Stufenplan für Aufhebung der Strafzölle

Foto: epa/Valdrin Xhemaj
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PRISTINA: Der neue Regierungschef will mit einem Stufenplan den feststeckenden Friedensprozess mit Serbien in Gang bringen.

Die Strafzölle können fallen, wenn Serbien auch die Interessen des Kosovos respektiert. Jetzt liegt der Ball in der Spielhälfte Belgrads.

Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti hat eine Lockerung der Strafzölle auf Waren aus Serbien und Bosnien-Herzegowina angekündigt. Zugleich gab er am Donnerstagabend einen Stufenplan bekannt, der die Abschaffung der Ende 2018 verhängten faktischen Handelsblockade in Aussicht stellt. Die Europäische Union (EU) begrüßte den Schritt, die USA und Serbien kritisierten ihn als «halbe Maßnahme».

Wie Kurti vor der Presse in Pristina ausführte, wird seine Regierung am 15. März entscheiden, den 100-Prozent-Zoll zunächst für Rohstoffe aufzuheben. «Es ist dies ein Zeichen des guten Willens, um den Wirtschaftskonflikt mit Serbien beizulegen», fügte er hinzu.

Im Gegenzug erwarte sich Pristina, dass Serbien seine diplomatischen Kampagnen gegen das Kosovo beendet. Diese zielen darauf ab, dem Balkanland den Zugang zur Mitgliedschaft in internationalen Organisationen zu verbauen und kleinere Länder der Dritten Welt dazu anzuhalten, ihre bereits ausgesprochene Anerkennung der staatlichen Unabhängigkeit des Kosovos zurückzuziehen.

Bis zum 1. April müsse Serbien außerdem seine eigenen diskriminierenden Maßnahmen im Handel mit dem Kosovo aufheben, sagte Kurti. Dazu zählt unter anderen, dass Lastwagen, Busse und Pkw mit kosovarischen Kfz-Kennzeichen derzeit nicht in Serbien verkehren dürfen. Sollte Serbien die aufgezählten Forderungen erfüllen, wird das Kosovo die Zölle und Handelshemmnisse gegen Serbien weiter abbauen. Im gegenteiligen Fall werde es die Zölle auf die Rohstoffe mit 15. Juni erneut verhängen, betonte Kurti.

Die EU begrüßte die Ankündigung Kurtis am Freitag als ersten Schritt. «Es ist zu viel Zeit verloren gegangen. Das Vertrauen muss dringend wieder aufgebaut werden», sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Dieser erste Schritt könne sich positiv auf den regionalen Handel und die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Belgrad und Pristina auswirken.

Die USA bezeichneten hingegen den Schritt als ungenügend. «Wir unterstützen die halbe Maßnahme von Ministerpräsident Kurti nicht», twitterte der US-Sondergesandte für Serbien und Kosovo, Richard Grenell. «Unsere Position ist ziemlich klar: Die Zölle müssen vollständig beseitigt werden. Herr Kurti begeht einen schweren Fehler.» Grenell ist zugleich amtierender Direktor der US-Nachrichtendienste und US-Botschafter in Berlin.

Der serbische Präsident Aleksandar Vucic tat Kurtis Plan als «neuen Trick» ab. Er schließe sich dem Urteil des US-Diplomaten Grenell an, dass es sich um eine «halbe Maßnahme» handle, sagte Vucic am Freitag bei einer Schuleinweihung in Gornji Milanovac (Zentralserbien).

Pristina hatte im November 2018 unter Kurtis Vorgänger Ramush Haradinaj die Strafzölle auf Waren aus Serbien und Bosnien-Herzegowina verhängt. Unmittelbar zuvor hatte Serbien - im Zusammenspiel mit Russland - die Aufnahme des Kosovos in die internationale Polizeiorganisation Interpol verhindert. Bosnien hat das Kosovo wegen des Vetos des serbischen Vertreters im Staatspräsidium bisher nicht anerkannt.

Kurti übernahm erst vor knapp vier Wochen die Amtsgeschäfte als Ministerpräsident. Der Chef der links-nationalen Partei Vetevendosje (Selbstbestimmung) hatte einen Politikwechsel versprochen. Die derzeit blockierten Verhandlungen mit dem ehemaligen Kriegsgegner Serbien seien auf gleicher Augenhöhe und unter strikter Beachtung des Prinzips der Wechselseitigkeit zu führen, hatte er angekündigt.

Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo war bis 1999 eine serbische Provinz. Nach einem bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner und Nato-Luftangriffen auf Serbien im Jahr 1999 übernahm die UN-Verwaltung Unmik die Regierung des Landes. 2008 erklärte sich dieses für unabhängig. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, anerkennen den neuen Staat. Serbien hingegen findet sich mit dem Verlust seiner ehemaligen Südprovinz nicht ab und betrachtet sie weiterhin als eigenes Staatsgebiet.

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