Etwas ganz Auffälliges im Garten sind momentan die Lippenstiftbäume oder -büsche (Bixa orellana): Sie liefern knallig rote und gelbe Samenbehälter, die beide voll von roten Samen sind. Diese Samen können als natürliches Färbemittel eingesetzt werden beim Kochen, in Textilien und früher bei der Produktion von Lippenstift.
Die Bixa orellana hat während rund fünf Monaten optisch immer etwas zu bieten im tropischen Garten: Erst liefert der rote Lippenstift attraktive rosa Blüten, der gelbe Lippenstift weiße Blüten. Darauf folgen die auffälligen roten und gelben Samenbehälter. Und schließlich verholzen die Samenbehälter, öffnen sich, um die Samen zu entlassen, und das sieht wie geöffnete Vogelschnäbel aus. Also immer attraktiv und mit Kindern kann man Cowboys und Indianer spielen, denn letztere verwandten die Bixa orellana, wenn sie sich auf den Kriegsfuß begaben.
Abmoosen schafft neue Pflanzen
Neue Lippenstift-Pflanzen kann man kinderleicht aus den vielen Samen ziehen, wenn sie nicht allzu alt sind. Abmoosen – eine sogenannt vegetative Vermehrung – geht bei der Bixa orellana allerdings auch. Das geht folgendermaßen: Man schneidet an einem Ast rundherum die oberste Rindenschicht weg, bringt eine Plastiktüte gefüllt mit gemahlener Kokosnussschale an, gibt noch etwas Pflanzen Vitamin B bei, und nach einigen Wochen schlagen da in der Tüte meistens neue Wurzeln aus. Dann wird der Ast abgeschnitten, eingetopft, eine genetisch identische Pflanze entsteht, ein sogenannter Klon.
Das Abmoosen ist da eine Methode der Wahl bei der Vermehrung, wenn die aus Samen gezogenen Pflanzen nicht gleich sind wie die Mutterpflanzen. Bei Zitrus-Früchten ist das etwa der Fall: Wer einen Zitronenkern pflanzt, bekommt zwar eine neue Zitruspflanze, aber keine Zitrone. Ein Klon produziert hingegen genau dieselben Früchte wie die Mutterpflanze.
Ein weiteres Beispiel: Wir haben Eiskreme-Bohnen-Bäume. Die haben bis jetzt noch nie Früchte produziert, aber durch das Abmoosen können wir sie trotzdem vermehren.
Die Pachira glabra hat erste Früchte
Wir haben drei verschiedene, verwandte Nussbäume aus Südamerika im Garten: Pachira aquatica, Pachira insignis und Pachira glabra. Am einfachsten zu vermehren ist die Pachira aquatica. Sie hat wunderschöne Blüten, produziert jede Menge Nüsse, die auch als Samen bei der Vermehrung benutzt werden können, – wenn man sie nicht lieber isst – und sie lässt sich auch bestens abmoosen.
Die Pachira insignis hingegen blüht noch spektakulärer in Rot-Tönen als die Pachira aquatica, aber sie trug bislang noch nie Früchte. Wir können sie bis heute deshalb nur über das Abmoosen vermehren, und das ist in diesem Fall schwierig, gelingt höchstens bei jedem fünften Versuch.
Nun hat die Pachira glabra offensichtlich erstmals geblüht, ich habe die weißen Blüten aber übersehen und war deshalb überrascht, erstmals Samenbehälter zu entdecken. Nun können wir schon bald neue Pachira glabra-Pflanzen aus Samen ziehen, ein außerordentlich schöner Abschluss des Jahres.
Prächtig gedeihen im Discovery Garden Pattaya übrigens die Zwerg-Papayas. Ob aus ihren Samen auch wieder Zwerg Papayas entstehen, weiß ich nicht: Eine neue Aufgabe für das kommende Jahr.
Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an oder besuchen Sie die Dicovery Garden Webseite oder Facebook. Für unterhaltsame und interessante Gartengeschichten in Bild und Ton besuchen Sie Hans Fritschis YouTube-Kanal – Teilen, Liken & Abonnieren erwünscht!