Israel wählt ein neues Parlament

Foto: epa/Abir Sultan
Foto: epa/Abir Sultan

JERUSALEM (dpa) - Gibt es einen weiteren Rechtsruck in der israelischen Gesellschaft? Gewinnt wieder der rechtsorientierte Netanjahu oder der Mann der Mitte, Gantz? Israel steht vor einer wegweisenden Wahl.

In Israel sind die Bürger am Dienstag zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen - zum zweiten Mal in einem halben Jahr. Nach Umfragen ist erneut ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Likud-Partei des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Ex-Militärchef Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß zu erwarten. Nach der Abstimmung im April war es Netanjahu trotz einer Mehrheit des rechts-religiösen Lagers nicht gelungen, erneut eine Regierung zu bilden.

Netanjahus Rivale Avigdor Lieberman von Israel Beitenu (Unser Haus Israel) gilt als Königsmacher. Mit der Schließung der Wahllokale um 21.00 Uhr deutscher Zeit wird mit ersten Prognosen gerechnet. Weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager können laut den Umfragen mit einer Mehrheit der 120 Sitze im Parlament rechnen. Mit Wahlergebnissen wird bis Mittwochmorgen gerechnet.

Bei der Wahl im April hatte der Likud 35 Sitze geholt - genauso viele wie Blau-Weiß. Allerdings erhielt Netanjahu die meisten Empfehlungen für eine Regierungsbildung von Mitgliedern des Parlaments. Bei den Koalitionsverhandlungen scheiterte er letztlich am Widerstand Liebermans.

Der macht sich stark für eine große Koalition von Likud und Gantz' Blau-Weiß. Gantz ist dazu aber nur bereit, wenn Netanjahu nicht wieder Regierungschef wird. Als Grund nennt er die Korruptionsvorwürfe gegen den 69-Jährigen, der seit 2009 durchgängig Ministerpräsident ist.

Knapp 6,4 Millionen der insgesamt neun Millionen Staatsbürger Israels sind bei der Wahl der 22. Knesset stimmberechtigt. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung sind Araber. Die Wähler können ihre Stimme für eine von 30 Listen abgeben. Nur ein Drittel davon kann allerdings damit rechnen, die Sperrklausel von 3,25 Prozent zu überwinden.

Wie schon vor der Wahl im April ist Netanjahu in den vergangenen Wochen deutlich nach rechts gerückt, um sich zusätzliche Wählerstimmen zu sichern. Er kündigte etwa die Annektierung großer Teile des Westjordanlands an, sollte er erneut siegen.

Unklar ist, welchen Einfluss das Wahlergebnis auf die Präsentation des von den USA angekündigten Friedensplanes haben wird. Allerdings gibt es kaum Unterschiede bei den Positionen von Likud und Blau-Weiß in Sachen Sicherheit. Deshalb gilt eine Wiederbelebung des Friedensprozesses mit den Palästinensern in absehbarer Zukunft auch als unwahrscheinlich.

Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser wollen diese Gebiete jedoch für einen eigenen Staat Palästina neben Israel. Die Palästinenser lehnen die USA aufgrund einseitig pro-israelischer Entscheidungen in den vergangenen beiden Jahren als neutrale Vermittler ab.

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