Neues RB-Abenteuer startet gegen Erdogans Lieblingsclub

​Königsklasse 

Leipziger Cheftrainer Julian Nagelsmann vor der Bundesliga. Foto: epa/Filip Singer
Leipziger Cheftrainer Julian Nagelsmann vor der Bundesliga. Foto: epa/Filip Singer

LEIPZIG: Viele Altstars, wenig Tore: Istanbul Basaksehir ist so etwas wie der Gegenentwurf zu RB Leipzig. Am Dienstag treffen die Sachsen in der Champions League auf den Lieblingsclub von Präsident Erdogan.

Julian Nagelsmann wollte sich vor dem nächsten Abenteuer in der Champions League nicht auf politisches Glatteis wagen. «Ich blende das aus, weil mein Job Fußballtrainer ist. Das mache ich bei jedem Gegner so. Jeder Club hat seine Geschichte, aber die ist nicht relevant für das Tagesgeschäft», sagte der Trainer von RB Leipzig vor dem Auftakt in die Gruppenphase über die Historie von Gegner Istanbul Basaksehir. Tatsächlich böte der Lieblingsclub von Präsident Recep Tayyip Erdogan Anlass für jede Menge Gesprächsstoff.

Denn mit Basaksehir bekommt das Spiel eine politische Note. Erdogan hält seine schützende Hand über den Club, der in der heutigen Form erst seit 2014 existiert und sein erstes Spiel in der Königsklasse am Dienstag (21.00 Uhr/DAZN) in Deutschland bestreitet. Der Präsident spielte beim Eröffnungsspiel des neuen Stadions mit der Nummer 12, die seitdem nicht mehr vergeben wird. Im Eingangsbereich des Vereinsgeländes hängt ein Porträt des Machthabers und nach der Meisterschaft im Sommer wurde die Mannschaft nach Ankara in den Präsidentenpalast eingeladen.

Die Verbindung zur Politik ist eng. Der Club wird mit Geldern vom Istanbuler Flughafen, den Wasserwerken und einer Krankenhauskette alimentiert. Zudem ist Vereinsboss Göksel Gümüsdag Mitglied der Regierungspartei AKP. «Es ist normal, dass die Mannschaft mit unserem Staatspräsidenten in Verbindung gebracht wird. Das macht uns glücklich», sagte Gümüsdag.

Aus Deutschland gab es zuletzt von Cem Özdemir Kritik am Konstrukt des Clubs. «Basaksehir ist ein Retortenverein, er steht bildlich für den Umbau der Türkei zu einer gleichförmigen Gesellschaft, die um den Präsidenten Erdogan herum gebaut wird», sagte der frühere Bundesvorsitzende der Grünen der «Welt am Sonntag». «Da ist Basaksehir ein Symbol, das die Macht der traditionellen Clubs brechen soll.»

Es überraschte wenig, dass Basaksehir im Sommer mit Arsenal-Profi Mesut Özil in Verbindung gebracht wurde. Der deutsche Ex-Nationalspieler hatte sich vor der WM 2018 mit Erdogan fotografieren lassen und damit für großen Wirbel gesorgt.

Sportlich würde der inzwischen 32 Jahre alte Özil perfekt ins Beuteschema von Basaksehir passen. Der kleine Club vom Bosporus setzt nämlich vorrangig auf Profis im Spätherbst ihrer Karriere. Der immer noch furchteinflößend dreinblickende Abwehrchef Martin Skrtel ist mittlerweile 35 Jahre alt, Sturm-Star Demba Ba - einst bei Hoffenheim aktiv - ebenfalls. Die Startelf beim ersten Saisonsieg am Wochenende gegen Trabzonspor brachte es auf stolze 30,6 Jahre. Bei RB waren es in Augsburg 24 Jahre.

Die karge Atmosphäre am Dienstag im Leipziger Stadion dürfte Basaksehir gefallen. Aufgrund steigender Corona-Fallzahlen wurde die Zuschauerzahl am Montag auf Empfehlung des Gesundheitsamtes von 8500 auf 999 Fans reduziert. Das liegt nicht viel unter der Kulisse, vor der Basaksehir normalerweise seine Heimspiele bestreitet.

Sportlich hätte es Leipzig zum Auftakt der Gruppe H nicht leichter treffen können. Schließlich duellieren sich im Parallelspiel Paris Saint-Germain und Manchester United. «Wir werden versuchen, ein gutes Auftaktspiel zu haben und drei Punkte zu holen. Natürlich ist es das Ziel, über die Gruppenphase hinauszukommen», sagte Nagelsmann, der bereits 2017 mit Hoffenheim gegen Basaksehir spielte. Und während Leipzig derzeit die Bundesliga anführt, steckt Basaksehir mit nur einem Sieg im Abstiegskampf der Süper Lig.

Mit dem Gegner sollte RB selbst mit neuen Verletzungssorgen nur wenig Probleme bekommen. Lukas Klostermann droht wegen anhaltender Knieprobleme sogar ein längerer Ausfall. Kapitän Marcel Sabitzer und Konrad Laimer fehlen ohnehin. Auch Amadou Haidara schafft es nach seinem nicht eindeutigen Corona-Test nicht rechtzeitig und muss weiter in einer vom Club angeordneten Isolation ausharren.

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