Satz berücksichtigt: «Es gab andere Auffassungen und unterschiedliche Bewertungen der Lage und der Sanktionen.»

Atomwaffen

Mit Zustimmung Russlands wird ein Einsatz von Atomwaffen und auch schon die Drohung damit als «unzulässig» beschrieben. Die Grundsätze der UN-Charta müssten eingehalten werden. In Konflikten müssten Zivilisten und Infrastruktur geschützt werden.

Hunger

«Tief besorgt» über die zunehmende globale Ernährungskrise wollen die G20 «alle verfügbaren Werkzeuge» nutzen, um Hunger zu verhindern. Kritiker bemängeln jedoch, dass keine neuen Hilfen zugesagt wurden. UN-Programme seien zu 60 Prozent unterfinanziert. Zugleich setzten sich die G20 für die Verlängerung des Abkommens über den Export von ukrainischem Getreide ein, das am Wochenende ausläuft.

Klimaschutz

Im Kampf gegen die Erderwärmung riefen die G20 zu mehr Anstrengungen und einer besseren Finanzierung auf. Kritiker beklagen «warme Worte». Das Treffen habe der Weltklimakonferenz in Ägypten keine Impulse gegeben. Die G20-Staaten sind selbst für 80 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich.

Energie

Keine großen Erfolge gab es beim Thema Energiesicherheit, die vor allem in Europa durch die drastisch gesunkenen Lieferungen von Öl und Gas aus Russland gefährdet ist. Die Versorgung müsse gesichert und Märkte müssten stabilisiert werden, heißt es lediglich. Der Wandel zu nachhaltigen und bezahlbaren Energien solle beschleunigt werden.

Inflation

Die Zentralbanken sollen sich stark für finanzielle Stabilität und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen einsetzen. Die Inflation in vielen Mitgliedstaaten werde genau beobachtet - und die Geldpolitik weiterhin angemessen angepasst.

Pandemie-Fonds

Mit 1,4 Milliarden US-Dollar wurde ein globaler Pandemie-Fonds gegründet. Er soll mit den Lehren aus Covid-19 Gesundheitssysteme stärken und Haushaltslücken über fünf Jahre schließen. Nach UN-Schätzungen sind dafür allerdings zehn Milliarden US-Dollar nötig.

Arme Länder

Alle G20-Mitglieder werden ermutigt, über sogenannte Sonderziehungsrechte beim Internationalen Währungsfonds (IWF) neue Mittel zum Kampf gegen Armut und Hunger an einkommensschwache Länder abzutreten. Das Ziel: 100 Milliarden US-Dollar - doch sind erst 82 Milliarden zusammengekommen.

Spitzendiplomatie

Vor dem Gipfel kamen die Präsidenten der USA und Chinas, Joe Biden und Xi Jinping, zusammen - erstmals persönlich seit Bidens Amtsantritt. Zumindest atmosphärisch ein Fortschritt.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow suchte ebenfalls das Gespräch mit anderen. Bundeskanzler Olaf Scholz berichtete später: «Er stand in meiner Nähe und hat auch zwei Sätze gesagt.» Scholz selbst traf sich unter anderem mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Bunte Hemden und Bäume fürs Klima

Ein bisschen Lokalkolorit muss sein: Zum Abendessen kamen viele der Mitglieder im landestypischen Batikhemd - Geschenke der indonesischen G20-Präsidentschaft, einige davon knallbunt. Besonders Kanadas Premier Justin Trudeau in Magenta und der britische Premierminister Rishi Sunak in Rot sorgten für Applaus. Am Mittwoch pflanzten die Staats- und Regierungschefs gemeinsam Mangrovenbäume gegen den Klimawandel.

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