Nawalny kämpft um bessere Bedingungen im Straflager

Die Anwälte (v.l.n.r.) Evgeny Smirnov, Ilya Novikov, Ivan Pavlov, Valeria Vetoshkina sprechen zu Journalisten in der Nähe des Moskauer Stadtgerichts in Moskau. Foto: epa/Maxim Shipenkov
Die Anwälte (v.l.n.r.) Evgeny Smirnov, Ilya Novikov, Ivan Pavlov, Valeria Vetoshkina sprechen zu Journalisten in der Nähe des Moskauer Stadtgerichts in Moskau. Foto: epa/Maxim Shipenkov

MOSKAU: Der im Straflager inhaftierte Kremlgegner Alexej Nawalny will sich gerichtlich bessere Bedingungen erkämpfen. Ein Moskauer Gericht setzte nach einem kurzen Termin am Mittwoch einen Prozess für den 22. Juni an, bei dem der 44-Jährige gegen seine Einstufung als Fluchtgefährdeter vorgehen will. Wegen der mutmaßlichen Fluchtgefahr gelten die Haftbedingungen als besonders streng, weil der Oppositionsführer ständig unter Beobachtung steht.

Nawalny kritisiert die Haft als Folter, weil er zum Beispiel mehrfach nachts durch einen Wachmann gefilmt und geweckt werde. Er verlangt das Recht auf einen achtstündigen Schlaf ohne Unterbrechung.

Der Gegner von Kremlchef Wladimir Putin hält das Vorgehen gegen ihn als politisch motiviert. Er klagt zudem vor anderen Gerichten etwa um das Recht auf Zugang zu Büchern und Zeitungen im Straflager sowie auf Einhaltung der Rechte seiner Anwälte, die vom Strafvollzug bei ihrer Arbeit behindert worden sein sollen.

Nawalnys Mitarbeiter kritisierten indes eine zunehmende politische Verfolgung. Die Staatsanwaltschaft in Moskau will Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung FBK von einem Gericht als extremistisch einstufen und damit verbieten lassen.

Frühere und aktuelle Mitarbeiter der Stiftung würden derzeit zu Vernehmungen geladen, hieß es. Russlands Ermittlungskomitee wirft der Stiftung, die Schmiergeldaffären im russischen Machtapparat aufdeckt, Betrug vor. «Es ist klar, dass das alles gegen Nawalny gerichtet ist», sagte Stiftungsdirektor Iwan Schdanow, der im Ausland lebt.

Die politisch tätigen Regionalstäbe Nawalnys haben ihre Arbeit bereits eingestellt, weil die Behörden sie als extremistisch einstuften. Nawalnys Team kritisiert die Vorwürfe als inszeniert, um die Opposition bei der Parlamentswahl im September auszuschalten. Die Duma hatte am Dienstag in erster von drei Lesungen über ein Gesetz abgestimmt, dass es Unterstützern extremistischer Organisationen verbietet, bei Wahlen zu kandidieren.

Das von der Regierungspartei Geeintes Russland eingebrachte Gesetz soll rückwirkend angewandt werden - also auf all jene Unterstützer Nawalnys, die in der Vergangenheit für ihn arbeiteten oder ihm Geld gaben, ohne dass die Stiftung da schon verboten war.

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Horst Schumm 20.05.21 14:00
Wer im Glashaus sitzt, ...
... auch in anderen Ländern, die sich demokratisch nennen, werden die Rechte zur freien Meinungsäußerung verletzt. Man landet zwar nicht im Gefängnis, aber man verliert den Arbeitsplatz, wird sozial geächtet und stigmatisiert und erledigt. Beispiel: Corona-Leugner in Deutschland, Naidoo. Wissenschaftler werden als inkompetent dargestellt und in die schmuddelige Ecke gestellt, wie Prof. Bhakdi. Für ein demokratischen Land ebenfalls eine Schande es wird aber auch hingenommen.
Nawalnys Kampagne wird ausschließlich aus dem Westen finanziert und im Westen zur Stimmungsmache instrumentalisiert, um einen unliebsamen Gegner im Globalen Wettstreit zu schaden. Dass man dessen Organisation deshalb verbieten will, ist doch logo.
Rene Amiguet 20.05.21 10:50
Politische Gegner
Was mit Alexej Nawalny geschieht zeigt das wahre Gesicht der russischen Staatsmacht unter Putin. Die Welt schaut hilf- und tatenlos zu wie bei Myanmar und überall sonst noch. Die Globalisierung wird eben nur dort gefördert wo fette Gewinne abspringen.