Kreml kritisiert EU-Sanktionen im Fall Nawalny als «schädlich»

Kremlin spokesman Dmitry Peskov. Photo: epa/SHAMIL ZHUMATOV
Kremlin spokesman Dmitry Peskov. Photo: epa/SHAMIL ZHUMATOV

MOSKAU: Russland hat die wegen der Vergiftung des Kremlgegners Alexej Nawalny verhängten EU-Sanktionen scharf kritisiert und Gegensanktionen angekündigt. «Zu unserem Bedauern ist das ein bewusst unfreundlicher Schritt in den Beziehungen mit Russland», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge. Die Entscheidung schade dem Verhältnis, betonte er. Moskau sehe auch keine Logik in der Auswahl der mit Sanktionen belegten Vertreter des Landes. Zuvor hatte Außenminister Sergej Lawrow Strafmaßnahmen Russlands gegen EU-Vertreter angekündigt.

Wer auf der russischen Liste steht, war zunächst unklar. Die Antwort werde den Interessen Russlands entsprechen, sagte Peskow, ohne Details zu nennen. Er zeigte sich verwundert darüber, dass die EU ihre Beziehungen zu Russland mit Blick auf das Schicksal eines Menschen gestalte, «der in Europa als Anführer irgendeiner Opposition angesehen wird». Das könne nur Bedauern hervorrufen.

Auf der EU-Liste stehen etwa Inlandsgeheimdienst-Chef Alexander Bortnikow und der Vizechef der Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko. Auch zwei Vizeverteidigungsminister und der Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin, Jewgeni Prigoschin, sind aufgeführt.

Experten in Moskau kommentierten, dass die mit den Sanktionen verbundenen Reise- und Kontosperren für die meisten Russen auf der Liste völlig bedeutungs- und wirkungslos seien. Bortnikow oder auch die Vizeverteidigungsminister sind in Russland schon von Amtswegen eingeschränkt in ihren Kontakten mit dem Ausland.

Dagegen zeigte sich der Geschäftsmann Prigoschin enttäuscht von der Nennung auf der Liste. Das habe Folgen für seine zahlreichen Projekte in den Ländern der EU, teilte er mit. «Wahrscheinlich werde ich mich jetzt seltener mit meinen Freunden aus dem Europaparlament treffen, von denen viele sehr ordentliche Menschen sind, die - wie ich - Anhänger konservativer Werte sind und die mich unterstützen.»

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Leserkommentare

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Thomas Sylten 17.10.20 17:52
@Ole:
Ja - das kann sich quasi "einschleichen", wenn man nicht aufpasst. Deshalb bestehe ich so auf der Anerkennung der Rechtsgrundsätze, auch wenn das im Einzelfall mal unbequem ist.

Mehr als alle anderen ist da die Politik in der Verantwortung -
aber wir Bürger können (und müssen!!) da - ganz abseits des 'Wutbürgers" - ein Auge drauf haben, damit sich dort nichts verselbständigt.
Denn: "Sei wachsam - die Freiheit nutzt sich ab, wenn man sie nicht nutzt" (Reinhard Mey) :)
Ole Bayern 17.10.20 16:38
Herr Sylten .....
..... Respekt für Ihre richtigen Ausführungen , deren volle Zustimmung ich aussprechen darf. Obwohl die "Rechtsordnung " in Deutschland teilweise falsch abbiegt , leider . Es ist zwar alles im Großen und Ganzen noch in Ordnung , aber in wenigen Teilen der Justiz und Rechtsordnung nimmt es schon fast totalitäre Züge an , in den letzten Jahren in D , habe ich zumindest den Eindruck . Die legislative Politik mischt sich zu sehr ein, in die verfassungsmäßige unabhängige Rechtsordnung und Justiz. VG Ole
Thomas Sylten 17.10.20 15:07
ach noch was, Herr Meier:
Sie meinen bei mir zwischen den Zeilen eine KGB- bzw. SED-Verbindung zu erkennen -
wie sehr Sie dort aber nichts als Ihre Vorurteile finden, mag Ihnen dieser Hintergrund vermitteln:

Ich wurde als Polizeibeamter im damaligen West-Berlin eher konservativ sozialisiert, und bin noch heute stolz auf die umfängliche Rechts-Ausbildung dort zum gehobenen Dienst, die ich sehr auch dem ja mehr ausführenden Mittleren Dienst wünschen würde.

Auch wenn dies alles lange her ist, zehre ich heute noch von diesem soliden Hintergrund -
der mich zum klaren Verteidiger unserer Rechtsordnung macht. Halt auch und gerade da, wo es manchen Schnellverurteilern schwerfallen mag. Und ich erwarte, dass unsere Politiker diese Rechtsordnung ebenfalls kennen und vertreten - viele haben ja selber juristischen Hintergrund, und wo nicht, da doch entsprechende Kenntnisse in ihrem Stab.

Diese Einstellung ist eine grundsätzliche -
und hat weder mit Russland, noch mit Kongo zu tun. Wäre einfach schön, wenn wir uns auf solche Basics mal einigen könnten.
Aber nun ein sonniges "Prosit" an diesem trüben Tag :)
Thomas Sylten 17.10.20 13:52
Herrn Meier
Ich kann Ihrem Unmut oft, aber nicht an dieser Stelle folgen: Kramen Sie gern meine hoch bezahlten "Putin-Agentenberichte" hervor -
Sie werden bei "nochmal gründlich lesen" keine Anhaltspunkte finden, außer für Ihre eigenen Vorurteile. Gegen die ich immer argumentiere.

