Könnte das Ende der Menschheit drohen?

Klimawandel-Szenarien

Der Klimawandel könnte nach Ansicht von Experten im schlimmsten Fall zum Aussterben der Menschheit führen. Foto: John Locher/Ap/dpa
Der Klimawandel könnte nach Ansicht von Experten im schlimmsten Fall zum Aussterben der Menschheit führen. Foto: John Locher/Ap/dpa

BERLIN/CAMBRIDGE: Der Klimawandel könnte nach Ansicht von Experten im schlimmsten Fall zum Aussterben der Menschheit führen. Bisher wisse man zu wenig über solche Endzeit-Szenarien und deren Wahrscheinlichkeit, schreibt ein internationales Team in den «Proceedings» der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften («PNAS»). Unter der Überschrift «Klima-Endspiel: Erforschung katastrophaler Szenarien des Klimawandels» plädieren die Autoren für ein umsichtigeres Risikomanagement und mehr Forschung zu den schlimmstmöglichen Folgen der Erderwärmung. Die Welt müsse anfangen, sich auch auf Endzeit-Szenarien durch den Klimawandel vorzubereiten.

«Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass der Klimawandel katastrophale Ausmaße annehmen könnte», schreiben die Wissenschaftler, darunter der frühere und ein aktueller Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber und Johan Rockström. Trotz 30-jähriger Bemühungen seien die durch den Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen weiter gestiegen. «Selbst wenn man den schlimmsten Fall von Klimaänderungen außer Acht lässt, ist die Welt auf dem besten Weg, bis zum Jahr 2100 einen Temperaturanstieg zwischen 2,1 und 3,9 Grad zu erleben.»

Dennoch seien die Folgen einer Erwärmung um 3 Grad bisher nicht ausreichend untersucht. Die Forschung fokussiere sich auf Szenarien, bei denen die Folgen des Klimawandels moderat seien. «Sich einer Zukunft mit beschleunigtem Klimawandel zu stellen, ohne die schlimmsten Szenarien zu bedenken, ist bestenfalls naives Risikomanagement und schlimmstenfalls fatal töricht», heißt es.

Für den Klimaforscher Niklas Höhne von der Universität Wageningen ist das Worst-Case-Szenario des Aussterbens noch «relativ weit weg». «Aber davor gibt es Abstufungen», sagte der Experte, der nicht an dem Artikel beteiligt war. «Dass ganze Landesteile und Länder nicht mehr bewohnbar sind, ist durchaus wahrscheinlich.»

In ihrem Artikel schreiben die Forscher über die Ausweitung von Gebieten mit extremer Hitze - also einer jährlichen Durchschnittstemperatur von über 29 Grad Celsius. Gegenwärtig seien davon rund 30 Millionen Menschen in der Sahara und an der Golfküste betroffen. Laut Modellierungen des Teams könnten bis 2070 zwei Milliarden Menschen in solchen Gebieten leben.

Das zeige, wie komplex Klimafolgen sein könnten. «Bis 2070 werden diese Temperaturen und die sozialen und politischen Folgen zwei Atommächte und sieben Hochsicherheitslabore, in denen die gefährlichsten Krankheitserreger untergebracht sind, direkt betreffen», sagt Ko-Autor Chi Xu von der chinesischen Universität Nanjing. «Es besteht ein ernsthaftes Potenzial für katastrophale Folgewirkungen.»

Die Wissenschaftler plädieren deshalb dafür, komplexere Zusammenhänge in künftige Risikobewertungen einzubeziehen. Sie warnen vor einer «Risikokaskade», bei der einzelne Folgen des Klimawandels weitere Probleme auslösen. So könnten Hitze und unbewohnbare Gegenden etwa zu Migration, sozialen Unruhen und internationalen Konflikten führen.

«Wir verstehen immer mehr das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen von Klimawandel und anderen Bereichen wie Biodiversität, Ökonomie oder auch Nahrungsmittelproduktion», sagt Daniela Jacob, Direktorin des German Institute for Climate Services (GERICS), die nicht an dem Artikel beteiligt war. «Jetzt ist man so weit, dass man dieses Wissen zusammentragen kann und somit wichtige Erkenntnisse für das Überleben des Erdsystems generiert.»

