Kim: Nordkorea fühlt sich nicht mehr an Atomteststopp gebunden

Foto: epa/Kcna
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SEOUL/WASHINGTON (dpa) - Nordkorea läutet das neue Jahr mit Drohungen ein. Es könnte bald wieder Atombombentests geben. Der Spielraum für Verhandlungen mit den USA wird damit kleiner. Doch Präsident Trump kann sich zehn Monate vor der US-Wahl kaum eine volle Eskalation mit Nordkorea wünschen.

Im Streit um das Atomwaffenprogramm Nordkoreas stehen die Zeichen erneut auf Konfrontation. Die kommunistische Diktatur sieht sich grundsätzlich nicht mehr an ihr Moratorium für Tests von Atombomben und Interkontinentalraketen gebunden. Es gebe keinen Grund, «länger einseitig an die Verpflichtungen gebunden zu sein», erklärte Machthaber Kim Jong Un am Dienstag zum Abschluss einer Sitzung des Zentralkomitees der Arbeiterpartei in Pjöngjang. Die Welt werde zudem in naher Zukunft eine «neue strategische Waffe» im Besitz seines Landes erleben, wurde er am Mittwoch von den Staatsmedien zitiert.

Nordkorea hatte den USA zuvor einseitig eine Frist bis zum Jahresende gesetzt und den Ton nach und nach wieder verschärft. Die Schuld für den Stillstand in den Verhandlungen gab Kim den USA, die er für ihr Festhalten an den Sanktionen gegen Pjöngjang kritisierte. Jetzt drohte Kim mit «einer schockierenden effektiven Aktion, um sie (die USA) für das Leid zahlen zu lassen, das unsere Bürger bisher ertrugen». Er kündigte jedoch keine konkreten Maßnahmen an.

US-Präsident Donald Trump, der sich guter persönlicher Beziehungen zu Kim rühmt, äußerte sich am Dienstagabend (Ortszeit) mit Blick auf seine Nordkorea-Diplomatie zurückhaltend. «Er hat eine Vereinbarung unterschrieben in der es um Denuklearisierung geht», mahnte Trump vor einer Silvesterparty auf seinem Anwesen im US-Bundesstaat Florida. «Ich denke, er ist ein Mann, der zu seinem Wort steht, wir werden das herausfinden», sagte Trump. US-Außenminister Mike Pompeo sagte dem Sender CBS News, falls Kim seine Zusagen nun aufkündige, sei das «schwer enttäuschend». Es gebe weiter Hoffnung, dass er sich an seiner Versprechen halten werde, fügte der Minister hinzu.

Eine Eskalation des Konflikts mit Nordkorea käme Trump zehn Monate vor der US-Präsidentenwahl wohl höchst ungelegen. Für Trump steht einiges auf dem Spiel, denn er hatte den Umgang mit Kim zur Chefsache gemacht. Nach anfänglichen Twitter-Beschimpfungen über den verrückten «Raketen-Mann» in Pjöngjang traf sich Trump als erster US-Präsident persönlich mit Kim. Beim dritten Treffen an der Grenze zu Südkorea setzte er sogar Fuß auf nordkoreanischen Boden. Experten kritisieren jedoch, dass Trump damit kaum etwas erreicht habe, außer das Regime aufzuwerten. Nordkorea habe sein Moratorium nur genutzt, um seine Waffenprogramme heimlich weiter auszubauen, kritisierte jüngst etwa Trumps früherer Nationaler Sicherheitsberater John Bolton.

Sollte Nordkorea nun seine Tests von Interkontinentalraketen - die potenziell auch die USA erreichen könnten - oder gar von Atombomben wieder aufnehmen, steht Trump vor einem Dilemma. Das Säbelrasseln aus Nordkorea in den Monaten vor der US-Wahl einfach zu ignorieren, könnte es für Trump oder seinen Nachfolger noch schwerer machen, sich mit Pjöngjang auseinanderzusetzen. Eine offene Konfrontation mit Nordkorea, die sicher Angst vor einem Krieg schüren würde, käme dem Republikaner Trump höchst ungelegen. Seine demokratischen Herausforderer könnten ihm Versagen in Sachen Nordkorea vorwerfen.

Pjöngjang fordert unter anderem eine Aufhebung internationaler Sanktionen. Die USA lehnen dies allerdings ab. Es sei Teil der Bemühungen um gegenseitiges Vertrauen gewesen, die Atomversuche und Tests mit Interkontinentalraketen auszusetzen, sagte Kim bei dem Parteitreffen. Den USA warf er vor, sein Land militärisch zu bedrohen und es durch Sanktionen «abdrosseln» zu wollen.

Den Teststopp hatte Kim im April 2018 vor einem Gipfel mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In kurz vor seinem ersten Treffen mit Trump in Singapur ausgerufen. Er hatte das Moratorium unter anderem mit der Vollendung des Atomwaffenprogramms begründet. Ob er jetzt weiter für Verhandlungen mit Washington bereit ist, ließ Kim offen. In welchem Ausmaß Nordkorea seine «nukleare Abschreckung» ausbaue, werde von der künftigen US-Haltung abhängen, sagte er. Es werde niemals eine Denuklearisierung auf der koreanischen Halbinsel geben, und Nordkorea werde stetig strategische Waffen entwickeln, «solange die USA ihre feindselige Politik» nicht aufgäben.

Den USA warf Kim auch vor, das Versprechen Trumps zum Stopp gemeinsamer Militärmanöver mit Südkorea gebrochen zu haben. Außenminister Pompeo widersprach dem. «Wir haben uns an unsere Zusagen gehalten», sagte er. Die USA und Südkorea hatten seit 2018 den Umfang ihrer Übungen reduziert oder Manöver komplett abgesagt.

Beim ersten Gipfel mit Trump in Singapur hatte sich Kim zur «vollständigen Denuklearisierung» bereiterklärt. Doch gab es keine konkreten Zusagen, bis wann Nordkorea sein Atomwaffenarsenal aufgeben wolle. Die Verhandlungen sind seit dem Scheitern des zweiten Gipfels im Februar vergangenen Jahres in Vietnam nicht mehr vorangekommen.

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Nino 02.01.20 16:42
Wünschenswert?
Auch wenn es nicht wünschenswert ist. Aber wenn Nordkorea dem Trump auf die Nerven geht, dann ist dies mehr als wünschenswert. Jemand der hier nicht kneift ist zu begrüßen. Auch, wenn des der Chaot aus Nordkorea ist
Ingo Kerp 02.01.20 12:56
Offenbar hat nur Trump von einer Denuklearisierung geträumt, während er weiter an den Sanktionen festhielt.