Was ist so schwer daran zu verstehen, dass man Rechtsgrundsätze gerade dann nicht aufgeben darf, wenn es um jemanden geht, dessen Ansichten wir nicht teilen ?
Dann wäre JEDERMAN/frau (auch SIE!!) ungeschützt der Willkür seiner politischen Gegner ausgeliefert -
eine Erfahrung, die Deutschland bereits hat und vor der wir uns mit dem wohlverstandenen Rechtsstaat schützen wollen.

Deshalb darf man diese Grundsätze nicht aus politischer Oportunität einfach aufgeben -
und wer daran erinnert, gehört nicht automatisch dem Gegner an (das hat Herr Swisshai sehr schön am Beispiel der roten Karte erklärt).

Ihren Unmut hinsichtlich Waffenlieferungen an Saudi Arabien teile ich übrigens vollumfänglich.
Vielleicht sollten wir im Umgang miteinander verstärkt zunächst mal die Gemeinsamkeiten herausarbeiten, um uns die verschiedenen Ansichten an anderer Stelle entspannter nachsehen zu können. Denn ich glaube nicht, dass hier irgend jemand wirklich Böses im Schilde führt: Im Prinzip wollen wir alle Thailands Schönheiten in Frieden genießen, richtig?

..und zum Frieden und zur Demokratie gehört es, verschiedene Meinungen ohne Verdruss zu ertragen. Sonst müsste man sie wieder alle für sich behalten - wie langweilig.. ;)
Thomas Sylten 17.10.20 08:48
@Meier und Kesselheim
Tatsächlich habe ich mich in meinem Kommentar mit keinem Wort zu Russland geäußert - liegt mir fern, und sie sollten da nix rein interpretieren, was nur in IHREM Kopf vorkommt.

Mein Thema war das DEUTSCHE Verhalten:
Seit wann ist es vom Gegenüber abhängig, ob man sich an die eigene Rechtsstaatlichkeit hält?

Ich weiß dass es auch in D genügend Gestalten gibt, denen es schwer fällt, z.B. einem des Mordes Verdächtigen eine ordnungsgemäße Verteidigung zuzugestehen. Aber Regierungsmitglieder sollten schon wissen, dass sich der Rechtsstaat nun mal exakt darin erweist, dass Justitia "blind" ist und das Recht ohne Ansehen der Person für JEDEN gilt. Wenn dieser wichtige Grundsatz aus politischer Abneigung in Frage, ja außer Kraft gestellt wird, hat das irgendwann auch Auswirkungen auf die eigenen Bürger: Wehe dann dem armen Wicht, der fälschlich beschuldigt wird..!!
TheO Swisshai 17.10.20 04:11
Michael Meier / Für Kritik bezahlt?
Wieso ist für Sie die Kritik zur Nichteinhalten von Rechtsgrundsätzen der EU = Unterstützung von Putin? Um es für Sie verständlicher zu machen: Wenn ein Schiedsrichter einem Bayern-Spieler eine rote Karte zeigt, heisst das damit doch auch nicht , dass er ein Unterstützer des Gegners ist und von diesem bezahlt wird, vor allem nicht, wenn die Karte berechtigt war!!

Herr Sylten hat, weder die Rechtstaatlichkeit Russlands, noch Putin, auch nur mit einem Wort erwähnt. Da haben sich sich wohl etwas ausgemalt.

Bevor Sie sich wieder etwas zusammen reimen: Ich werde von niemanden bezahlt!
TheO Swisshai 17.10.20 01:07
@Jürgen Kesselheim / Neider?
So was kann nur ein Neider schreiben!
Mal konstruktiv: Was ist schlecht an einem Rechtsgrundsatz, oder stört Sie nur das "eiserne"?
Jürgen Kesselheim 16.10.20 17:22
@Thomas Sylten
Können sie mal eine andere CD auflegen? Ich stelle mir eine andere Frage wie Herr Meier. Haben sie nur diesen einen Schwerpunkt in ihrem Leben - "der eiserne Rechtsgrundsatz"? Sie müssen ein glücklicher Mann sein!
Thomas Sylten 16.10.20 14:27
Ich kann einfach nicht fassen, dass Europa den eisernen Rechtsgrundsatz, nachdem Anschuldigungen BEWIESEN werden müssen, bevor sich Konsequenzen ableiten lassen, dermaßen nonchalant nach politischer Oportunität einfach aussetzt: Eine solche Erosion des Rechtsstaats lässt für die Zukunft auch für Europäer innerhalb der Union, die sich aus politischen Gründen unbewiesenen (!) Anschuldigungen ausgesetzt sehen, Schlimmstes befürchten. Ein sehr gefährlicher Weg in jeder Hinsicht wird hier beschritten -
ich halte das für in höchstem Maße verantwortungslos und beschämend.

Denn "Rechtsstaat" ist unteilbar -
und eben das Gegenteil von politischer Oportunität.