Besonders gefährlich seien die Folgen des Klimawandels mit Blick auf Kipppunkte, schreiben die Wissenschaftler. Diese Schwellenwerte sind vergleichbar mit einer Tasse auf einem Tisch: Schiebt man sie Richtung Rand, passiert zunächst nichts - bis sie an einen Kipppunkt gerät, an dem sie abstürzt. Für den Klimawandel heißt das etwa: Die Schmelze in einer Eisregion erreicht einen Punkt, an dem sie nicht mehr aufzuhalten ist. Sind Eisregionen abgeschmolzen, ist das Eis erst einmal weg. Besonders gefährlich sei dies, wenn ein Kipppunkt zu einem weiteren führe.

Nach Ansicht der Autoren hat sich auch der Weltklimarat (IPCC) noch nicht ausreichend mit möglichen katastrophalen Folgen des Klimawandels befasst. Keiner der 14 Sonderberichte des IPCCs behandele extreme oder katastrophale Klimaveränderungen. Sie sollten den Autoren zufolge im nächsten Bericht berücksichtigt werden.

Jacob, die selbst Leitautorin eines IPCC-Sonderberichts war, spricht sich ebenfalls dafür aus. «Ich fände das richtig, weil es zwei Dinge tut: Ein Sonderbericht sammelt zum einen den Stand des Wissens zum Thema. Das zeigt, ob wir genug wissen oder Lücken haben», sagt sie. «Und zum anderen triggert diese Analyse Forschung.»

Ob solche Szenarien aber außerhalb der Wissenschaft diskutiert werden sollten, sei fraglich. «Das ist für mich ein Schritt zu früh», sagt sie. «Im Dialog mit der Öffentlichkeit kommt man mit solchen Endzeit-Szenarien nicht weiter, wenn man noch nicht weiß, was genau auf einen zukommen kann, wann das passieren könnte und was man tun muss, um das Schlimmste zu verhindern.»

Höhne hält es dagegen für wichtig, Menschen über Worst-Case-Szenarien aufzuklären. «Wir müssen klar kommunizieren, was die Risiken sind. Und auf der anderen Seite sagen: Wir haben es noch in der Hand», sagt der Forscher. «Wir wissen, wie es geht, wir haben die Technologien und kennen die politischen Maßnahmen. Es ist nicht einmal teuer, langfristig sogar billiger, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen.»

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Jürgen Franke 04.08.22 08:10
Herr Schneider, lediglich bornierte Menschen
lassen Fakten, die jederzeit im Internet abrufbar sind, nicht zu. Das Interesse an Politik ist bei vielen Menschen nicht vorhanden. Die Medien bestimmen, was zu wählen ist.
Bernd Wendland 04.08.22 05:08
Hallo, Ling Uaan,
was Sie sagen, ist völlig richtig. Es gibt einen Klimawandel. Es ist nur die Frage, ob dieser allein durch die Menschheit verursacht wird, was zu bezweifeln ist, oder in wieweit er naturbedingt ist. Denn auch im Hohen Mittelalter gab es eine Warmzeit, wo im Februar die Birnbäume blühten und Hochkulturen wegen Wassermangels aufgeben mussten, wie etwa die Anasazi-Indianer im Südwesten der USA. Was mich aber stört, sind die Weltuntergangsszenarien, die von teils selbst ernannten Klimarettern verbreitet werden, weil sie daran verdienen (z.B. der Umweltkonzern hinter Greta) oder weil diese Retter grünlichen Sekten angehören, die ernsthaft glauben, sie seien "die letzte Generation" der Menschheit. Und Sie haben natürlich auch recht, Herr Franke: Die Leute sind nicht dämlich, sondern borniert und durch unsere angeblich neutralen öffentlich-rechtlichen Medien eingenordet. Und alle anderen Schmierfinken der Käseblätter plappern es nach, um ja nicht in den Verdacht zu kommen, Klimaleugner oder gar Rechte zu sein, sodass kaum ein Journalist wagt, Kritik zu üben. Daher nähern wir uns mit große Schritten einer Ökodiktatur.
Hans-Dieter Volkmann 03.08.22 21:30
Jürgen Franke 03.08.2022 17:40
"das wir ab morgen Weltfrieden haben könnten." Ja Herr Franke sie schreiben es doch: könnte, wenn u.s.w und erwähnen die Rüstungsindustrie. Überall auf unserem Globus, wo Geld erwirtschaftet wird, gibt es und gab es zu allen Zeiten Habgier und Rücksichtslosigkeit. Das wird sich auch nicht ändern. Da muss, wie ich schon schrieb, was anderes passieren. Die heute lebende Generation wird es erfahren.
Jürgen Franke 03.08.22 17:40
Herr Wendland, das Volk ist nicht dumm.
Leider, denn gegen Dummheit könnte man etwas tun. Das Volk ist borniert, das bedeutet, dass sie für Fakten nicht zugänglich sind.
Jürgen Franke 03.08.22 17:40
Herr Volkmann, da Sie sich sicherlich inzwischen
informiert haben, wird Ihnen bekannt sein, dass wir ab morgen Weltfrieden haben könnten, wenn an der Rüstungsindustrie nicht so viel Geld zu verdienen wäre.
Ling Uaan 03.08.22 16:09
absurden Szenarien - ja, aber besser ernst nehmen
Als 1970 die Vorhersagen des Club Of Rome rauskamen haben wir die müde belächelt, ok im Sommer weniger häufiger Regen dafür stärker und ein bisschen wärmer, toll wo ist das Problem. Von in Summe weniger Niederschlägen sagten die damals nix.

