Wenn ein Farang in Thailand erkrankt, kann es teuer werden und ohne Versicherung dramatisch enden. Die privaten Krankenhäuser hierzulande müssen immer wieder feststellen, dass ausländische Patienten unter Hinterlassenschaft der Kosten heimlich aus den Spitälern fliehen und untertauchen.
Dagegen ist es doch ein Segen, dass arme Thais im Krankheitsfall in ihrer Heimatgemeinde für 30 Baht behandelt werden – dachte ich, bis ich eines Besseren belehrt wurde.
Eine Versicherungspflicht gibt es hier bislang nicht, weder für Expats und Touristen noch für Thais. Viele Thailänder, die am Existenz- minimum leben, könnten sich diesen Luxus auch gar nicht leisten, ganz abgesehen davon, dass Vorsorge nicht gerade zu ihren hervorragenden Eigenschaften passen.
Zwei Fälle, die ich aus erster Hand erfahren habe, will ich hier anführen.
Der erste Fall betrifft einen jungen Mann im Isaan. Seine Eltern sind arme Reisbauern. Er erkrankte an HIV, angeblich verursacht durch eine infizierte Tattoo-Nadel. Das nächstgelegene staatliche Hospital nahm ihn zwar stationär auf, erklärte ihm aber gleichzeitig, nicht über die notwendigen finanziellen Mittel zu verfügen, um ihm die angemessene Behandlung zukommen zu lassen. Verständlich, denn für 30 Baht kann kein Krankenhaus der Welt seinen Aufgaben nachkommen, selbst wenn es staatlich unterstützt wird, allerdings nur unzureichend. Dem jungen Mann ging es von Tag zu Tag schlechter. Das Einzige, was er erhielt, war täglich eine Schmerztablette. Niemand kümmerte sich um ihn, bis sein jüngerer Bruder seinen Job in einem Restaurant aufgab, um ihn zu versorgen. Wirklich helfen konnte er ihm auch nicht, aber er war Tag und Nacht an seiner Seite, tat für ihn, was möglich war und musste schließlich hilflos mit ansehen, wie sein Bruder elendig verreckte.
Wem, wenn nicht der Politik, könnte man dafür einen Vorwurf machen? Sie ist immer noch weit davon entfernt, eine allgemeine Versicherungspflicht für alle Thais einzuführen, wobei es für minderbemittelte Familien einen Staatszuschuss geben müsste. Allerdings gibt es Pläne, von Ausländern, die hier leben oder Urlaub machen, einen Nachweis über eine Krankenversicherung zu fordern.
Der zweite Fall, der mir zu Ohren kam, ist ganz aktuell und noch nicht abgeschlossen. Die Tochter eines Bauern aus einem Dorf bei Sakon Nakhon, klagte monatelang über Schmerzen, die sich vom Kopf bis zur Hüfte ausweiteten. Sie meldete sich im staatlichen Krankenhaus ihrer Heimatgemeinde an und bat um eine Röntgen-Untersuchung. Die Antwort des zuständigen Arztes war für sie - ebenso wie für mich – bestürzend: Einen Termin gäbe es für sie frühestens im nächsten Jahr. Was tun? Die Familie sammelte ihr gesamtes erspartes Geld zusammen und fuhr mit ihr in ein privates Hospital, wo man sie gründlich untersuchte und feststellte, dass ihre Nieren voller Steine und Fisteln und kurz vorm Versagen waren. Mit diesem Ergebnis begab die junge Frau sich wieder zurück in das staatliche Krankenhaus, in der Hoffnung, dort operiert zu werden. Aber diese Hoffnung hat sie inzwischen begraben. Woher sollte sie die 80-Tausend Baht nehmen, die sie für diese Operation bezahlen sollte, obwohl ihre jüngere Schwester sich bereit erklärt hatte, ihr eine Niere zu spenden. Inzwischen ist sie nach Hause zurückgekehrt und schluckt auf Anraten des Arztes täglich Rowatinex, weil dieses preiswerte Medikament aus Irland angeblich die Steine auflöst, so dass diese in kleinen Stücken mit dem Urin ausgeschieden werden, schmerzhaft, aber immerhin eine kleine Hoffnung. Ihr Trinkwasser bezieht die Familie aus einem bleiverseuchten Fluss, der nahe am Haus vorbeiführt und schon viele Dorfbewohner vergiftet hat, auch wenn sie das Wasser vorm Gebrauch abkochten.
Es ist meiner Ansicht nach höchste Zeit, dieses hirnverbrannte System durch ein geeignetes zu ersetzen. Der frühere Ministerpräsident Thaksin, ließ sich dafür feiern, obwohl abzusehen war, dass es vorne und hinten nicht funktionieren konnte. Aber es ist eine Binsenweisheit: Hoffnung verkauft sich besser als Wirklichkeit.
Wenn zu Krankheit und Armut auch noch ein hohes Lebensalter hinzukommt, dann wird es wirklich dramatisch. In thailändischen Familien gibt es häufig noch das Auffangbecken der Großfamilien. Aber als kranker, armer und alter Farang hat man in diesem Land eigentlich keine Chance mehr. Wer sollte sich um diesen Menschen kümmern, wenn der Staat nicht einmal seinen eigenen bedürftigen Mitbürgern hilft? Die bekommen, wenn es hoch kommt, ein Taschengeld, das weder zum Leben noch zum Sterben reicht. Wenn der kranke, arme, alte Farang Glück hat, wenn Angehörige oder die Botschaft die Heimreise ermöglichen, dann sollte er alle Götter preisen, sofern er an sie glaubt. Wer hingegen hier stirbt, allein, arm, krank und alt, wird auf Kosten des Staates eingeäschert. Wenn Sie am Strand entlang wandern, laufen Sie über seine Asche.
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