PARIS: Zu Lebzeiten war Abbé Pierre hochverehrt, jetzt häufen sich Missbrauchsvorwürfe gegen Frankreichs «Vater der Armen». Jetzt zieht die Kirche Konsequenzen, Straßen und Schulen werden wohl umbenannt.
Nach weiteren schweren Missbrauchsvorwürfen gegen Frankreichs 2007 gestorbenen «Vater der Armen» Abbé Pierre öffnet die katholische Kirche ihre Archive zu dem Geistlichen vorzeitig. Angesichts der Schwere der Anschuldigungen gegen Abbé Pierre seien die Kirchenarchive ab sofort für Forscher und Journalisten zugänglich, teilte Frankreichs Bischofskonferenz mit. Normalerweise wäre dies erst 75 Jahre nach dem Tod im Jahr 2082 der Fall gewesen.
Die von Abbé Pierre gegründete internationale Sozialbewegung Emmaus hatte zuvor von 17 weiteren Vorwürfen des schweren Missbrauchs von minderjährigen und erwachsenen Frauen durch den Geistlichen berichtet. Diese seien erhoben worden, nachdem Emmaus Mitte Juli erste Missbrauchsvorwürfe von sieben Frauen gegen Abbé Pierre öffentlich gemacht hatte. Zu den Taten soll es zwischen den Fünfzigerjahren und dem Jahr 2000 gekommen sein.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe entschieden die mit dem Geistlichen verbundenen Sozialorganisationen inzwischen, Abbé Pierre aus ihrem Namen zu streichen und eine Erinnerungsstätte für ihn dauerhaft zu schließen. Zahlreiche französische Städte prüfen unterdessen, ob sie nach dem Geistlichen benannte Plätze, Straßen, Schulen oder Parks nun umbenennen.
Der Geistliche war in Frankreich für seinen Kampf gegen Armut, Elend und Ausgrenzung hochverehrt. Abbé Pierre wurde mit seinem Einsatz für die Ärmsten der Armen zum sozialen Gewissen Frankreichs. Er starb 2007 im Alter von 94 Jahren.