Heute wissen wir es besser und es kam und kommt sogar noch schlimmer das ist erst der Anfang. Dem Klimawandel ist es auch vollkommen egal wie viele Prozent natürlichen Ursprungs sind und wieviel menschengemacht. Er schlägt mit voller Wucht zu.

Wir dachten in Alt-Bayern haben wir genug Wasser. Falsch gedacht, es wird selbst hier schon knapp, einige Landkreise fordern schon zum Wasser sparen auf. Eine Brauerei in Starnberg wollte vergrößern, geht nicht da sie nicht mehr Wasser bekommen, wg. Wasserknappheit. Es hat schon seit Monaten nicht mehr richtig geregnet, nur ein paar Hennasprenga.

Und nördlich des Weißwurstäquators sieht es noch viel schlimmer aus wenn man sich die Dürrekarten ansieht. Da wird schon befürchtet dass einige Gebiete verwüsten, das gleiche Bild in Rumänien, den Alpen und überhaupt in ganz Südeuropa.
Hans-Dieter Volkmann 03.08.22 14:50
Das Ende der Menschheit
Schon immer haben sich Menschen Gedanken über die Zukunft der Menschheit gemacht. Warum nur werden diesbezüglich viele Ansichten diskutiert die nachvollziehbar, seit einigen tausend Jahren, an der Wirklichkeit vorbei gehen. Erstens, die Menschheit schafft sich NICHT ab. Abgeschafft wird die heutige menschliche Gesellschaft. Der Planet Erde wird immer Bestand haben und die Menschen werden immer, in alle Ewigkeit, darauf leben. Das aber gilt nicht für jeden Menschen. Ich will hierzu jetzt nicht auf Einzelheiten eingehen, nicht weil ich es nicht könnte sondern weil mir hier der Platz fehlt. Was wir heute erleben, seit dem 1.Weltkrieg, dem 2.Weltkrieg über Ukraine-Krieg bis hin zur China-Taiwan Problematik und Hungersnöte sowie Pandemien und Naturkatastrophen ist nur der Anfang einer Drangsal, und es wird noch schlimmer. Es ist eine Tatsache, kein Mensch oder weltliche Regierung war jemals in der Lage für einen dauerhaften Weltfrieden zu sorgen. Da muss schon was anderes geschehen als ständig neue Politiker oder Regenten. Herr R. Amiguet, es ist auch keine Frechheit was Sie von einer Endzeit bisher gehört haben. Es wird so eintreffen wie Sie es sich kaum vorstellen können. Ob Leser meine Worte ernst nehmen oder nicht, wünschenswert wäre das jeder für sich ganz alleine mal Gedanken macht.
Dieter Kowalski 03.08.22 11:00
Die Menschheit schafft sich gerade ab. Und da Gier die Welt regiert, kann das auch niemand mehr aufhalten.
Rene Amiguet 02.08.22 17:20
Endzeit
Es ist gelinde gesagt eine Frechheit und auch eine Gemeinheit den Menschen mit solchen Endzeit Szenarien einschüchtern und beängstigen zu wollen! Aufgrund von im Nordeis eingefroreren Funden von organischen
Substanzen welche nur aus gemässigten Zonen stammen können, weiss man das bereits früher viel wärmeres Klima herrschte auf Erden als jetzt. Die Natur hat es überlebt mit samt den Menschen. Der Verdacht besteht dass man die Menschen mit solch pseudo wissenschaftlichen Informationen bewusst einschüchtern möchte damit sie leichter manipulierbar werden.
Ingo Kerp 02.08.22 14:30
Interessanter Aspekt. Die Welt regeneriert sich, wenn die Menschen verschwunden sind. 300.000 Jahre später leben dann die neuen Menschen auf dem Planeten und forschen nach der Welt, in der wir heute gelebt haben.