Kremlkritiker Chodorkowski warnt vor Wahlfälschung

Der in der Schweiz im Exil lebende russische Geschäftsmann Michail Chodorkowski. Foto: epa/Justin Lane
Der in der Schweiz im Exil lebende russische Geschäftsmann Michail Chodorkowski. Foto: epa/Justin Lane

MOSKAU: Der Kremlgegner Michail Chodorkowski hat kurz vor der Parlamentswahl in Russland vor einer Fälschung der Ergebnisse gewarnt. Es seien weder Oppositionelle noch unabhängige Beobachter zugelassen, die die Abstimmung vom 17. bis 19. September zu einer echten Wahl machen würden, sagte Chodorkowski, der im Exil in Großbritannien lebt. Wie die Bevölkerung wirklich zum Machtapparat stehe, werde nicht klar werden, «weil die Ergebnisse der Abstimmung gefälscht werden», sagte der Politiker und frühere Ölmanager dem Radiosender Echo Moskwy am Montag.

Der wissenschaftliche Leiter des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum, Lew Gudkow, beklagte, dass keine Umfrageergebnisse veröffentlicht werden dürften. Chodorkowski sagte, er selbst werde nicht abstimmen, «weil das sinnlos ist». Der 58-Jährige hatte als Gegner von Präsident Wladimir Putin viele Jahre im Straflager gesessen. Der Kremlchef «spuckt» auf die Duma-Wahl; es sei ihm egal, wer gewinne, weil das Parlament keine Machtbefugnisse mehr habe. «Putin hat nicht einen Einzigen zu diesen Wahlen zugelassen, der ihn kritisiert», sagte Chodorkowski.

Entscheidend sei vielmehr das Jahr der nächsten Präsidentenwahl 2024, meinte Chodorkowski. Putin hat bisher offen gelassen, ob er noch einmal kandidiert. Ein Konkurrent ist aber nicht in Sicht.

Der im Straflager inhaftierte Kremlgegner Alexej Nawalny rief am Montag bei Instagram erneut zur «smarten Abstimmung» auf. Die Wahlberechtigten sollen demnach für andere Kandidaten stimmen - nur nicht für Bewerber der Kremlpartei Geeintes Russland. Die Regierungskraft will ihre absolute Mehrheit verteidigen. Nawalny meinte, dass es mit der klugen Stimmabgabe gelingen könne, den einen oder anderen «korrupten Abgeordneten» aus der Duma zu entfernen.

Zugleich beklagte er, dass seinen Anwälten kurz der vor Wahl der Zugang zu ihm verwehrt werde. Nawalnys Team vermutet, dass der Machtapparat so verhindern wolle, dass weitere Appelle des Oppositionellen an die Öffentlichkeit gelangen. Die Behörden gehen seit Wochen verschärft auch gegen das im Internet beworbene «smarte Voting» vor - und lassen etwa Webseiten en masse sperren.

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