Konfliktparteien stimmen siebentägiger Waffenruhe zu

Evakuierung russischer Staatsangehöriger aus dem Sudan. Foto: epa/Russisches Verteidigungsministerium Pressedienst
Evakuierung russischer Staatsangehöriger aus dem Sudan. Foto: epa/Russisches Verteidigungsministerium Pressedienst

KHARTUM: Für die Menschen im Sudan gibt es keine Atempause. Wieder wurde die Hoffnung auf eine Waffenruhe innerhalb weniger Stunden zunichte gemacht. Die Konfliktparteien liefern sich weiter Gefechte.

Eine am Donnerstag in Kraft getretene Waffenruhe im Sudan ist erneut gebrochen worden. Nach Augenzeugenberichten und Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira kam es am Donnerstagmorgen zu Luftangriffen und schwerem Beschuss in der Nähe des Präsidentenpalasts in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Weitere Augenzeugen auf Twitter berichteten von Artilleriefeuer in der benachbarten Stadt Omdurman.

Die von beiden Konfliktparteien vereinbarte Waffenruhe war vom 4. bis 11. Mai angesetzt. Die Hoffnung auf eine tatsächliche Feuerpause ist allerdings gering gewesen. Seit Beginn der Kämpfe vor gut drei Wochen wurden bereits wiederholt Waffenruhen von bis zu 72 Stunden ausgehandelt, die jedoch immer wieder gebrochen wurden.

In dem Land am Horn Afrikas trägt De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan mithilfe der Streitkräfte einen Machtkampf gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo aus, der die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) anführt. Die beiden Generäle hatten einst durch gemeinsame Militärcoups die Führung im Sudan übernommen. Wegen Fragen der Machtverteilung kam es aber zum Zerwürfnis zwischen den beiden Lagern, das am 15. April in offene Kämpfe mündete und das Land mit seinen rund 46 Millionen Einwohnern in eine Krise stürzte.

Die RSF beschuldigte am Donnerstag das Militär, die neue Feuerpause gebrochen zu haben. Die Armee habe RSF Standpunkte sowie Wohngebiete bombardiert, hieß es in einer Mitteilung der paramilitärischen Gruppe. Die Armee sagte, Kämpfer der RSF hätten am frühen Donnerstagmorgen einen Angriff auf Soldaten gestartet. Die Behauptungen beider Seiten konnten von der Deutschen Presse-Agentur nicht unabhängig überprüft werden.

Das UN-Nothilfebüro teilte am Donnerstag mit, dass es mit einer Abwanderung von 860.000 Flüchtlingen aus dem Sudan rechnet. Für die neuen Vertriebenen müssten zusätzliche 445 Millionen US-Dollar (rund 400 Millionen Euro) an Unterstützung bereitgestellt werden.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) prangerte mittlerweile den Einsatz von schweren Waffen in dicht besiedelten Wohngebieten an. «Sudans kriegführende Parteien zeigen sich rücksichtslos gegenüber dem Leben von Zivilisten, indem sie ungenaue Waffen in bewohnten Stadtgebieten einsetzen», sagte Mohamed Osman, Sudan-Experte bei HRW. Die Organisation forderte den UN-Sicherheitsrat auf, sich stärker für die Sicherheit der Bevölkerung einzusetzen und die Verantwortlichen des Konflikts zur Rechenschaft zu ziehen.

Laut HRW haben Augenzeugen in Khartum etwa von Luftabwehrwaffen berichtet, die in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern aufgebaut und abgefeuert worden seien. Zudem sollen RSF-Soldaten in umliegende Häuser eingedrungen sein und dort geschlafen haben. Sie hätten auch hinter Wohnhäusern Schutz vor Bombenangriffen der Armee gesucht. So seien die Häuser zu Zielscheiben geworden.

Viele Zivilisten in Khartum aber auch in anderen Landesteilen seien seit Ausbruch der Kämpfe gezwungen gewesen, zuhause auszuharren. Sie verfügten bei brütender Hitze nur über geringe Wasservorräte, zudem sei der Strom knapp und es gebe keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, hieß es in dem Bericht. Aktuell steigen die Temperaturen in Khartum tagsüber teilweise auf über 40 Grad.

Unterdessen teilte London mit, dass die Evakuierungsmission aus dem Sudan endgültig beendet sei. Der letzte Flug sei in der vergangenen Nacht von Port Sudan aus abgehoben, teilte das britische Außenministerium am Donnerstag mit. Insgesamt haben die Briten eigenen Angaben nach auf 30 Flügen 2450 Menschen aus dem Land gebracht - überwiegend britische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger und deren Angehörige. Bereits Ende April hatte sich die Bundeswehr aus dem umkämpften Sudan zurückgezogen.

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